Mit Rock im Ring. Das Tabu der Gleichheit

Ereignisse, die einer feministisch-soziologischen Kommentierung bedürften, gab es in den vergangenen Tagen ja zuhauf. So etwa die vielleicht auch von der feministischen Beobachtung eher kaum bemerkte Anregung der International Boxing Association (AIBA), dass die bei den im kommenden Jahr erstmals stattfindenden olympischen Frauen-Boxwettkämpfen zugelassenen Boxerinnen doch Miniröcke im Ring tragen sollten, um die Kämpfe attraktiver zu machen. Eine Anregung, auf die es international Kritik hagelte, vor allem von Boxerinnen selbst, weshalb die »Rock-Regel« umgehend wieder zurückgenommen und als »Vorschlag« ausgegeben wurde.

Nun mögen Kleidungsvorschriften im Sport durchaus ihre Berechtigung haben – so lange es um Funktionalität geht. Im (Leistungs-)Sport von Frauen scheint indes vor allem das Prinzip »sex sells« zu gelten. Dass etwa im Beachvolleyball die offizielle Regel gilt, »dass die Bikini-Höschen an der Seite nur sieben cm breit sein dürfen«, kann jedenfalls kaum funktionalen, sportlichen Erwägungen folgen. „Mit Rock im Ring. Das Tabu der Gleichheit“ weiterlesen

Feministische Ambivalenzen der Gegenwart

Das Leben als DGS-Bloggerin ist nicht einfach. Insbesondere ist es derzeit von einer fast schon komisch zu nennenden Asynchronität bestimmt. Bloggen ist ein schnelle, flüchtige Kommunikationsform, sie lebt nicht zuletzt davon, unmittelbar auf tagespolitische Ereignisse zu reagieren. Dafür aber muss die Technik mitspielen. Und genau das tat der Server des DGS-Blogs in den vergangenen Wochen eher selten. Auch der heutige Eintrag kreiste technisch bedingt erneut lange in der Warteschleife. Mir bleibt daher nur zu wünschen, dass mögliche Leser_innen des Blogs diesem gewogen bleiben, auch wenn er derzeit fast nie erreichbar ist.

In der vergangenen Woche formulierte ich ein sehr deutliches Plädoyer für eine gesetzlich garantierte Quote für die Führungsetagen deutscher Unternehmen. Zu Recht könnte eingewandt werden, ob Feminismus nichts besseres zu tun hat, als sich um die geschlechtergerechte Zusammensetzung ökonomisch-politischer Eliten zu sorgen. Zumal hier ohnehin schon viel erreicht ist. Beschäftigen wir uns heute also mit der Frage, wofür Feminismus heute noch streiten könnte, streiten müsste. „Feministische Ambivalenzen der Gegenwart“ weiterlesen

Geschlechtersoziologisch betrachtet: Die Quote

[Ein Blog lebt von seiner Aktualität. Die DGS-Seiten migrierten am vergangenen Wochenende. Das dauerte länger als geplant, weshalb dieser Eintrag einige Tage in der Pipeline schmorte. Ich freue mich darauf, in den nächsten Wochen für den DGS-Blog die Welt feministisch-geschlechtersoziologisch kommentieren zu dürfen.]

Auf einer der politischen Nebenbühnen der Re­publik stritten in den vergangenen Wochen an­lässlich des „Quotengipfels“, auf dem die Bun­desregierung mit den Dax-30-Unternehmen  wieder einmal „den Dialog über die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen“ pflegte (BMFSJ), die beteiligten Ministerinnen erneut über die Sinnhaftigkeit gesetzlicher Vor­gaben, um eben diesen Frauenanteil in Auf­sichtsräten und Vorständen zu steigern.

Das ist eigentlich schon keine Meldung mehr wert, werden hier doch seit Jahr und Tag die immergleichen Positionen ausgetauscht, einzig wechselnd ist allein das (partei-)politische Per­sonal, das diese Positionen vertritt. Umso er­staunlicher ist es daher, wie viel Beunruhigung die Forderung nach dieser Quote immer noch und immer wieder auslöst. Denn nicht nur die Ministerinnen streiten sich, auch im Netz bei­spielsweise ist der Streit um diese Forderung ein Dauerbrenner. Da provoziert schon ein femini­stischer Umtriebe ansonsten unverdächtiger ZEIT-Artikel, der pro Quote argumentiert, locker 600 Kommentare binnen Wochenfrist – eine Quote, von der der DGS-Blog nur träumen kann. Und dabei handelt es sich bei der weitaus größe­ren Zahl dieser Kommentare um teils ebenso aufwändig konstruierte wie verschwurbelt for­mulierte antifeministische Traktate. „Geschlechtersoziologisch betrachtet: Die Quote“ weiterlesen

Die “Krise“ und die Soziologie

(da der Zugang zu SOZBLOG für mehrere Tage blockiert war kommt dieser letzte Post verspätet und schon ausserhalb meiner ‚Amtszeit‘ – ich bitte um Verständnis, GGV)

Soviel „Krise“ war noch nie. Nicht unbedingt der Grad der Betroffenheit konkreter Gruppen (zumindest in Deutschland spürt man im Alltag von einer Krise noch wenig), sondern die Vielfalt der Krisenerscheinungen und ihre dichte Abfolge ist, zusammen mit der verständlichen öffentlichen Aufgeregtheit, bemerkenswert. Und trotz vorsichtig optimistischer Töne zum Ende der letzten Woche (die dann in absurde neue Turbulenzen umschlugen) ahnen alle, dass ein Ende der Krisenentwicklung nicht absehbar ist und das ‚dicke Ende‘ erst noch kommt.

Auch die Soziologie widmet sich gerne mit Angstlust und professionellem Voyeurismus den sich überschlagenden Krisen all überall. So auch die Sektion, an deren Herbstsitzung zum Thema „Krise“ der Autor bei der Abfassung eines ersten Entwurfs zu diesem Post teilnahm. Es ging dort nicht nur um die aktuelle Finanzkrise, sondern auch um das ‚normale‘ zyklische Krisengeschehen von Wirtschaft und Industrie und insbesondere um die fundamentalen „Krisen“ in Folge des sozialen, ökonomischen und technischen Strukturwandels der letzen Jahrzehnte mit seinen Auswirkungen auf Arbeit, Beschäftigung, Interessenvertretung usw. Thema war zugleich  (wie an vielen anderen Stellen auch) ein fast schon nicht mehr zu überschauendes Szenario von weiteren sozialen Krisen aller Art, von der „Krise des Sozialstaats“ bis zur „Krise der fordistischen Familie“. Auch wenn vom „Ende“ des Berufs, des traditionalen Geschlechterverhältnisses, des Betriebs o.ä. die Rede ist oder ein sozial folgenreicher Entwicklungsbruch für einen Gegenstand diagnostiziert wird, geht es immer um krisenhafte Konsequenzen von Strukturveränderungen, zum Beispiel (ein weiteres Thema) des demographischen Wandels. „Die “Krise“ und die Soziologie“ weiterlesen