Großputz! Care nach Corona neu gestalten. Eine Blog-Reihe zum Positionspapier des Initiativkreises care-macht-mehr.com aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

Barbara Thiessen

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Care-Bereich sind nicht überraschend. Aber für manche doch. Hier hat sich Sars-CoV-2 als Meister der Enthüllung erwiesen. Soziale und geschlechterpolitische Missstände, die in einer sich sozialliberal verstehenden Gesellschaft gerne unter den Teppich gekehrt werden, sind nun unübersehbar geworden. Dazu zählen

  • die anhaltende Entwertung professioneller wie privat geleisteter Care-Arbeiten,
  • die durch vermehrte Frauenerwerbsarbeit aufgeworfenen strukturellen Care-Lücken, die bislang nur notdürftige und partielle Reformen erfahren haben,
  • die sich als resistent erweisenden Geschlechterhierarchien in privaten Beziehungen sowie auf dem Arbeitsmarkt, trotz des allgegenwärtigen Wunsches nach und Bekenntnis für Geschlechtergerechtigkeit,
  • die sich hieraus ergebenden Symptome von Überforderung und Erschöpfung auf individueller Ebene, vor allem bei care-aktiven Menschen,
  • die Nutzung weltweiter Ungleichheitslagen und Migrationsbewegungen für den Bedarf an kostengünstigen Care-Arbeitskräften in Kliniken, Heimen und privaten Haushalten ungeachtet eines erheblichen Care Drain in den Herkunftsländern,
  • die Verschärfung dieser Krisenphänomene spätestens mit Beginn des 21. Jahrhunderts durch die marktorientierte Rationalisierung von Care und die Öffnung der Care-Ökonomie für Renditeziele.

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Pflegepolitik und die Frage nach gesellschaftlicher Fürsorgeverantwortung

Angesichts vielfältiger gesellschaftlicher und politischer Transformationsprozesse werden die Fragen nach den Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und Grenzen von bezahlter und unbezahlter Pflegearbeit immer wichtiger. Im Gegensatz zu dem breit diskutierten (vermeintlichen) Wandel im Leitbild der Familienpolitik wird die Debatte um die Zuständigkeit für die Versorgung pflegebedürftiger Menschen und die damit verbundenen Strukturen sozialer Ungleichheit allenfalls in Fachkreisen und unter „Betroffenen“ geführt. So baut das deutsche Pflegesystem auf häusliche Versorgungsarrangements, die in erster Linie durch familiäre oder ehrenamtliche Netzwerke, sowie prekär beschäftigte Pflegekräfte getragen werden. Unser Beitrag wirft einen Blick auf die wohlfahrtsstaatliche und politökonomische Organisation der Pflege und die daraus resultierenden Strukturen der Ungleichheit und fragt, wer eigentlich für die Versorgung pflegebedürftiger Menschen verantwortlich ist und sein sollte.  „Pflegepolitik und die Frage nach gesellschaftlicher Fürsorgeverantwortung“ weiterlesen