Galileo Galilei ist schon vor einer Weile in höhere Gefilde entrückt (am 8.1.1642). Um ihn soll es hier also eher nicht gehen. Thema ist vielmehr das eben (gestern 12.30 http://is.gd/dlMEsw), befördert von einer russischen Sojusrakete, gesteuert vom oberbayerischen Oberpfaffenhofen aus und gestartet in Französisch-Guyana (das ist Globalisierung), mit ersten Satelitten im Orbit platzierte europäische Navigationssystem gleichen Namens (siehe auch dieses video).
Nach dem bisher dominierenden GPS (USA) und dem russischen Glonass ist dies offiziell ein rein nichtmilitärisches europäisches System mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten (Verkehr, Telekommunikation, Landwirtschaft, Fischerei usw., lauter nützliche Dinge, so heisst es). Die nicht wenigen technischen und technologiepolitischen Kritiken an dem erst mit großer Verzögerung nun gestarteten Galileo brauchen hier nicht Thema sein, dazu wird man in den nächsten Tagen manches lesen bzw. hören und sehen (falls man noch ein TV benutzt) können. „Galileo im Himmel – Krise der Navigation auf der Erde?“ weiterlesen
Monat: Oktober 2011
Mikroblogging: kurz, schnell und unberechenbar (3/3)
Der Versuch einer soziologischen Interpretation des Phänomens Mikroblogging im letzten Post hatte zu drei Thesen geführt, die mit den Schlagworten „Häppchenkommunikation“, „Subjektivierter Stil“ und „Ultrabeschleunigung“ überschrieben wurden. Mit vier weiteren Thesen soll das Bild komplettiert werden. Dies kann und will insgesamt nicht mehr sein als eine erste Annäherung an dieses eigenwillige Medium auf Basis persönlicher Erfahrungen (als ein „Selbstversuch“ begleitend zu einem Forschungsprojekt). Ein Medium, das sich derzeit mit großer Dynamik verbreitet, deren Konsequenzen noch kaum abschätzbar sind. Wenn man regelmäßig ‚twittert‘, kann man regelrecht zuschauen, wie sich die Formen entwickeln und der Kreis der Nutzer sprunghaft erweitert und dabei verändert. „Mikroblogging: kurz, schnell und unberechenbar (3/3)“ weiterlesen
Wofür ist Twitter gut? Ein aktuelles Beispiel
Immer wieder höre ich Bemerkungen ´bzw. Fragen, was das mit „diesem Twitter“ denn solle. Das mache doch nur Arbeit. Ja, das macht es und man muss aufpassen, dass es einen nicht überrollt – so geht es einem aber generell mit der neue Welt der neuen Medien.
Mehrfach war ich aber gerade in letzter Zeit sehr froh, zeitnah über aktuelle Entwicklungen in einer Intensität und Rirektheit informiert zu werden (fast hätte ich gesagt: teilnehmen zu können), wie es nur mit einem Medium wie Twitter möglich ist. Besonders beeindruckend waren die Veränderungen in Ägypten (Tahrirplatz) und die Katastrophe in Fukushima.
Zur Zeit lässt sich verfolgen, was aus der Bewegung „OccupyWallStreet“ wird. Seit ein paar Tagen haben auch unsere Mainstreammedien gemerkt, dass da „was los“ ist und berichten gelegentlich. Aber was ganz anders ist es, über Tweets ‚dabei‘ zu sein – als politischer Zeitgenosse, aber auch als beobachtender Soziologe. Wenn mich meine soziologischen Instinkte nicht täuschen, dann entsteht da gerade mehr als nur eine politische Eintagsfliege – eine Bewegung, die auch hier ihre Auswirkungen haben wird und deren Besonderheiten sich erst noch zeigen werden. Auffallende jedenfalls ist, das es voirwiegend (aber nicht nur) junge Menschen mit hoher Bildung sind – ähnlich wie in Madrid, Kairo usw. – aber trotzdem ganz anders (auch weil es eben due USA sind). Manche sprechen von einer Tea-Party-Bewegung der Demokraten – ich halte die Parallele für verfehlt.
Wer sich dafür interessiert, dem sei auf Twitter der Hashtag #occupywallstreet (neu auch: #OWS) sowie der Eintrag in der Wikipedia empfohlen. Einige links aus aktuellen Tweets können Interessierten vielleicht zeigen, was ich meine:
- Beeindruckende Kurztexte von US-Bürgern, warum sie die „99%“ sind
- Aufregung in US-Medien – hier eine kurze Debatte über „Klassenkampf“
- Josef Stieglitz unterstützt und kommentiert die Entwicklung
- Paul Krugman in seiner NYT-Kolumne zu OWS
- Aktueller Bericht und laufende Artikel des Guardian
Public Sociology, Zeitdiagnose und eine drohende Blindstelle des Fachs
Anmerkungen zur möglichen Rolle neuer Medien in Bezug auf die Debatte über Public Sociology hatte ich schon angekündigt. Da war es sehr erfreulich, soeben auf dem spannenden Drei Länder Kongress in Innsbruck einem einschlägigen Panel folgen zu können. Vorsichtig gesagt war der Eindruck jedoch reichlich ernüchternd.
Vielleicht hatte der eine oder andere Kollege ja auch nur ein anderes Verständnis davon als der Autor, was mit dem wichtigen Anstoß von Michael Buroway zur Public Sociology (s.a. die Beiträge in der Sozialen Welt) intendiert war. Jedenfalls war in so gut wie keinem Beitrag auch nur annäherungsweise davon die Rede, dass es nicht nur um die öffentliche Sichtbarkeit und/oder um eine mögliche zusätzliche akademische Funktion des Fachs („Zeitdiagnose“) geht, sondern um eine genuine Grundaufgabe und letztlich auch soziale Verantwortung der Soziologie. Eine Verantwortung, die darin besteht, der jeweils aktuellen Gesellschaft nicht nur partiales empirisches Wissen, sondern vor allem auch Deutungsangebote anzubieten, die in den Prozess der gesellschaftlichen Selbstvergewisserung und Selbstaufklärung eingehen und dazu beitragen können, Problemlagen besser zu verstehen und Lösungspotenziale aufzuspüren. „Public Sociology, Zeitdiagnose und eine drohende Blindstelle des Fachs“ weiterlesen