Fachhochschullehrer ist ein Traumberuf. Wer gerne lehrt, wer komplexe Inhalte vom Gegenstand her denken und daher exemplarisch vertiefen sowie praxisnah erarbeiten mag, wer mit steigenden Mengen von Studierenden in Kontakt treten und den Kontakt respektvoll und mit Interesse am Einzelnen gestalten kann, wer an seinem Fach und seinen Themen die Lust auch dann nicht verliert, wenn er selbst nicht mehr dazu kommt, grundlegende Werke zu verfassen, wer auch kleinere Forschungsprojekte, zumal von der Praxis angestoßen, nicht unrühmlich findet, wer zudem Begutachtungen und Arbeit in Ausschüssen und Kommissionen nebenher erledigen und dabei schließlich für seine übrigen, außerberuflichen Interessen und Notwendigkeiten das gewünschte Quäntchen Zeit freihalten kann – für den ist alles in bester Ordnung. Wochen- und monatelang.
Wenn aber der Abgabezeitraum für die schriftlichen Arbeiten verstrichen ist und zeitgleich die Phase der Semestervorbereitung in die Zielgerade geht, dann wird es eng.
866 Seiten Hausarbeiten + 338 Seiten Bachelorarbeiten + 215 Seiten Masterarbeiten sind zu lesen und zu bewerten. Am besten in 14 Tagen, denn nun beginnt bereits das Semester mit den ersten Blockveranstaltungen. Und weil das nicht funktioniert, bleibt die Lösungsmenge der Alltagsarithmetik leer.
Die Korrekturen schleppen sich mit in den Semesterstart, belagern die Vorbereitungszeiten der Lehrveranstaltungen, fressen sich in die Freiräume zwischen den ersten Gremiensitzungen des neuen Semesters, den Sprechstunden, den klitzekleinen Vorträgen, weil größere die Kapazitäten sprengen würden. Sie nagen am beruflichen Ethos, weil die interessante Neuerscheinung unberührt auf dem Schreibtisch liegt, weil der Abgabetermin für den klitzekleinen Zeitschriftenbeitrag, weil größere die Kapazität sprengen würden, längst verstrichen ist.
Dann fragt sich die begeisterte FH-Professorin, warum sie auch noch den Blog zugesagt hat… Und bittet um Geduld.