Der 37. DGS-Kongress in Trier. Der 5. Tag

„Außer routinierten Katastrophen ist alles gut gelaufen“, so fasste Stephan Lessenich die letzte Woche augenzwinkernd zusammen, doch bei der Saalwette musste er sich Martin Endreß geschlagen geben. Es kamen mehr „Krisenroutiniers“ auf die Bühne, als Lessenich gewettet hatte. Unter verdient tosendem Applaus wurde dem Organisationsteam und den Helfer_innen für den reibungslosen Ablauf und die Planung gedankt. So fand die Kongresswoche heute mit der Verleihung des Preises für ein hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk an Zygmunt Bauman einen fulminanten Abschluss.

Die Laudatio auf Herrn Bauman hielt Ulrich Beck, der seinen Vortrag mit dem Titel: „Sinn und Wahnsinn der Moderne“ überschrieb. Bauman sei „kein gewöhnlicher Mensch und kein gewöhnlicher Soziologe“, so Beck und würdigte seine tiefe Aufrichtigkeit und seinen sensiblen Sprachgebrauch. Beck hob das von Bauman erarbeitete Verhältnis von Macht und Politik hervor, diagnostizierte dieser „Ehe“ eine Trennung mit Aussicht auf Scheidung und verwies dabei unter anderem auf die politische Relevanz seines Lebenswerks.

Mit stehenden Ovationen wurde Zygmunt Bauman anschließend auf der Bühne empfangen. Scherzhaft kommentierte er, dass seine eigentliche Leistung nur darin bestehe, ein so hohes Alter erreicht zu haben – nicht nur sympathisch, auch noch bescheiden. Bezogen auf das Kongressthema ging er in seinem Festvortrag darauf ein, inwiefern vergangene Krisen Auswirkungen auf die Gegenwart haben können. Ereignisse wie der 30jährige Krieg oder die Reformationsbewegungen sind eben keine singulären Ereignisse, die für sich stehen, sondern ihre Schatten reichen weit darüber hinaus. So ist die Gegenwart weniger durch die Vergangenheit bestimmt als vielmehr durch ihre ungelösten Aufgaben geprägt. Er möchte sich nicht anmaßen, Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen zu treffen, sondern appellierte an die ihm nachfolgenden Generationen, die richtigen Fragen zu stellen und nicht nur Antworten zu suchen.

Abschließend möchte auch ich mich bei allen Beteiligten für diese spannende und aufschlussreiche Woche bedanken. Trier hat bewiesen, dass man mit einem tollen Team und guter Zusammenarbeit auch an einer kleinen Universität einen großen Kongress stemmen kann.

5 Gedanken zu „Der 37. DGS-Kongress in Trier. Der 5. Tag“

  1. Auch wenn es bei der Abschlussveranstaltung (bzw. den Abschlussveranstaltungen ;)) ja eigentlich schon genug Lobhuddelei gab: Auch von mir noch einmal ein großes Dankeschön an Orga, Helfer und natürlich auch an Katrin für einen tollen Blog! Das hat verdammt viel Spaß gemacht, das können wir in Bamberg und Göttingen gern wiederholen ;)

  2. Ich unterbreche sehr ungern den lebendigen, fast idealen Diskurs zu den angedeuteten, faszinierenden Inhalten des Soziologie-Kongresses.

    Aber mir fällt Folgendes auf!

    Das wissenschaftstheoretische Fundament des „methodologischen Individualismus“ scheint zu wackeln und die komplexitätsverliebte Systemtheorie ist nach dem „Lob der Routine“ Luhmanns offensichtlich, komplextitätstheoretisch betrachtet, rhetorisch noch aufblasbar:

    „Die Katastrophen sind routiniert geworden!“

    Beeindruckend, wie mittlerweile das Zeitgeist ferne altmodisch-alteuropäische Wesentliche jenseits des aktuell noch dominierenden interaktionistisch-konstruktivistischen Relativismus soziologisch-wissenschaftlich wieder auf den Punkt gebracht werden kann!

    Vielleicht werden die Katastrophen sogar bald RAFFINIERT werden!?

    Dann könnte das nächste Paradigma lauten: „Soziologie, die Wissenschaft der raffinierten
    Katastrophen“!

    Allerdings taucht da sofort eine entscheidende Frage auf.

    Wäre das Abstraktionsniveaus dieses neuen Paradigmas den Anforderungen der demokratisch sich erfreulicherweise immer weiter öffnenden Wissenschaftsgemeinschaft wissenssoziologisch gewachsen?

    Andererseits eine systemisch interessante, mögliche Perspektive, oder?

  3. es wäre ja schon recht schön wenn das blog jetzt keinen tod der nicht-akualisierung sterben würde. früher gab es mindestens jede woche einen eintrag…

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