Kommentiert! (Weshalb ein Blog kein Oberseminar ist)

Bevor ich in den kommenden Beiträgen wieder zu soziologischen Beobachtungen komme, ist es mir ein Anliegen, noch einen weiteren Meta-Artikel abzusetzen. Und zwar zum Thema der Nichtnutzung der Kommentarfunktion aus Gründen der Zurückhaltung.

Ich selbst bin eine passive Blogleserin. Ich kommentiere selten und noch seltener schreibe ich mehr als eine Zeile Kommentar. Artikel, die mir gefallen, empfehle ich via Facebook oder Twitter weiter. Über Artikel, die mir missfallen, ärgere ich mich still oder lästere darüber in Personal Messages mit Freund*innen. Daher habe ich mich sehr über die vielen Kommentare, die ich bekomme, gefreut. Die Kommentarsituation ist aufregend, weil es schnelles Feedback gibt und ich mit Leuten diskutieren kann, deren theoretischen und praktischen Hintergrund ich nicht kenne, mit denen ich ohne diesen Blog vielleicht nie ins Gespräch gekommen wäre. Manche Menschen schreiben so bedacht und aufwändig, dass sie Stunden dafür gebraucht haben müssen. Das ist ein großes Geschenk. Ich war also von Anfang an sehr glücklich mit „meinen“ Kommentator*innen und habe mir gar nicht weiter Gedanken dazu gemacht…

Nun aber ist meine Freude etwas getrübt. Warum?

Weil ich über unterschiedliche Medien und persönliche Gespräche erfahren habe, das es Leser*innen gibt, die gerne kommentieren würden, sich das aber aus unterschiedlichen Gründen nicht so recht trauen. Dass sie nicht kommentieren, liegt nicht an ihrem geringen Zeitbudget, an mangelnder Motivation oder fehlenden schreiberischen Fähigkeiten, sondern am Format des Blogs. Sie schreiben über die Uniadresse und über Facebook oder erzählen den Gedanken, den sie gerne aufgeschrieben hätten, im persönlichen Gespräch: Nur leider bekommt diesen dann außer mir niemand mit.

Mir scheint, es reproduziert sich hier eine Art Seminarsituation: Während einige reden, denken andere, ihre Gedanken seien nicht groß, nicht wichtig, nicht klug oder (das habe ich mehrfach gehört) „nicht soziologisch“ genug. Oder die Leute denken, der Zeitpunkt für einen Beitrag sei schon verpasst, man habe schon zu lange gewartet. Oder man sei ja „nur Student*in“ und wisse nicht, ob das dann ok sei, einen Kommentar zu schreiben. All diese Gründe wurden mir genannt.

ABER: Ein Blog ist kein Prüfungsgespräch und auch kein Oberseminar.

Selbstverständlich: Asymmetrien gibt es. Es ist ein Unterschied ob ich Schüler bin oder C4-Professorin, Kommentator oder der/die aktuelle SozBlogger*in, ein studierter Soziologe oder eine interessierte Leserin ohne Studienabschluss. Je nach Position und Selbstwahrnehmung habe ich unterschiedliche Ressourcen oder Möglichkeiten, kann an die unterschiedlichen Beiträge unterschiedlich anschließen. Das Medium des Blogs kann aber dazu genutzt werden, Asymmetrien ein wenig einzuebnen.

Mittels eines Nicknames kann eine Mitteilung beispielsweise anonym oder mit Pseudonym abgegeben werden. Das Agieren mit Pseudonymen ist in Blogs nicht unüblich und somit auch nicht unhöflich. So könnte gegebenenfalls die Sorge, sich vor einem breiten Publikum zu exponieren, eingeschränkt werden – wobei dann eben auch positives Feedback nicht namentlich adressiert werden kann. Das anonyme Kommentieren könnte also eine Möglichkeit sein, hier mitzudiskutieren, ohne sich übermäßig zu exponieren. Ich habe aber abseits dessen sowieso den Eindruck, dass die Stimmung hier sehr freundlich und unterstützend ist. Ich denke nicht, dass Kommentare negativ bewertet werden würden.

Was ich damit sagen will: Kommentiert!

Ich freue mich über alle Kommentare und bemühe mich – manchmal etwas zeitverzögert – auf alle Argumente direkt oder in einem Textabschnitt des Blogs zu antworten. Wenn die Diskussion sich verselbständigt und ich „nicht gebraucht werde“, lese ich manchmal auch nur mit. Ich möchte an alle, die „eigentlich“ Lust haben, einen Kommentar zu schreiben, appellieren, das auch zu tun! Weder muss ein Kommentar sehr lang sein, noch mit besonders viel Theorie gespickt, noch geht es darum, etwas zu beweisen. Und am wichtigsten: Nicht nur Soziologinnen und Soziologen, Soziologiestudierende und Leute mit Studienabschluss sollen hier kommentieren, sondern alle Interessierten. Alleine das Interesse für das Thema oder die Idee, einen Hinweis für alle zu haben, reichen doch aus, um einen Beitrag potentiell für alle relevant zu machen.

Wenn also hier noch Kommentare zurückgehalten werden, dann bitte her damit. Sollte es noch Kommentare zu den Nerd-Beiträgen geben, freue ich mich, sie zu lesen und soweit ich weiß, lesen durchaus noch einige andere die Kommentare zu den alten Beiträgen mit. Da viele der persönlichen Mails und Gespräche wichtige Ideen und Hinweise enthielten, weiß ich, dass zu kritische Selbsteinschätzungen spannende Diskussionen verhindern können. Das ist schade – und soll übrigens nicht signalisieren, dass ich die persönliche Kontaktaufnahme nicht mag. Dem ist nicht so. Aber es ist überhaupt nicht nötig, die kleine und sehr freundliche Öffentlichkeit des SozBlog zu scheuen!

 

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