Mit Lifelogging sind – wie im letzten Blog skizziert – viele Versprechen verbunden. Digitale Evangelisten wie Gordon Bell (Microsoft) möchten auch die Welt des (akademischen) Lernens revolutionieren. Dies wird es nötig machen, Lehre an Hochschulen völlig neu zu organisieren. Lehrbücher, Vorlesungen und Wikipedia waren gestern. Morgen kommt die studentische MEMEX – das große digitale Lerngedächtnis (eine Anlehnung an den „Memory Extender“ von Vannevar Bush). Dazwischen gibt es bereits heute eine recht aufgeregte Debatte über MOOCS (Massive Open Online Courses) – kurze Videoclips. Diese Form der Digitalisierung von Hochschulen sollte Soziologen nicht kalt lassen. Denn die Soziologie könnte als erste Disziplin aus der Bildungslandschaft verschwinden.
Monat: November 2013
Reim auf das Digitale
Ich komme gerade zurück aus San Diego, wo ich an der SenseCam-Konferenz teilnahm. Alle 18 Monate trifft sich eine kleine „Bruderschaft“, um über die neuesten Trends im Bereich Lifelogging zu diskutieren. Das interessiert mich gleich doppelt: Als Mitentwickler einer Lifelogging-App und als Soziologe, der wissen möchte, welche Effekte Lifelogging auf Individuen und Gesellschaft hat.
Starbucks, Foodbanks und Postdemokratie
Ich schreibe diesen Blogbeitrag auf der Terrasse des J. Paul Getty Museums mit Blick auf die Stadt der Engel, Los Angeles, und den Pazifik. Wie vor jeder Reise in die USA las ich Baudrillards Amerika, mein Surrogat für die hypnotisch redundanten ADAC-DUMONT-MARCOPOLO-Reiseführer. Darin schreibt er: „Wenn man zurückblickt, ist Europa einfach verschwunden“. So etwas konnte man noch 1986 behaupten, in einer Zeit vor der „Always-on-Gesellschaft“, einer Zeit ohne das „Jesusphone“. Mich jedenfalls erreicht Europa nach wie vor, weil ich nicht auf digitales Fasten umgestellt habe. Aber ich habe ja Baudrillard als Reiseführer. Für ihn ist „Amerika (…) ein gigantisches Hologramm, die Gesamtinformation ist in jedem Teilstück enthalten.“
Habenwollen oder Teilenwollen?
Mit aufmerksamkeitssteigernder Verspätung (verursacht durch das Tief „Christian“, das den Bahnverkehr nördlich von Göttingen lahmlegte) komme ich letztlich doch noch beim Literarischen Salon in Hannover an. Ich bin Gast einer Podiumsdiskussion zum Thema „Sharing-Ökonomie“. Mit auf dem Podium sitzen Heiko Grunenberg, Soziologe und Nachhaltigkeitsforscher an der Uni Lüneburg sowie Raphael Fellmer, Aktivist für ein Leben ohne Geld und Mitgründer von Foodsharing e.V.
Gesellschaft als Labor
In den nächsten Wochen werde ich diesen Blog dazu nutzen, einige meiner Wege nachzeichnen und dabei exemplarisch Themen aufgreifen, die mir wichtig sind. Der Blog stellt gleichsam eine Klammer für Erfahrungen dar und ist eine gute Gelegenheit, „mit fremden Gehirnen zu denken“ – wenn es stimmt, was man so über Soziale Medien, Schwarmintelligenz und so weiter sagt.