SozBlog als Mittel für Public Sociology?

Vor zwei Monaten habe ich geschrieben, dass ich zwar finde, dass die Soziologie – im Sinne der „Public Sociology“ – der Öffentlichkeit Deutungsangebote bereitstellen sollte, dass ich aber nicht sicher bin, ob Blogs hierfür die geeignete Form sind und dass ich es (für mich) schlicht ausprobieren muss. Heute – an meinem letzten Tag auf diesem Blog – möchte ich diese Frage noch einmal aufgreifen und mit einer Bitte an die Leser um Feedback verbinden – insbesondere an die Nicht-Soziologen unter Ihnen, an diejenigen, die regelmäßig gelesen haben sowie diejenigen, die sonst nie etwas kommentieren (sozusagen die schweigende Mehrheit).

Zögerliches Schreiben

Vorab sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich anfangs sehr zögerlich – ja nahezu widerwillig – war und mich sehr lange dagegen gewehrt habe, auf dem DGS-Blog zu schreiben. Erst nach monatelangen freundlichen, aber beharrlichen Nachdruck seitens des DGS-Beauftragten für Öffentlichkeit gingen mir nach und nach die Argumente aus, warum ich hier nicht schreiben könne – bei einigen Beiträgen meiner Vorschreiber habe ich den Eindruck gewonnen, dass ich diesbezüglich nicht die Einzige war.

Wie man der Zahl der Beiträge ansieht, die ich auf diesem Blog verfasst habe, hat sich diese Haltung sehr schnell verändert, und ich sehe das jetzt vollkommen anders, aber zu Beginn meiner Schreibzeit waren meine Haupteinwände gegen den DGS-Blog:

  • Die Chance, dass man (wissenschaftliche) Reputation verliert, ist relativ hoch oder zumindest durchaus vorhanden.
  • Ich dachte, dass der Blog Zeitverschwendung ist, weil ihn ohnehin kaum jemand liest.
  • Ich war mir relativ sicher, dass Bloggen für (viele) soziologische Fragestellungen nicht das richtige Medium bzw. die richtige Darstellungsform ist.
  • Das Zielpublikum war mir völlig unklar.

Da ich nun mal schreiben „musste“, habe ich beschlossen, das Beste daraus zu machen und einfach über meines Erachtens soziologisch relevante Themen zu schreiben. Ich habe mir dabei einen groben Schreibplan gemacht und mich dann vom tagesaktuellen Geschehen treiben lassen.

Was lässt sich nun – nach 60 Tagen – zu meinen Befürchtungen sagen?

Öffentlichkeit der Darstellung und Gefahr des Reputationsverlusts

Jede wissenschaftliche Darstellung erreicht eine gewisse Öffentlichkeit und trägt damit in sich die Gefahr, dass man sich blamiert. Blogs sind aber strukturell anders, und zwar erstens wegen der potenziellen Reichweite: Anders als bei einer Debatte auf einer Tagung oder einem Workshop wird der eigene Beitrag auf ewig festgehalten und auch potenziell von Allen und Jedem gelesen (ich persönlich glaube übrigens auch, dass dies einer der Gründe ist, warum auf diesem Blog so wenig kommentiert wird – es sind ja nicht anonyme Fremde, vor denen man schreibt, sondern eben auch relevante Peers, denen man im realen Leben wieder unter die Augen treten muss).

Blogs sind zweitens anders als Aufsätze und jede Monographien, weil letztere vor Veröffentlichung vorher durch Gutachter, Verlag und/oder Herausgeber kontrolliert werden, was zumindest eine Teilsicherheit gibt, dass der Text, den man publiziert, auch in den Augen (einiger) Anderen eine gewisse Mindestqualität aufweist.

Drittens hatte ich persönlich nahezu keine Erfahrung mit Blogs, und Blogs haben – anders als klassische Aufsätze und Monographien – keine festgefügten Formate. Die wenigen Regeln, die es gibt, widersprechen darüber hinaus den üblichen Regeln des wissenschaftlichen Schreibens: Auf Blogs wird normalerweise alltagsnah geschrieben – diese Alltagsnähe kann aber schnell zum Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit führen. Umgekehrt können komplexere (und damit automatisch längere) Analysen zum Gegenvorwurf führen, dass dies unpassend für das Medium „Blog“ bzw. „Internet“ sei (was mir ja tatsächlich – und zwar nicht nur auf diesem Blog, sondern vor allem auch in meinem eigenen sozialen Umfeld von Viel-Blog-Lesern – nachdrücklich vorgeworfen worden ist). Diese Ambivalenz zeigt sich etwa an den Kommentaren zu „Spielende Chinesen“: Dort sagt mir ein Kollege durch die Blume, dass er den Beitrag nicht besonders gut fand, und direkt darunter schreibt eine Leserin, dass sie den Beitrag besonders gut fand. Kurz: Egal, was man schreibt – man kann es keinem Recht machen.

Ich kann natürlich nicht sagen, ob ich durch diesen Blog Reputation gewonnen oder verloren habe (und bitte tun Sie mir den Gefallen, diesen Punkt nicht zu kommentieren – ich will es, wenn ich ehrlich bin, gar nicht so genau wissen), aber eine weitere Sorge hat sich als haltlos erwiesen: die Sorge vor Trollen oder bösartigen Kommentaren, denen man dann ggf. wehrlos ausgesetzt ist. Betrachtet man die Kommentare zu meinen Texten im Überblick, so äußern sich entweder Leser positiv, oder es handelt sich um konstruktive Kritik, wie etwa Ergänzungen oder Korrekturen zu Aspekten, die ich nicht wissen konnte oder bei denen ich mich nicht klar ausgedrückt hatte, also genau die Art von Anregungen, die man sich als Wissenschaftler eigentlich wünscht.

Reichweite der Leserschaft und Gefahr der Zeitverschwendung

Mein zweiter Einwand gegen das Bloggen war zu Beginn meiner Schreibzeit, dass ich mir nicht sicher war, ob das nicht Zeitverschwendung ist, weil ihn fast niemand liest, und man ja in den Monaten, in denen man bloggt (zumindest, wenn man es einigermaßen Ernst nimmt), nichts viel Anderes schreiben kann, d.h. der Blog hat mich andere Publikationen „gekostet“.

Diese anderen (nicht zustande gekommenen) Publikationen wären vermutlich hinsichtlich der Reputation in der Soziologie besser gewesen, es geht ja aber beim Schreiben nicht nur um wissenschaftliche Reputation – man möchte auch gelesen werden, und (zumindest ich) nicht nur von Fachkollegen, sondern auch von einer breiteren Öffentlichkeit.

Und gerade diesbezüglich kann man sich nicht beklagen, denn dieser Blog wird auf jeden Fall gelesen – laut der Statistik, die Sie als Leser sehen können, hatte dieser Blog seit Oktober etwa 70.000 Besucher, und allein diesen Monat knapp 15.000 Besucher. Ob das tatsächlich so viele sind, ist fraglich – es gibt zwei andere interne Statistiken, laut denen der Blog „nur“ etwa 5.000 bzw. 12.000 Leser im März und etwa 4.000 bzw. 10.000 Leser im April hatte. Selbst nach der ungünstigsten Statistik sind das ca. 130 (April) bzw. ca. 160 (März) Besucher pro Tag und damit ein Vielfaches mehr als die durchschnittlichen Leser eines wissenschaftlichen Textes (die angeblich bei Aufsätzen bei 2 (!) liegen sollen). Natürlich weiß ich nicht, ob die Besucher die Texte auch gelesen haben – aber bei einem Buch weiß ich auch nicht, ob die, die es ausgeliehen oder gekauft haben, es auch lesen.

Andreas Bischof hat sich gefragt, warum ich Beiträge, von man einige ggf. auch bei einer Zeitschrift einreichen hätte können, an den Blog verschwende – ich kann im Nachhinein sagen: Ich bin froh, dass ich es getan habe, denn gerade diese sind besonders viel gelesen worden, und zwar vermutlich von deutlich mehr Personen, als bei einem durchschnittlichen Aufsatz.

Also nein – der Blog war für mich ganz und gar keine Zeitverschwendung.

Blogs als geeignete Darstellungsform für die Soziologie?

Ein dritter (und für mich viel ernsterer) Einwand gegen das Bloggen war, dass ich mir nicht sicher war, ob Blogs für (alle) soziologischen Fragestellungen das richtige Medium bzw. die richtige Darstellungsform sind – und zwar vor allem, weil Blogbeiträge nicht zu lang sein sollen: Die meisten Empfehlungen im Internet geben an, dass ein Blogartikel 250 bis 500 Wörter, aber in gar keinem Fall mehr als 1.000 Wörter haben sollen. Die absolute Schmerzgrenze sind 2.000 Wörter.

Nun hat es aber einen Grund, dass die Soziologie eine Textwissenschaft ist und es m.E. auch bleiben wird: Es ist zwar wahr, dass man Vieles oft auch kürzer sagen und medial aufbereiten kann, aber eben nicht Alles, und v.a. viele komplexeren Sachverhalte nicht. Im Internet wird empfohlen, dann eben den Beitrag auf mehrere Blogartikel aufzuteilen, was ich zum Teil auch versucht habe, was aber Konsequenzen hatte: Ursprünglich hatte ich vor, hier vielleicht zehn oder fünfzehn Beiträge einzustellen, aber man sieht ja, dass ich letztendlich fast jeden Tag geschrieben habe, und ich habe auch Vieles weggelassen (kaum zu glauben – ich weiß …).

Trotzdem stoßen manche Texte an eine Untergrenze der Zerstückelung – wenn man weiter kürzt, kann man die Aussage nicht mehr machen, die man machen möchte. Da ich anfangs geschrieben hatte, dass ich verschiedene Längen und Formate ausprobieren werde, habe schließlich beschlossen, die Längenregel zu ignorieren (und bin auch hierfür nicht nur öffentlich, sondern auch privat durchaus kritisiert worden).

Das Ergebnis dieses Regelbruchs war verblüffend und hat genau dadurch meine eigenen Bedenken davongeweht: Auch wenn es durchaus sehr gute und hilfreiche Empfehlungen zur Gestaltung von wissenschaftlichen Blogs gibt (z.B. König 2013; Bischof 2013), so scheinen doch die üblichen Blog- Formatregeln für diesen Blog nur teilweise zu gelten.

Entgegen der intuitiven Annahme, dass etwa Bilder und visuelle Unterstützung von Beiträgen immer besser sind, besteht (zumindest bei den von mir hier verfassten Texten) kein Zusammenhang zwischen der Verwendung von Fotografien und der Klickhäufigkeit.

Viel erstaunlicher fand ich, dass offensichtlich auch sehr lange Beiträge durchaus gelesen werden. So sind zwei der am meisten gelesenen Beiträgen („Was ist eigentlich Geld?“ und „Was ist eigentlich ein Markt?“) aus Blogperspektive echte Textwüsten: Sie haben den Charakter von wissenschaftlichen Abhandlungen mit Fußnoten, Literaturhinweisen und vielen Zitaten – und vor allem sind sie viel zu lang (ca. 6.000 bzw. 4.000 Wörter). „Was ist eigentlich Geld?“ ist darüber hinaus ganz unverhohlen eine Zusammenfassung eines Teils von Simmels „Philosophie des Geldes“, die zwar auf das aktuelle Zeitgeschehen angewandt wird, aber auch das nur sehr sparsam (Ich habe fast drei Wochen überlegt, ob ich ihn überhaupt hier einstelle, dachte aber dann, dass ich dies – im Sinne des Vorsatzes, verschiedene Formate auszuprobieren). Andere Beiträge, die wesentlich mehr Eigenleistung meinerseits enthalten und in Form und Länge eher dem üblichen erzählerischen Blogformat entsprechen, haben dagegen deutlich mehr Leser.

Das insgesamt für mich positive Fazit ist, dass (tendenziell) die Beiträge, in die ich selbst sehr viel Arbeit gesteckt habe, auch deutlich mehr gelesen wurden – und dass man auch auf einem Blog auch längere, komplexere Analysen veröffentlichen kann.

Blindes Schreiben

In einem Punkt kann ich Jo Reichertz‘ Frustration gut verstehen: Man lernt in jeder Einführung zum guten Schreiben, dass man sich beim Verfassen von Texten an den Konventionen des Textformats und an den Erwartungen sowie dem Vorwissen des Zielpublikums orientieren soll, und normalerweise hat man (auch wenn man seine konkreten Leser nicht kennt) zumindest ansatzweise Vorstellungen von seinem Zielpublikum. Wenn ich ein Lehrbuch schreibe, baue ich z.B. den Text komplett anders auf und schreibe über andere Dinge, als wenn ich eine Monographie oder einen Aufsatz schreibe.

Beim DGS-Blog geht das aber nicht, weil zumindest mir das Zielpublikum bis heute völlig unklar ist. Zwar habe ich die „Arbeitsanweisung“ von der DGS bekommen, Texte zu schreiben, die auch für „eine breite Öffentlichkeit“ interessant sein könnten – was aber ist das? Und wer liest diesen Blog? Aus den Kommentaren schließe ich, dass sich zwar der eine oder andere Nicht-Soziologe auf diesen Blog verirrt hat, die meisten Leser aber Soziologen sind – dafür aber Soziologen mit potenziell unterschiedlichsten Interessen, also sowohl Studierende, als auch Soziologen mit Abschluss, als auch Hochschullehrer.

Wie ich oben erläutert habe, existieren praktisch keine Textkonventionen, an denen man sich orientieren könnte, und die wenigen, die es gibt, scheinen für diesen Blog nicht zu gelten. Und man hat praktisch keinerlei verlässliche Informationsquellen:

  1. Ab und zu wird ein Text zwar kommentiert, aber im Prinzip sagen die Kommentare nur etwas über die Meinung des konkreten Kommentators und nicht über die Leserschaft als Ganzes, weil (selbst großzügig gerechnet) nicht einmal jeder fünfzigste Leser einen Text kommentiert. Was also ist mit den 49 anderen? Anders als Jo Reichertz finde ich es nicht verwunderlich, dass so wenige Blog-Beiträge kommentiert werden, weil ich glaube, dass sie diesbezüglich wie andere wissenschaftliche Texte behandelt werden. Mit diesen macht man alles Mögliche – man liest sie, man denkt darüber nach, man empfiehlt sie weiter, man verwendet sie in Seminaren, man zitiert sie im nächsten eigenen Text, aber nur ganz selten schreibt man tatsächlich dem Autor, was man von dem Text gehalten hat. Hier im Internet kommt erschwerend hinzu, dass ja Alle (wie gesagt: bei Soziologen vor allem die relevanten Peers) mitlesen und dass das, was man schreibt, verewigt ist – man muss sich folglich erst einmal trauen, etwas zu kommentieren.
  2. Die zweite direkte Form des „Feedbacks“ sind die Klick-Statistiken, die WordPress liefert, aber auch diese sagen nicht wirklich etwas über Leserschaften, denn nur, weil ein Beitrag angeklickt wurde, heißt es noch nicht, dass er auch gelesen wurde. Hinzu kommt, dass WordPress intern pro Beitrag zwei unterschiedliche Statistiken liefert, die jeweils sehr verschiedene Zahlen liefern. Diese unterscheiden sich etwa bei „Was ist eigentlich Geld?“ um 50%, und bei „Treiber der Geldentwicklung“ dokumentiert die eine Statistik sogar sechsmal so viele Klicks wie die andere.

Man schreibt also blind – und das ist schon sehr frustrierend.

Ein wenig kann man meines Erachtens trotzdem auch aus den Klicks ablesen: Und zwar kann man, glaube ich, die Klick-Statistiken schon relativ lesen, d.h. die Statistiken für verschiedene Tage oder Beiträge miteinander vergleichen und dabei Kontextinformationen und Alltagsgeschehen miteinbeziehen.

So sieht man z.B., dass die meisten Leser montags oder freitags während der Kernarbeitszeiten lesen, während am Wochenende (v.a. bei schönem Wetter) die Zahlen recht niedrig sind. Die meisten Beiträge erhalten am ersten Tag am meisten Leser, die entweder direkt oder von der DGS-Seite aus auf den Blog gehen – außer wenn jemand einen Beitrag besonders gut findet und einen Hinweis über Twitter oder Facebook verbreitet – dann hat man am entsprechenden Tag besonders viele Leser.

Man kann auch relativ sehen, welche Beiträge beim Publikum besser ankamen und welche schlechter. Auch hier sieht man einige Muster. So scheinen etwa die meisten Leser entweder vom aktuellsten Beitrag zeitlich rückwärts zu lesen, oder sie lesen die Beiträge chronologisch (weshalb z.B. in meinem Fall auch die ersten beiden Beiträge – „Public Sociology“ und „Pferdefleisch in der Lasagne“ – zu den vier meistgelesenen Beiträgen gehören. Auch scheint (in meinem Fall) das Thema „Raum“ für die meisten Leser weniger spannend gewesen zu sein als das Thema „Markt“.

Die üblichen Blogregeln (kurze, alltagsnahe Beiträge mit vielen Bildern) scheinen für diesen Blog nicht zu gelten, und gerade dieser Befund – so beruhigend er auch hinsichtlich der oben genannten Sorge hinsichtlich der Möglichkeit komplexer Analysen auf Blogs ist – ist auch der, der bei mir persönlich für am meisten Verwirrung stiftet, denn:

Wenn die üblichen Blogregeln hier nicht gelten, warum wird dann überhaupt ein Text gelesen? Zwar steckt in allen meinen Beiträgen, die sehr viel gelesen wurden, sehr viel Arbeit – es wurden aber auch einige Beiträge praktisch nicht gelesen, in denen sehr viel Arbeit steckt. Neben den beiden ersten Beiträgen haben mit Abstand die Beiträge „Was ist eigentlich Geld?“ und „Was ist eigentlich ein Markt?“ am meisten Leser „angezogen“, aber warum? Gerade bei „Was ist eigentlich Geld?“ bin ich am meisten verblüfft, weil er – wie oben beschrieben – konsequent alle geltenden Blog-Regeln ignoriert.

Was würde ich anders machen?

Angesichts dieser Beobachtungen würde ich – wenn ich noch einmal bloggen würde – noch konsequenter meine Beiträge am aktuellen Zeitgeschehen ausrichten und noch stärker versuchen „gehaltvolle“ Beiträge zu schreiben. Ich würde mir auch keine Sorge mehr vor „boshaften“ Kommentaren machen.

Allerdings würde ich weniger schreiben, und zwar nicht in dem Sinne von kürzeren Texte, sondern ich würde maximal zwei bis drei Beiträge pro Woche einstellen – die Leserzahlen sind im April deutlich niedriger als im März, und ich vermute, dass das nicht nur mit dem beginnenden Semester zu tun hat, sondern auch damit, dass die Leser schlicht nicht mithalten konnten.

Das bedeutet auch, dass ich den Bogen kleiner spannen würde. Wie eingangs erwähnt, hatte ich einen groben Schreibplan – die Beiträge sind lose, aber systematisch aufeinander bezogen. Wie das so mit aufgemachten Erzählbögen ist, war ich in dem (vielleicht nur vor meinem inneren Auge ablaufenden) Erzählzwang, den Bogen auch am Ende wieder zu schließen, namentlich beim Thema Märkte am Ende auch etwas über den Verbraucher zu schreiben.

Es gibt zwei weitere miteinander verwobene Aspekte, die mich persönlich am Format dieses spezifischen Blogs etwas gestört haben. Das eine ist die Zwei-Monats-Regel (weil ich dadurch nicht das Tempo rausnehmen konnte, als ich gemerkt hatte, dass ich zu viel schreibe – zumindest nicht, ohne den Erzählbogen offenzulassen). Das zweite ist die Ein-Autor-Regel. Man kommt sich vor wie ein Marktschreier, der allein vor der Menge präsentiert. Viel schöner wären mehrere Autoren gleichzeitig gewesen, und zwar aus zwei Gründen:

  • Man könnte bei strittigen Themen eine Diskussion zwischen den Autoren über die Blogbeiträge haben – zwar gab es solche Diskussionen schon durchaus in den Kommentaren, aber diese verschwinden ja nach einiger Zeit von der Hauptseite, und ich hatte den Eindruck, dass diese auch seltener gelesen werden.
  • Offensichtlich hat das Interesse an Beiträgen auch mit aktuellem Zeitgeschehen zu tun. Nun kann aber nicht jeder über Alles schreiben – ich habe mir die Lebensmittelskandale herausgepickt, aber es sind ja parallel auch andere Dinge passiert. Bei mehreren Autoren könnte man auch parallel mehrere Themen bearbeiten.

Ich muss fairerweise sagen, dass ich mich vage erinnere, dass dies die Ursprungsidee des DGS-Vorstands war – zumindest insofern, dass, wie ich glaube mich erinnern zu können, immer zwei Personen parallel, aber zeitversetzt bloggen sollten. Das ist aber vermutlich mangels Schreibwilligen gescheitert.

Aber vielleicht könnte man in ein oder zwei Jahren ja vielleicht noch einmal über so etwas nachdenken – dieser Blog scheint ja im vergangenen halben Jahr langsam an Fahrt zu gewinnen.

Bitte um Feedback – was wollen Sie denn lesen?

Gerade weil man so blind schreibt, möchte die Leser dieses Blogs – und zwar gerade an diejenigen, die normalerweise nie Blogbeiträge kommentieren – um Feedback bitten, und zwar in einer für Deutschland unüblichen Form: Gerade, weil es so wenig Konventionen bzgl. Soziologie-Blog-Beiträgen gibt, ist es (zumindest für mich, aber ich denke auch für andere Autoren) weniger interessant, was Sie schlecht fanden. Viel hilfreicher wäre zu wissen, was Sie gut fanden, denn an gelungenen und guten Beispielen kann man sich orientieren.

Die Fragen, die mich umtreiben, sind konkret:

  • Wer sind Sie? Soziologe? Interessierter Fachfremder? Studierender, Doktorand, Kollege?
  • Warum lesen Sie diesen Blog?
  • Bei welchen Beiträgen haben Sie von der Hauptseite aus weitergeklickt und warum? War es die Überschrift? Der Abstract? Das Thema?
  • Welche Beiträge haben Sie zu Ende gelesen und warum? War es das Thema? Der Schreibstil? Anderes?
  • Gibt es einen Lieblingsbeitrag auf diesem Blog und warum?
  • Wenn Sie sich etwas wünschen dürften, über welche Themen würden Sie gerne in Zukunft lesen, hier oder an anderer Stelle?

Abschließend möchte ich noch bei allen Lesern ganz herzlich bedanken, dass Sie sich die Zeit genommen haben zu lesen und übergebe hiermit den Stab an Jasmin Siri, die ab morgen hier schreiben wird.

Autor: Nina Baur

Prof. Dr. Nina Baur (März & April 2013) Professorin für Methoden der empirischen Sozialforschung am Institut für Soziologie der Technischen Universität Berlin Arbeitsschwerpunkte: Methoden der qualitativen und quantitativen Sozialforschung, Marktsoziologie, Prozesssoziologie, Raumsoziologie

11 Gedanken zu „SozBlog als Mittel für Public Sociology?“

  1. *Wer sind Sie? Soziologe? Interessierter Fachfremder? Studierender, Doktorand, Kollege?
    Soziologiestudierender

    *Warum lesen Sie diesen Blog?
    Fachliches Interesse. Insbesondere was es für Ansätze in der Soziologie so gibt.

    *Bei welchen Beiträgen haben Sie von der Hauptseite aus weitergeklickt und warum? War es die Überschrift? Der Abstract? Das Thema?
    Bin über RSS-Feed auf dem neuesten Stand.

    *Welche Beiträge haben Sie zu Ende gelesen und warum? War es das Thema? Der Schreibstil? Anderes?
    Thema, Länge.

    *Gibt es einen Lieblingsbeitrag auf diesem Blog und warum?
    Metatexte wie dieser hier.

    *Wenn Sie sich etwas wünschen dürften, über welche Themen würden Sie gerne in Zukunft lesen, hier oder an anderer Stelle?
    Kritische Soziologie mit kleinem und mit großem K. Aktuelle Ansätze in der Soziologie.

    Übrigens war ihr Text „Was ist Geld?“ der einzige Text von diesem Blog, den ich jemals per EMail weitergeleitet haben. Und zwar, jetzt werden Sie vielleicht ein wenig staunen, in einem anarchistischen Kontext.
    In einem solchen Kontext kam die Frage auf, was es denn eigentlich für Theorien (und Kritiken) von Geld gibt, abseits von antisemitischen Zinstheorien. Da war die kurze Simmelzusammenfassung gerade passend.

  2. Zum Abschluss Ihrer Zeit im SozBlog will ich Ihnen nocheinmal ausdrücklich für ihre zahlreichen, interessanten Beiträge danken. Ich habe noch nicht alle Beiträge gelesen, werde das aber noch nachholen. Der Bezug zur aktuellen Situation, sei es zum Lebensmittelmarkt oder den Unzulänglichkeiten der vorherrschenden Wirtschaftstheorie zum Thema Markt, könnte, so meine Hoffnung, auch Nicht-Soziologen von der Lebensnähe (ich will jetzt nicht Nützlichkeit sagen) der Soziologie überzeugen.

    Als Soziologe mit Masterabschluss lese ich hier vor allem aus fachlichem Interesse. Allerdings vor allem Beiträge mit Themen die mich interessieren, aber auch schonmal um in einen anderen Teilbereich hinein zu schnuppern. Der Hauptgrund für das Lesen bestimmter Beiträge ist für mich also das Thema des Artikels.

    Dass hier immer jeweils nur eine Person schreibt stört mich auch ein wenig. Wie Sie schon richtig anmerken, könnte bei mehreren Autoren eine Diskussion entstehen, die sonst nur eingeschränkt über die Kommentare möglich wäre. Vielleicht lässt sich da in Zukunft noch was dran ändern. Insgesamt könnte man so mehr Artikel bei gleichzeitiger Entlastung der einzelnen Personen erreichen. Vielleicht auch mehr Tagesaktualität bei bestimmten Themen.

    Diese Autorenübergreifenden oder auch Blogübergreifenden Diskussionen habe ich bisher immer als sehr Fruchtbar empfunden. Sei es als Ergänzung von Punkten, die man beim anderen Artikel vielleicht vermisst hat, oder als konstruktive Kritik. Das kann natürlich auch Medienübergreifend geschehen, indem man beispielsweise Podcastbeiträge aufgreift und diese kommentiert. Damit wären also auch Autoren anderer soziologischer Blogs angesprochen, den ein oder anderen Artikel als Anlass zu nehmen und selbst etwas zum Thema zu schreiben.

    Soviel erstmal dazu. Für einen Kommentar eigentlich auch zu lang. ;-)

  3. a) Ich bin Soziologie-Studentin.

    b) Ich lese diesen Blog, um für mich „neue“ Fach-AutorInnen zu entdecken und einen Einblick in deren Betätigungsfeld zu bekommen. Das knackige Blog-Format eignet sich hierfür bestens.

    c) Ich habe die SozBlog-Beiträge als RSS-Feed abonniert, d.h. ich bekomme eine E-Mail, wenn neue Beiträge online sind. Finde ich die Überschrift spannend, rufe ich den kompletten Online-Beitrag auf.

    d) „Der Konsum als vernachlässigtes Thema in der Soziologie“ => Weil ich Konsumforschung sehr interessant finde.
    „Praktiken des Haareschneidens“ => Die Überschrift erschien mir im Kontext von Wirtschaft/Geld/Ökonomie völlig absurd. Daher wollte ich unbedingt mehr erfahren.

    e) Nein. Ich finde die Vielfalt spannend sowie den Anreiz auch Texte zu lesen, mit deren Themenbereichen ich mich (noch) nicht befasst habe.

    f) Konsumforschung, Kapitalismuskritik, alternative Lebens- und Arbeitsmodelle

  4. Liebe Frau Baur,

    nein, zur public sociology taugt die Textsorte, die in diesem Blog gepflegt wird, sicher nicht. Dafür ist es auch nicht der rechte Ort. Aber auf jeden Fal taugt der Blogl zur internen Selbstvergewisserung – und auch zur Reflexion, was den public sociology sein könnte. Das Räsonnement darüber ist ja noch keine public sociology..
    Es ist doch bezeichnend, dass fast alle, die hier geschrieben haben, auch übers Bloggen geblogt haben. Das ist eben unsere Stärke als Soziologinnen und Soziologen – dass wir das, was wir tun, auch noch zum Gegenstand unseres Tun machen.
    Ich habe Ihre Beiträge – und die Menge der Beiträge beschämt mich ja fast, weil ich in den zwei Monaten davor viel „fauler“ war – ich habe also Ihre Beiträge sehr gerne gelesen, fand sie inhaltlich sehr anregend und finde, dass dieser Blog offensichtlich Verbindungen innerhalb des Faches stiften könnte, die vorher nicht da waren oder sich nicht ergeben hätten.
    Und wenn Soziologie eine solche Textsorte braucht, dann muss die Soziologie eben auch so bloggen!
    Herzliche Grüße
    Armin Nassehi

  5. Liebe Frau Baur,

    ich habe diesen SozBlog erst dadurch entdeckt, dass mir ein paar Studis den Link gesendet hätten, der mit Ihnen warb. Ich fands sehr angenehm, Sie mal aus einer ganz anderen Perspektive zu lesen. Ihre Reiseberichte fand ich ziemlich spannend, bin überrascht, wie komplex Milchmärkte anscheinend sind und mochte es besonders, wenn sie etwas „rumgemenschelt“ haben (beispielsweise der Seitenhieb gegen die eigenen Bayern, welche dem faulen Ossi nicht mehr bezahlen wollen).

    Respekt für dieses Publikationstempo und die Qualität der Texte. Und die Einblicke in die Hinterbühne des Verfassens. Viele liebe Grüße!

    1. Lieber Herr Neumann,

      dass Ihnen meine Beiträge gefallen haben, hat mich ganz besonders gefreut – ich weiß ja, dass Methoden nicht gerade Ihr Lieblingsthema war. Und ich möchte mich auch noch einmal ganz herzlich und ausdrücklich für die Ermutigung und den Feedback bedanken.

      Herzliche Grüße,
      Nina Baur

      P.S.: Auch wenn man das in Berlin momentan vermutlich nicht zu laut sagen sollte, noch eine kleine Korrektur: Ich bin Schwäbin, nicht Bayerin – das mag aus Berliner Perspektive fast dasselbe sein, ist aber aus Süddeutscher Perspektive ein ebenso großer Unterschied wie zwischen Berlinern und Hamburgern. :-)

      1. Liebe Frau Baur,

        Entschuldigen Sie meinen Lapsus. Solche mistakes bringen immer die schlimmsten Reaktionen mit sich. Schwäbin, ich merks mir – Pardon. :)

        LG, Pierre Neumann

  6. liebe frau baur,

    ich habe mich weniger gefragt, warum sie wissenschaftliche texte an ein blog „verschwenden“ (besonders diese formulierung entspricht nicht meiner sichtweise), sondern welche art von kommunikation sie eigentlich mit den lesern hier eingehen wollen – diese frage stellte sich aus meiner sicht besonders bei 30.000 zeichen langen artikeln mit fußnoten, die für die darstellung auf websites ungeeignet sind und darüber hinaus von der stärke des hypertexts (verknüpfungen) weitgehend keinen gebrauch machen.

    ich fand es damals befremdlich, dass einige kommentatoren diese frage als persönliche kritik missverstanden haben und auch ihre bedenken gegenüber dem medium sind ja nicht zuletzt von der angst vor reputationsverlust bzw. dem drang sich vor peers zu reputieren gezeichnet gewesen.

    ich freue mich, dass sie diese im schaffen weitgehend abstreifen konnten und sich selbst dem bloggen ausgesetzt haben. durch ihre art zu bloggen hat sich die von a. nassehi angesprochene soziologie interne diskussion über das bloggen vertieft und ich hoffe, sie geht noch weiter.

    alltagsnah formuliert: hier ist seit einigen monaten richtig leben drin – gegenüber dem, was in blogs / unter bloggenden / mit der textgattung „blog“ in den vergangenen jahren (auch an wissenschaftlicher öffentlichkeit) allerdings alles schon ausprobiert und erreicht wurde, ist die deutschsprachige akademische soziologie leider immer noch ein „rätselhafter findling“.

  7. Wer sind Sie? Soziologe? Interessierter Fachfremder? Studierender, Doktorand, Kollege?
    Soziologie Studierender

    Warum lesen Sie diesen Blog?
    Bisher war ich immer auf der Suche nach einer Einbindung (fachwissenschaftlicher) Soziologie oder Sozialwissenschaft in die Blogosphäre, hier scheine eine Antwort gefunden zu haben. Zwar bin ich erst recht kurz dabei, aber lese immer mehr.

    Bei welchen Beiträgen haben Sie von der Hauptseite aus weitergeklickt und warum? War es die Überschrift? Der Abstract? Das Thema?
    Hier z.B. der Eintrag zu den Praktiken des Haareschneidens. Generell geht es nach der Überschrift, da ich per RSS mitlese.

    Welche Beiträge haben Sie zu Ende gelesen und warum? War es das Thema? Der Schreibstil? Anderes?
    Dazu kann ich nicht allzu viel sagen…

    Gibt es einen Lieblingsbeitrag auf diesem Blog und warum?
    Bisher nicht

    Wenn Sie sich etwas wünschen dürften, über welche Themen würden Sie gerne in Zukunft lesen, hier oder an anderer Stelle?

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