Essen kann verderben oder durch zu lange Lagerung Keime und Bakterien ansetzen, so dass Menschen beim Verzehr krank werden. Dies zu vermeiden, ist ein Grundproblem, mit dem Lebensmärkte historisch schon immer zu kämpfen hatten. So unterscheiden sich die USA, Europa und Asien grundsätzlich in den Qualitätskonventionen (Diaz-Bone/Salais 2012; Bessy 2012; Diaz-Bone 2012; Kädtler 2012), was „frische Lebensmittel“ sind, und entsprechend sind Produktionsketten komplett unterschiedlich organisiert, um Hygiene sicherzustellen und das Verderben von Nahrungsmitteln zu vermeiden.
Schlagwort: Handel
Lebensmittel einkaufen. Vertrauen, Konsum und moderne Gesellschaft in Deutschland und Asien
In Deutschland kaufen heute die meisten Verbraucher ihre Lebensmittel im Supermarkt oder in sog. Betrieben des „Außer-Haus-Konsums“, also Gaststätten, Imbissbuden und Kantinen. Produziert wird unser Essen in industrieller Massenproduktion in komplexen, differenzierten, globalisierten Produzenten-Zulieferer-Ketten. Dass dies nicht selbstverständlich ist, zeigt ein Blick nach Asien, und ein Blick in die deutsche Geschichte zeigt, dass unser Konsumverhalten ein relativ neues Phänomen ist. „Lebensmittel einkaufen. Vertrauen, Konsum und moderne Gesellschaft in Deutschland und Asien“ weiterlesen
Unternehmen, die es nicht geben dürfte (2): Die Privatmolkerei Bauer
Nicht nur der Erfolg der Firma Müller-Milch, auch der Erfolg der Privatmolkerei J. Bauer GmbH & Co. KG[1] lässt sich mit der neoklassischen Theorie nicht erklären – allerdings aus völlig anderen Gründen als bei Müller. Die Firma Bauer hat nämlich in den ersten hundert Jahren ihrer Firmengeschichte keine Werbung gemacht – sich also aus Perspektive der Lehren des modernen Marketing geweigert, direkt mit ihren Kunden zu kommunizieren und sie so mit Informationen zu versorgen. Dennoch war sie in den 1980ern einer der Marktführer auf dem Joghurt-Markt.
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Nicht jeder isst das Gleiche, oder: Verbrauchertypen und Esstypen
Wie bereits in der Diskussion über den Zusammenhang von Geschlecht, Milieu und Konsum angedeutet, sind nicht alle Verbraucher gleich – „den Konsumenten“ gibt es also nicht. Dennoch lassen sich oft in bestimmten Kulturkreisen, sozialen Milieus, ethnischen, Alters- oder Geschlechtergruppen typische Muster des Konsums identifizieren.
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Der Verbraucher und die Rolle des Konsums auf modernen Massenmärkten
Erst der Konsum schließt auf kapitalistischen Märkten den Güter- und Geldkreislauf. Gleichzeitig konstruieren Konsumenten in Interaktion untereinander und mit anderen Marktakteuren den sozialen Wert von Produkten und damit die Marktfähigkeit und den potenziellen Preis eines Produkts. Konsumentenmärkte sind damit zentral für die Entstehung von Produktpräferenzen.
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Qualitätskonventionen auf dem Milchmarkt
Ökonomische Konventionen sind nicht nur lokal unterschiedlich, sie unterscheiden sich auch innerhalb eines Marktes für bestimmte Marktsegmente – und sind damit ein wesentliches Mittel, um das sog. Koordinationsproblem (Beckert 2007) zu lösen: Aufgrund der Differenzierung der Produktionskette in Zulieferer, Produzenten, Handel und Konsumenten stellt sich die Frage, wie diese Komplexität gehandhabt und die Marktteilnehmer so koordiniert werden können, dass eine Aufrechterhaltung der Wertschöpfungskette möglich ist. Wie etwa findet ein Verkäufer den richtigen Käufer? Wie wird die richtige Menge produziert?
Komplexitätssteigerung und Risikoproduktion auf dem Lebensmittelmarkt
Die moderne Lebensmittelproduktion ist hochdifferenziert: Produziert wird in sehr langen, globalisierten Produktionsketten, die in komplexen Produzenten-Zulieferer-Netzwerken organisiert sind und sehr vielen Arbeitsschritte pro Produktionsstufe umfassen. Eine der Folgen ist die größere Störanfälligkeit der Gesamtproduktion, die auf Lebensmittelmärkten durch die spezifischen Machtverhältnisse auf dem Markt noch verstärkt wird.
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Markt und Macht. Ein Vergleich des Joghurt- und Automobilmarkts
Entgegen der Annahme neoklassischer Theorien spielt Macht auf modernen Massenmärkten eine große Rolle. Einerseits sind Arbeits-, Finanz-, Medien- und Konsumgütermärkte politisch reguliert und durch politische Regulierung miteinander und mit anderen Handlungsfeldern verwoben. Andererseits ist aber auch das Marktgeschehen selbst durch Machtspiele geprägt, und die relativen Machtverhältnisse der verschiedenen Produktionsstufen beeinflussen maßgeblich das Wettbewerbsgeschehen.
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Die angebliche Ohnmacht der Politik. Über die Politische Regulierung von Märkten
Ob bei der Finanzkrise oder den aktuellen Lebensmittelskandalen – immer wieder gewinnt man den Eindruck, dass moderne Gesellschaften dem Wirtschaftsgeschehen hilflos ausgeliefert sind. Auch die Politik erscheint angesichts der Globalisierung ohnmächtiger Spielball der Märkte. Was lässt sich hierzu aus (wirtschafts-)soziologischer Perspektive sagen?
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Konsumgütermärkte als komplexe Interaktionsketten. Ein Zwischenfazit
Anfang März hatte ich mir das Ziel gesteckt, meine Zeit auf diesem Blog einerseits zu nutzen, um verschiedene Textformate auszuprobieren, andererseits in dieser Zeit (im Sinne der „Public Sociology“, die Soziologie als Krisenwissenschaft deutet, die Deutungsangebote bereitstellt) ein aktuelles Thema herauszugreifen und zu diskutieren. Da ich selbst mich sehr stark für Märkte interessiere, habe ich angesichts der Lebensmittelskandale der vergangenen Monate den Lebensmittelmarkt als konkretes Beispiel einen Konsumgütermarkt ausgewählt, mit der Absicht, einen Beitrag zu dem Versuch leisten, moderne (Lebensmittel-)Märkte und die Risikoproduktion auf diesen Märkten besser verstehen. Da ich jetzt ungefähr bei der Hälfte meiner Schreibzeit angekommen bin und am Montag (zumindest hier in Berlin) die Vorlesungszeit anfängt, ist dies ein guter Zeitpunkt, um ein Zwischenfazit zu ziehen: Was habe ich bisher gemacht? Wie ordnen sich die bisherigen Beiträge in das Gesamtgefüge ein? Und was plane ich noch, in den nächsten Wochen zu schreiben?
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Raum als Syntheseleistung, oder: Die vielen Gesichter Chinas
Zur sozialen Konstruktion von Raum bedarf es u.a. einer Syntheseleistung: Menschen fassen bestimmte Menschen- und Güteransammlungen zu Räumen – also zu einer Sinneinheit – zusammen, nehmen sie als solche wahr, stellen sie sich als solche vor und erinnern sich an sie auf diese Art und Weise (Löw 2001: 159, 263; Elias 1969). Dabei fassen wir durchaus auch recht Unterschiedliches und Heterogenes zusammen. So lesen wir etwa in der Presse immer wieder von „Deutschland“, „Frankreich“, „Großbritannien“ oder „China“, und wir gehen implizit dabei vom nationalstaatlichen institutionellen Rahmen sowie einer „kulturelle Einheit“ oder „Ähnlichkeit“ innerhalb des Raumes aus. Wie brüchig diese Konstruktion von Einheitlichkeit ist, wird am Beispiel von China deutlich.
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Über die Standardisierung von Lebensmitteln, oder: Wie Schafe und Kühe zu 250g-Schnitzeln im Supermarktregal werden
Im Supermarkt kaufen wir typischerweise ganz bestimmte Mengen – 250 g Butter, 1kg Mehl, 6 Eier, Joghurt im 500g-Glas oder im 250g-Plastikbecker, 150 bis 250g Fleisch pro Person und Mahlzeit usw. Die meisten Konsumenten wollen auch gar keine größeren Mengen, weil sie entweder alleine, mit Partner oder in einer Kleinfamilie leben und gar nicht mehr verbrauchen können. Nun ist es bei einem Pack Butter oder einem Glas Joghurt noch einsichtig, dass es – da diese Lebensmittel ja ohnehin in Fabriken produziert werden – relativ egal ist, in welchen Mengen es abgepackt wird. Aber wenn man sich Hühner, Puten, Schafe, Ziegen, Schweine oder Rinder anschaut, haben sie doch sehr unterschiedliche Größen, und es gibt ja auch kleine und große Schafe, was so überhaupt nicht zu den Anforderungen der modernen Massenproduktion passt – die Koordination der zahlreichen Produktionsstufen kann nur funktionieren, wenn die Produkte hochgradig standardisiert sind. Damit stellt sich die Frage, wie aus einem Schaf, Schwein oder Rind ein 250g-Schnitzel im Supermarkt wird.
Die Preissenkungsspirale. Der Einfluss der Discounter auf die sinkenden Lebensmittelpreise in Deutschland
Ich habe Verwandtschaft aus Frankreich, die jedes Mal, wenn sie für ein paar Tage nach Deutschland kommt, ihre eigenen Nahrungsmittel mitbringt, weil sie sagt, dass an den deutschen Lebensmitteln einfach etwas faul sein müsse – Essen könne einfach nicht so billig sein. Umgekehrt geht es mir im Ausland oft so, dass ich viele Lebensmittel recht teuer finde. Wie ein Kommentator meines gestrigen Beitrags geschrieben hat: Vielleicht nicht das einzige, aber auf jeden Fall ein Problem sind Discounter wie Aldi und Lidl. Die Macht der Discounter ist so groß, dass der deutsche Lebensmittelmarkt als der härteste der Welt gilt. Selbst ein Unternehmen wie Walmart, das ein ähnliches Geschäftskonzept verfolgen wie Aldi, zog sich 2006 aus dem deutschen Markt zurück, weil es (preislich gesehen) nicht einmal mit „normalen“ deutschen Supermärkten wie Edeka miithalten konnte. Wie kommt es, dass die Discounter in Deutschland – obwohl ihre Macht immer wieder beklagt wird – so einen Einfluss auf den Lebensmittelmarkt haben? Und warum ist das im Ausland anders?
Billiges Essen. Der Handel und der Preiswettbewerb auf dem Lebensmittelmarkt
Bei jedem Lebensmittelskandal wird wieder der böse Verbraucher beschworen, der nicht bereit sei, vernünftige Preise für Essen zu zahlen. Nun ist es richtig, dass ein Hauptproblem des (deutschen) Lebensmittelmarkts ist, dass die Preise so niedrig sind, dass viele Produkte de facto unter den Herstellungskosten verkauft werden und dass dadurch gewisse Anreize entstehen, den Verbraucher zu täuschen (etwa Meerrettich als Wasabi, konventionell hergestellte Eier als Bio-Eier oder Pferde- als Rinder- oder Schweinefleisch zu deklarieren) und auch verdorbene oder minderwertige Ware zu verkaufen (Gammelfleisch im Döner, mit Aflatoxin verseuchte Milch). Was aber nicht unbedingt richtig ist, ist, dass „der Konsument“ nicht bereit sei zu zahlen.
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