Die Sharing Economy bewegt die Gesellschaft. Die Proteste französischer Taxifahrer gegen den Mitfahranbieter Uber und das verschärfte Zweckentfremdungsverbot für Berlin, das vor allem gegen Übernachtungsanbieter wie Airbnb gerichtet ist, verdeutlichen dies eindrucksvoll. Was kann eine soziologische Analyse dazu beitragen, das offenbar nicht friktionslose Verhältnis von teilender Wirtschaft und Gesellschaft besser zu verstehen?
Schlagwort: Differenzierung
Zu wenig Soziologie?
Eigentlich wollte ich hier etwas ganz anderes schreiben. Es sollte erst das Thema „Komplexität“, dann „Terror“ und dann (selbstverständlich) „Fuzzy-Logik“ behandelt werden. Dann aber habe ich mich zweimal geärgert: Das erste Mal nach einer Veranstaltung im Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen nach einem Vortrag von Herfried Münkler. Schöner Vortrag! Danach gesellte sich an den Schnittchenstehtisch ein mir bis heute unbekannter Mensch zu uns und fragte zunächst, ob mein von mir sehr geschätzter Gesprächspartner (Prof. Dr. El-Mafaalani) und ich auch Promovenden am KWI seien. Darüber müsste man sich nicht gleich ärgern, sondern könnte das unserem jugendlichen Antlitz zuschreiben und als Kompliment verstehen. Ich fürchte nur, so war es nicht gemeint. Denn wir hatten uns zuvor bereits als Soziologen „geoutet“ – und wenn die dann auch noch lange Haare haben…. Da haben wohl alle Vorurteile direkt getriggert. So ging es direkt dann auch (sinngemäß) weiter mit der Frage, wieso die Soziologie denn der Gesellschaft nichts mehr zu sagen habe und eigentlich sei deren Wissenschaftlichkeit ja in Frage zu stellen, wenn dieser gesellschaftliche Output nicht vorhanden sei. Nun ja, Rückzug, das Gespräch mit Aladin El-Mafaalani über die eigenen Forschungen zu Terrorismus und die Salafistenszene wurde vor der Tür fortgesetzt.
Von der populären Kultur zum populären Wissen (Schluß)
Im letzten Teil (3) habe ich argumentiert, dass die massiven Veränderungen der Kommunikationsstrukturen ebenso massive Folgen für die Struktur des gesellschaftlichen Wissens haben, die ich mit dem Begriff des „populären Wissens“ charakterisieren möchte. Für den Blog möchte ich Überlegungen weiterführen, die ich an anderer Stelle schon begonnen habe. Dem Thema wird auch ein kleines Rundgespräch gewidmet, das im September in Tübingen stattfinden wird.
Der Begriff des populären Wissens schließt an meinen Überlegungen zur „populären Religion“ an (Knoblauch 2009). Er darf jedoch nicht als eine Übertragung aus dem „System“ der Religion verstehen (obwohl ich sie für noch immer sehr „kulturbedeutsam“ halte). Denn die These der populären Religion besteht ja gerade darin, dass religiöses Wissen immer weniger von den auf Religion spezialisierten Institutionen verwaltet, vermittelt, ja möglicherweise kaum mehr entscheidend von ihnen geprägt wird. Vielmehr zeichnet sich in der religiösen Kommunikation eine Ablösung von den institutionellen Strukturen ab, wie sie in allgemeinerer Form als (natürlich keineswegs vollständige) Umstellung von einer „diskursiven“ zu einer „dialogischen Kommunikationsstruktur“ skizziert wird. Wie aber ebenso schon erwähnt, ist es mit der „Dialogizität“ dieser Kommunikationsstruktur keineswegs so weit her, wie man hoffen könnte. Ich denke, dass man sie besser durch den Begriff des „populären Wissens“ bezeichnen könnte.
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Grüezi mitenand! – Ein erster Eindruck vom SGS-Kongress in Bern
Heute ein Ausflug ins schöne Bern, um den Kongress der Schweizer Gesellschaft für Soziologie zu besuchen. Und darum hier ein ganz subjektiver Erfahrungsbericht der SozBloggerin:
Im ersten Panel, das ich jetzt gerade besuche, geht es um „Eliten- und Unterschichtenmedien: Abschichtung und Segmentierung der Öffentlichkeit“. Interessant ist, mit wie viel voraussetzungsreichen Begriffen dabei operiert wird, wie viel „unsichtbare“ Theorie in den Konzepten der empirischen, eher quantitativ orientierten Vorträge vorkommt. In vier Beiträgen wird der Wandel des Mediensystems im Hinblick auf soziale Schichtung in den Blick genommen. Drei Beiträge beschäftigten sich mit dem Wandel des Publikums und der medialen Angebote, der jetzt laufende, vierte Beitrag nimmt das „Prekariat des Schweizer Journalismus“ unter die Lupe.
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Qualitätskonventionen auf dem Milchmarkt
Ökonomische Konventionen sind nicht nur lokal unterschiedlich, sie unterscheiden sich auch innerhalb eines Marktes für bestimmte Marktsegmente – und sind damit ein wesentliches Mittel, um das sog. Koordinationsproblem (Beckert 2007) zu lösen: Aufgrund der Differenzierung der Produktionskette in Zulieferer, Produzenten, Handel und Konsumenten stellt sich die Frage, wie diese Komplexität gehandhabt und die Marktteilnehmer so koordiniert werden können, dass eine Aufrechterhaltung der Wertschöpfungskette möglich ist. Wie etwa findet ein Verkäufer den richtigen Käufer? Wie wird die richtige Menge produziert?
Praktiken des Haareschneidens. Verankerung von Wissen in ökonomischen Konventionen auf dem Friseurmarkt
Auf allen modernen Märkten ist Wissen ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Die Schwierigkeit besteht nicht nur darin, das Wissen weiterzugeben (denn nicht Alles, was es über ein Produkt zu wissen gibt, steht in Büchern), sondern auch darin, die hochdifferenzierte Produktionskette aufrechtzuerhalten. So ist etwa die Herstellung eines eigentlich so simplen Produkts wie des Joghurts mittlerweile so komplex wie die eines Autos, und es stellt sich die zusätzliche Frage, wie man die Produktion über viele verschiedene Firmen und noch dazu große Distanzen hinweg organisiert, ohne den Überblick zu verlieren.[1]
Wissen und Markt
Wissen ist heute ein bedeutender Wettbewerbsfaktor. Wissen bedeutet nicht nur „Wissensvorsprung“ (und die damit verbundenen Innovationen), sondern auch das Wissen darum, wie man die Differenzierung moderner Märkte handhabt. Insgesamt lässt sich im Ernährungsbereich im Bereich des Wissens eine Verschiebung der erforderlichen Wissensbestände weg vom Verbraucher hin zu „Experten“ insbesondere im Bereich der Produktion beobachten.
Innovation und Wettbewerb
Eine Folge der Differenzierung auf modernen Massenmärkten ist die zunehmende Störanfälligkeit und Risikoproduktion. Eine zweite ist die ist die zunehmende Bedeutung von Wissen als Wettbewerbsfaktor. „Wissen“ kann dabei zunächst „Wissensvorsprung“ meinen, d.h. First-Mover, die als erste eine Produkt- oder Prozessinnovation umsetzen, haben gegenüber Nachzüglern einen Wettbewerbsvorteil. Wenn ein Hersteller Marktführer ist, weil sein Produkt bezüglich einer Produkteigenschaft besser ist als andere, ist er im Vorteil, solange er ebenso an der Verbesserung des Produktes arbeitet wie die Konkurrenz. Damit entsteht ein permanenter Innovationszwang.
Komplexitätssteigerung und Risikoproduktion auf dem Lebensmittelmarkt
Die moderne Lebensmittelproduktion ist hochdifferenziert: Produziert wird in sehr langen, globalisierten Produktionsketten, die in komplexen Produzenten-Zulieferer-Netzwerken organisiert sind und sehr vielen Arbeitsschritte pro Produktionsstufe umfassen. Eine der Folgen ist die größere Störanfälligkeit der Gesamtproduktion, die auf Lebensmittelmärkten durch die spezifischen Machtverhältnisse auf dem Markt noch verstärkt wird.
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Globale Unternehmen und lokale Lebensverhältnisse. Der Einfluss der räumlichen Organisation der Produktion auf die Gesellschaft
Wie ich gestern beschrieben habe, bestehen zwischen verschiedenen Unternehmen, die Teil eines Produzenten-Zulieferer-Netzwerkes sind, marktspezifische, aber strukturelle Machtungleichgewichte, und diese werden nicht nur strategisch genutzt, sondern beeinflussen auch das Wettbewerbsverhalten nachhaltig. Auch zwischen (globalen) Unternehmen und Regionen bzw. der Gesellschaft bestehen Machtbeziehung: Da Unternehmen immer an bestimmten Orten produzieren, sind sie auf lokale Ressourcen angewiesen, beeinflussen aber gleichzeitig die lokale Sozialstruktur, d.h. die Lebenschancen der dort lebenden Menschen. Dieses Wechselverhältnis versuchen Unternehmen gezielt zu ihren Gunsten zu beeinflussen – ein maßgeblicher Faktor ist hierbei die Art und Weise, wie die Produktionskette räumlich organisiert ist.
Markt und Macht. Ein Vergleich des Joghurt- und Automobilmarkts
Entgegen der Annahme neoklassischer Theorien spielt Macht auf modernen Massenmärkten eine große Rolle. Einerseits sind Arbeits-, Finanz-, Medien- und Konsumgütermärkte politisch reguliert und durch politische Regulierung miteinander und mit anderen Handlungsfeldern verwoben. Andererseits ist aber auch das Marktgeschehen selbst durch Machtspiele geprägt, und die relativen Machtverhältnisse der verschiedenen Produktionsstufen beeinflussen maßgeblich das Wettbewerbsgeschehen.
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Konsumgütermärkte als komplexe Interaktionsketten. Ein Zwischenfazit
Anfang März hatte ich mir das Ziel gesteckt, meine Zeit auf diesem Blog einerseits zu nutzen, um verschiedene Textformate auszuprobieren, andererseits in dieser Zeit (im Sinne der „Public Sociology“, die Soziologie als Krisenwissenschaft deutet, die Deutungsangebote bereitstellt) ein aktuelles Thema herauszugreifen und zu diskutieren. Da ich selbst mich sehr stark für Märkte interessiere, habe ich angesichts der Lebensmittelskandale der vergangenen Monate den Lebensmittelmarkt als konkretes Beispiel einen Konsumgütermarkt ausgewählt, mit der Absicht, einen Beitrag zu dem Versuch leisten, moderne (Lebensmittel-)Märkte und die Risikoproduktion auf diesen Märkten besser verstehen. Da ich jetzt ungefähr bei der Hälfte meiner Schreibzeit angekommen bin und am Montag (zumindest hier in Berlin) die Vorlesungszeit anfängt, ist dies ein guter Zeitpunkt, um ein Zwischenfazit zu ziehen: Was habe ich bisher gemacht? Wie ordnen sich die bisherigen Beiträge in das Gesamtgefüge ein? Und was plane ich noch, in den nächsten Wochen zu schreiben?
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Auswirkungen der Geldwirtschaft auf Wirtschaft und Gesellschaft
Die Finanzkrisen der letzten Jahre können den Eindruck erwecken, dass die Finanzmärkte (und das Geld) die Ursachen allen Übels sind – sowohl für Krisen auf anderen Märkten, als auch für die Gesellschaft. Dabei vergisst man leicht, dass die Folgen durch und durch ambivalent sind – ungeachtet aller negativen Seiten wären moderne Gesellschaften ohne die Geldwirtschaft nicht möglich.
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Treiber der Geldentwicklung
Die moderne Geldwirtschaft hat sich nicht automatisch entwickelt. Vielmehr stabilisieren historisch eine Reihe endogener und exogener Faktoren die Geldentwicklung und treiben sie voran. Diese verschiedenen Ursachen der Geldentwicklung treiben sich nur wechselseitig voran, sondern die Geldentwicklung treibt – einmal in Gang gesetzt – auch ihre Ursachen voran, so dass ein komplexes dynamisches Wechselspiel entsteht.
Raum als Syntheseleistung, oder: Die vielen Gesichter Chinas
Zur sozialen Konstruktion von Raum bedarf es u.a. einer Syntheseleistung: Menschen fassen bestimmte Menschen- und Güteransammlungen zu Räumen – also zu einer Sinneinheit – zusammen, nehmen sie als solche wahr, stellen sie sich als solche vor und erinnern sich an sie auf diese Art und Weise (Löw 2001: 159, 263; Elias 1969). Dabei fassen wir durchaus auch recht Unterschiedliches und Heterogenes zusammen. So lesen wir etwa in der Presse immer wieder von „Deutschland“, „Frankreich“, „Großbritannien“ oder „China“, und wir gehen implizit dabei vom nationalstaatlichen institutionellen Rahmen sowie einer „kulturelle Einheit“ oder „Ähnlichkeit“ innerhalb des Raumes aus. Wie brüchig diese Konstruktion von Einheitlichkeit ist, wird am Beispiel von China deutlich.
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