Islamfeindlichkeit und Islamkritik

In meinem letzen Beitrag habe ich u.a. die Frage aufgeworfen, warum die Unterscheidung zwischen Islamkritik und Islamfeindlichkeit so schwer fällt. Daher folgen hierzu einige grundlegende Überlegungen und Fragestellungen, die insbesondere für eine sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Problemfeld heute und in der nächsten Zeit von Relevanz sein werden.

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Wie kann es eigentlich sein, dass sich die Soziologie kaum für Flucht und Grenzen interessiert (hat)?

In einem Kommentar zu einem der vorausgegangenen Blog-Einträge hat der geschätzte Kollege Albert Scherr folgende Fragen aufgeworfen, die ich hiermit aufgreifen möchte:

„Die „Flüchtlingskrise“ kann als Bewährungsprobe für die Soziologie verstanden werden, als Herausforderung an ihre Begriffsbildung, ihr analytisches Instrumentarium und ihr Selbstverständnis. Was wäre kritische Soziologie im Kontext der Flüchtlingsdiskurse? Beim Kongress entstand bei mir der Eindruck, dass sie jedoch schlicht als ein Feld unter anderen, ggf. als eine neue spezielle Soziologie kleingearbeitet und eingegrenzt wird. Verweigert die Soziologie die Auseinandersetzung mit der Herausforderung, die in der „Flüchtlingskrise“ deutlich wird, weil sie sich erfolgreich als nationale Sozialwissenschaft etabliert hat? Diese Frage bedarf m.E. der Diskussion.“

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„Kampf der Kulturen“ revisited

Ein Highlight des Kongresses war für mich der Vortrag von Andreas Reckwitz. Ohne das Themenfeld Flucht anzusprechen, behandelt er die Rahmenbedingungen der hitzigen Debatten und entwickelt ein Modell, mit dem sich die derzeitigen Diskurse einordnen lassen. Unter dem Titel „Kultur als Modus der Öffnung und Schließung in der Spätmoderne“ rekonstruiert er eine idealtypische Konfliktlinie in der gegenwärtigen nationalen und internationalen Auseinandersetzung mit kulturellen Unterschieden. Dabei seien zwei Regime der Kulturalisierung spezifisch für die Postmoderne. Den Begriff der Kulturalisierung versteht er zunächst in Opposition zum Begriff Rationalisierung. Während es bei der Rationalisierung als zentrales Strukturmerkmal der Moderne um Optimierung und Standardisierung (im Sinne des Mittels zum Zweck) geht, meint Kulturalisierung das Bewerten von Dingen, Werten und Symbolen (Valorisierung). Es geht also um die Konstruktion von Eigenwerten und Schützenswertem und infolgedessen um die Intensivierung von Affekten.

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Das Thema FLUCHT auf dem DGS Kongress

Aufgrund gesundheitlicher Probleme setze ich erst heute die Berichterstattung zum Soziologie-Kongress fort. Etwas spät, aber vielleicht lassen sich mit dem zeitlichen Abstand von etwa einer Woche die vielen Eindrücke übersichtlicher darstellen. Die Vielzahl parallel laufender Veranstaltungen erlaubte es lediglich einen Bruchteil der Vorträge zu hören. Daher sei vorab gesagt, dass es deutlich mehr Auseinandersetzungen mit dem Thema Flucht gab, als ich selbst beobachten konnte.

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Die Eröffnungsveranstaltung in Bamberg

Feierliche Eröffnungsveranstaltungen sind so eine Sache. Wissenschaftliche Kongresse sind keine Parteitage, bei denen die Eröffnungsreden die Richtung vorgeben und eine gewisse Stimmung erzeugen. Was bei der Eröffnung passiert ist mehr oder weniger unabhängig von dem, was vorab von Sektionen und Vortragenden vorbereitet wurde. Daher sollte man nicht zu viel erwarten. Andererseits wurden die Soziologinnen und Soziologen vom Krisenjahr 2015 kalt erwischt – es gibt keine etablierte soziologische Flüchtlingsforschung in Deutschland. Daher war ich durchaus gespannt, inwieweit es bei der Eröffnung gelingen kann, auf ein bisher wenig berücksichtigtes Themenfeld zu reagieren.  „Die Eröffnungsveranstaltung in Bamberg“ weiterlesen

Auf dem Weg nach Bamberg…

 

Soziologische Beobachtungen haben in aller Regel einen bestimmten Anlass – eine Forschungsfrage oder eine Problemstellung. Nimmt man sich nun vor, den 38. Soziologie-Kongress der DGS in Bamberg zu beobachten, dann wird eine spezifische Fragestellung umso notwendiger, denn es handelt sich um eine 5-tägige Veranstaltung mit etwa 2000 Teilnehmenden, mit etlichen Vorträgen von hunderten Personen, die zu beobachten wären. Naheliegend wäre es, sich zu fragen, was denn diesen Kongress von anderen Veranstaltungen unterscheidet. Den Vergleichshorizont könnten etwa 70 Tagungen und Kongresse bilden, an denen ich im Jahr 2016 bereits teilgenommen habe. Dabei handelte es sich um ganz unterschiedliche Vergleichsveranstaltungen, darunter etwa jene von Fachgesellschaften (u.a. Erziehungswissenschaft und Psychologie), Universitäten und Instituten im In- und Ausland (u.a. Israel, Kanada, Indien), Verbänden, Unternehmen, Kommunen, Ministerien und Parteien. Fast alle hatten gemein, dass – auf extrem unterschiedlichem Niveau – Fragen rund um das Themenfeld „Flucht“ aufgeworfen wurden. Und an dieser Stelle könnte man meinen, dass die Soziologie auf ihrer Hauptveranstaltung, zumal unter dem Rahmenthema „Geschlossene Gesellschaft“, hier die entscheidenden Fragen in unnachahmlicher Weise aufwirft und bearbeitet. Dieser Erwartung könnte man gegenüberstellen, dass man mit gutem Willen auf (vielleicht) eine Hand voll Veranstaltungen in den letzten Jahren verweisen könnte, in denen das Themenfeld „Flucht“ ernsthaft diskutiert wurde. Dieser Befund ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass die letzten Kongressthemen – aus heutiger Perspektive – genauso gut in die derzeitige Flüchtlingssituation gepasst hätten („Routinen der Krise – Krise der Routinen“, „Vielfalt und Zusammenhalt“, „Transnationale Vergesellschaftungen“). „Auf dem Weg nach Bamberg…“ weiterlesen