Liebe Soziolog*innen,

wir sind die Initiative „Für Gute Arbeit in der Wissenschaft“ und setzen uns für folgende Ziele ein:

  • Die Schaffung dauerhaft guter Arbeitsbedingungen für Beschäftigte an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen
  • Die Mobilisierung und Aktivierung der eigenen Fachgesellschaft sowie die Koordination des Mittelbaus in der DGS
  • Eine dauerhafte und gesicherte Repräsentanz des wissenschaftlichen Mittelbaus in den Organen der DGS

Vielleicht habt Ihr / haben Sie von unserer Petition „Für Gute Arbeit in der Wissenschaft – Offener Brief an die Deutsche Gesellschaft für Soziologie“ gehört und sogar unterschrieben? Seit August 2014 wurde der Offene Brief von über 2.700 Unterzeichner*innen unterstützt. Die darin enthaltenen Forderungen wurden auf der Mitgliederversammlung auf dem letzten DGS-Kongress im Oktober 2014 in Trier vorgestellt und auf einer Sonderveranstaltung diskutiert. Nicht zuletzt wurde so die Einrichtung des DGS-Ausschusses „Mittelbau in der DGS /Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft“  angestoßen. Der Ausschuss, in dem die Initiative mit drei Vertreter*innen mitwirkt, ist seit Januar 2015 tätig. Eine erste öffentliche Stellungnahme der DGS zu Beschäftigungsverhältnissen in der Wissenschaft wurde am 3. Februar 2016 veröffentlicht.

Ebenfalls im Februar 2016 wurde die Fachtagung „Soziologie als Beruf. Wissenschaftliche Praxis in der soziologischen Reflexion“ von uns mit organisiert. Am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) wurde zu den Folgen prekärer Beschäftigung für die Lebenssituation, das wissenschaftliche Selbstverständnis und die soziologische Wissensproduktion diskutiert und ein Selbstverständigungsprozess über Beschäftigungsbedingungen im Mittelbau angestoßen.

Auf dem nächsten DGS-Kongress soll im Audimax der Universität Bamberg am 27. September 2016 nun zum ersten Mal eine Mittelbauversammlung stattfinden, auf der wir gemeinsam unsere Anliegen formulieren und Handlungsstrategien besprechen wollen. (Bis Ende Mai gilt für die Anmeldung zum Kongress ein Early-Bild-Tarif.)

Bis Ende Juni bloggen wir von der Initiative „Für gute Arbeit in der Wissenschaft“ als Kollektiv. Darüber hinaus haben wir sowohl aus unseren Reihen, als auch aus dem Kreis der Tagungsteilnehmenden in Berlin Autor*innen eingeladen.

Wir freuen uns sehr auf Eure / Ihre Kommentare!!!

Vorschläge für Hashtags zum Weiterdiskutieren auf Twitter und Facebook: #SozBlog #GuteArbeit #GAidW #PrekäreWissenschaft

Teilende Wirtschaft und Gesellschaft

Die Sharing Economy bewegt die Gesellschaft. Die Proteste französischer Taxifahrer gegen den Mitfahranbieter Uber und das verschärfte Zweckentfremdungsverbot für Berlin, das vor allem gegen Übernachtungsanbieter wie Airbnb gerichtet ist, verdeutlichen dies eindrucksvoll. Was kann eine soziologische Analyse dazu beitragen, das offenbar nicht friktionslose Verhältnis von teilender Wirtschaft und Gesellschaft besser zu verstehen?

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Frische Lebensmittel. Qualitätskonventionen und die Organisation der Kühlkette in den USA, Deutschland und Asien

Essen kann verderben oder durch zu lange Lagerung Keime und Bakterien ansetzen, so dass Menschen beim Verzehr krank werden. Dies zu vermeiden, ist ein Grundproblem, mit dem Lebensmärkte historisch schon immer zu kämpfen hatten. So unterscheiden sich die USA, Europa und Asien grundsätzlich in den Qualitätskonventionen (Diaz-Bone/Salais 2012; Bessy 2012; Diaz-Bone 2012; Kädtler 2012), was „frische Lebensmittel“ sind, und entsprechend sind Produktionsketten komplett unterschiedlich organisiert, um Hygiene sicherzustellen und das Verderben von Nahrungsmitteln zu vermeiden.

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Unternehmen, die es nicht geben dürfte (2): Die Privatmolkerei Bauer

Nicht nur der Erfolg der Firma Müller-Milch, auch der Erfolg der Privatmolkerei J. Bauer GmbH & Co. KG[1] lässt sich mit der neoklassischen Theorie nicht erklären – allerdings aus völlig anderen Gründen als bei Müller. Die Firma Bauer hat nämlich in den ersten hundert Jahren ihrer Firmengeschichte keine Werbung gemacht – sich also aus Perspektive der Lehren des modernen Marketing geweigert, direkt mit ihren Kunden zu kommunizieren und sie so mit Informationen zu versorgen. Dennoch war sie in den 1980ern einer der Marktführer auf dem Joghurt-Markt.

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Der Konsum als vernachlässigtes Thema in der Soziologie

So produktiv die Differenzierung der Soziologie in spezielle Soziologien in vielen Bereichen ist, so problematisch ist, dass sie dadurch auch systematisch blinde Flecken entwickelt. Einer der blinden Flecken ist die Konsumsoziologie. Während der Konsum im Angelsächsischen ein breites und etabliertes Feld soziologischer Analyse ist (Ryan 2007), fristet das Thema in Deutschland ein Schattendasein. Dabei ergeben sich zahlreiche Verknüpfungsmöglichkeiten mit anderen Themenfeldern der Soziologie, die das Potenzial soziologischer Analyse deutlich erhöhen würden.

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Qualitätskonventionen auf dem Milchmarkt

Ökonomische Konventionen sind nicht nur lokal unterschiedlich, sie unterscheiden sich auch innerhalb eines Marktes für bestimmte Marktsegmente – und sind damit ein wesentliches Mittel, um das sog. Koordinationsproblem (Beckert 2007) zu lösen: Aufgrund der Differenzierung der Produktionskette in Zulieferer, Produzenten, Handel und Konsumenten stellt sich die Frage, wie diese Komplexität gehandhabt und die Marktteilnehmer so koordiniert werden können, dass eine Aufrechterhaltung der Wertschöpfungskette möglich ist. Wie etwa findet ein Verkäufer den richtigen Käufer? Wie wird die richtige Menge produziert?

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Praktiken des Haareschneidens. Verankerung von Wissen in ökonomischen Konventionen auf dem Friseurmarkt

Auf allen modernen Märkten ist Wissen ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Die Schwierigkeit besteht nicht nur darin, das Wissen weiterzugeben (denn nicht Alles, was es über ein Produkt zu wissen gibt, steht in Büchern), sondern auch darin, die hochdifferenzierte Produktionskette aufrechtzuerhalten. So ist etwa die Herstellung eines eigentlich so simplen Produkts wie des Joghurts mittlerweile so komplex wie die eines Autos, und es stellt sich die zusätzliche Frage, wie man die Produktion über viele verschiedene Firmen und noch dazu große Distanzen hinweg organisiert, ohne den Überblick zu verlieren.[1]

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Wissen und Markt

Wissen ist heute ein bedeutender Wettbewerbsfaktor. Wissen bedeutet nicht nur „Wissensvorsprung“ (und die damit verbundenen Innovationen), sondern auch das Wissen darum, wie man die Differenzierung moderner Märkte handhabt. Insgesamt lässt sich im Ernährungsbereich im Bereich des Wissens eine Verschiebung der erforderlichen Wissensbestände weg vom Verbraucher hin zu „Experten“ insbesondere im Bereich der Produktion beobachten.

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Innovation und Wettbewerb

Eine Folge der Differenzierung auf modernen Massenmärkten ist die zunehmende Störanfälligkeit und Risikoproduktion. Eine zweite ist die ist die zunehmende Bedeutung von Wissen als Wettbewerbsfaktor. „Wissen“ kann dabei zunächst „Wissensvorsprung“ meinen, d.h. First-Mover, die als erste eine Produkt- oder Prozessinnovation umsetzen, haben gegenüber Nachzüglern einen Wettbewerbsvorteil. Wenn ein Hersteller Marktführer ist, weil sein Produkt bezüglich einer Produkteigenschaft besser ist als andere, ist er im Vorteil, solange er ebenso an der Verbesserung des Produktes arbeitet wie die Konkurrenz. Damit entsteht ein permanenter Innovationszwang.

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Komplexitätssteigerung und Risikoproduktion auf dem Lebensmittelmarkt

Die moderne Lebensmittelproduktion ist hochdifferenziert: Produziert wird in sehr langen, globalisierten Produktionsketten, die in komplexen Produzenten-Zulieferer-Netzwerken organisiert sind und sehr vielen Arbeitsschritte pro Produktionsstufe umfassen. Eine der Folgen ist die größere Störanfälligkeit der Gesamtproduktion, die auf Lebensmittelmärkten durch die spezifischen Machtverhältnisse auf dem Markt noch verstärkt wird.

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Unternehmen, die es nicht geben dürfte (1): Müller-Milch

In den Blog-Beiträgen dieser Woche über das Verhältnis von Politik und Wirtschaft, Lobbyismus und Machtspiele auf Märkten habe ich argumentiert, dass auf Märkten auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen als den in der Neoklassik postulierten Preis- und Qualitätswettbewerb. So dürfte es etwa die Molkerei Alois Müller GmbH & Co. KG, den Hersteller von beliebten Produkten wie „Müllermilch“, „Joghurt mit der Ecke“ und „Froop“, laut Neoklassik nicht geben – oder zumindest dürfte er nicht so erfolgreich sein.[1]

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Neutrale Experten. Einfluss von Lobbyisten auf die Regulierung von Märkten

Märkte sind von Macht durchdrungen, und Marktakteure spielen untereinander Machtspiele um Marktmacht. Die Politik setzt die Spielregeln für den Markt und reguliert diesen (hoffentlich) – denn die anderen Marktakteure versuchen die Politik so zu beeinflussen, dass die Marktregeln zu ihren Gunsten verändert werden.

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Globale Unternehmen und lokale Lebensverhältnisse. Der Einfluss der räumlichen Organisation der Produktion auf die Gesellschaft

Wie ich gestern beschrieben habe, bestehen zwischen verschiedenen Unternehmen, die Teil eines Produzenten-Zulieferer-Netzwerkes sind, marktspezifische, aber strukturelle Machtungleichgewichte, und diese werden nicht nur strategisch genutzt, sondern beeinflussen auch das Wettbewerbsverhalten nachhaltig. Auch zwischen (globalen) Unternehmen und Regionen bzw. der Gesellschaft bestehen Machtbeziehung: Da Unternehmen immer an bestimmten Orten produzieren, sind sie auf lokale Ressourcen angewiesen, beeinflussen aber gleichzeitig die lokale Sozialstruktur, d.h. die Lebenschancen der dort lebenden Menschen. Dieses Wechselverhältnis versuchen Unternehmen gezielt zu ihren Gunsten zu beeinflussen – ein maßgeblicher Faktor ist hierbei die Art und Weise, wie die Produktionskette räumlich organisiert ist.

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Markt und Macht. Ein Vergleich des Joghurt- und Automobilmarkts

Entgegen der Annahme neoklassischer Theorien spielt Macht auf modernen Massenmärkten eine große Rolle. Einerseits sind Arbeits-, Finanz-, Medien- und Konsumgütermärkte politisch reguliert und durch politische Regulierung miteinander und mit anderen Handlungsfeldern verwoben. Andererseits ist aber auch das Marktgeschehen selbst durch Machtspiele geprägt, und die relativen Machtverhältnisse der verschiedenen Produktionsstufen beeinflussen maßgeblich das Wettbewerbsgeschehen.

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Die angebliche Ohnmacht der Politik. Über die Politische Regulierung von Märkten

Ob bei der Finanzkrise oder den aktuellen Lebensmittelskandalen – immer wieder gewinnt man den Eindruck, dass moderne Gesellschaften dem Wirtschaftsgeschehen hilflos ausgeliefert sind. Auch die Politik erscheint angesichts der Globalisierung ohnmächtiger Spielball der Märkte. Was lässt sich hierzu aus (wirtschafts-)soziologischer Perspektive sagen?

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