Warum Schweden?

Schweden wird „normal“, so wie der Kontinent. Zum ersten Mal seit langer Zeit funktioniert die Konsensmaschine nicht mehr richtig und die Regierung stürzt nach nur zwei Monaten. Das ist die erste Regierungskrise seit 1978 und die erste vorgezogene Neuwahl seit 1958. Stefan Löfven hatte, wie üblich, eine Minderheitsregierung gebildet, die in der Regel vergleichsweise bequem regieren kann, solange sie keine Mehrheit gegen sich hat. Auch in diesem Fall wäre das gelungen, denn der alternative Haushaltsentwurf der bürgerlichen Parteien hätte keine Mehrheit gefunden — wenn ihm nicht die rechtsextremen „Schwedendemokraten“ zugestimmt hätten. Der bürgerliche Entwurf unterschied sich zwar nicht sehr von dem der Regierung, aber die müsste nun einen Haushalt der Opposition umsetzen. Im März dürften Neuwahlen stattfinden, und dann wird sich zeigen, ob die Aufteilung des politischen Lebens in zwei Blöcke und die Rechtsextremen als Zünglein an der Waage Bestand haben wird. „Warum Schweden?“ weiterlesen

Synthetische Begriffsbildung: social engineering

Social engineering ist ein in der Forschung noch nicht definierter Begriff, obwohl er seit dem frühen 20. Jahrhundert vereinzelt durch die Literatur geistert. Am nächsten ist ihm noch die schwedische Historikerin Yvonne Hirdman gekommen in ihrem wichtigen Buch „Att lägga livet tillrätta“ (das ist irgendwo teilweise ins Englische übersetzt worden), weniger jedenfalls Karl Popper, der oft als Referenz genannt wird, weil es ihm vor allem um eine Abwehr totalitären Planungsdenkens ging. In einem DFG-Forschungsprojekt habe ich mich zusammen mit David Kuchenbuch, Timo Luks und Anette Schlimm etwa vier Jahre abgemüht, den Begriff zu profilieren, das waren außerordentlich gewinnbringende Diskussionen. Wir haben den Begriff weder aus den Quellen entwickelt, weil es ihn da kaum gibt, noch einfach definiert und dann an die Quellen herangetragen. Eher war es eine Art synthetisierendes Verfahren. Wir haben mit Hilfe von Theorien — Ludwik Fleck, Michel Foucault u.a. —, empirischer Studien und an den Quellen Felder, Themen und Akteure identifiziert und auf diese Weise immer mehr umrissen, was social engineering sein könnte und was nicht. „Synthetische Begriffsbildung: social engineering“ weiterlesen

Die Kolonisierung von Bildung und Wissenschaft durch Rankings: Einschränkung von Diversität und Behinderung des Erkenntnisfortschritts

Zur Empfehlung des DGS-Vorstandes, aus dem CHE-Ranking auszusteigen 1

Die Empfehlung des DGS-Vorstandes, aus dem CHE-Ranking auszusteigen, hat beim CHE Alarm ausgelöst. Das CHE sieht sich unberechtigter Kritik ausgesetzt und verweist auf das Informationsbedürfnis von Studierwilligen, Hochschulleitungen und Ministerien, das durch das CHE-Ranking befriedigt wird. Ich möchte hier aufzeigen, dass die Art, wie Rankings diese Informationsbedürfnisse befriedigen, Forschung und Lehre so tiefgreifend deformieren, dass sie ihre genuine Funktion für die Gesellschaft nicht mehr erfüllen können. Die Empfehlung des DGS-Vorstandes verdient deshalb vorbehaltlose Unterstützung.

„Die Kolonisierung von Bildung und Wissenschaft durch Rankings: Einschränkung von Diversität und Behinderung des Erkenntnisfortschritts“ weiterlesen