Ich habe mit Alva und Gunnar Myrdal zwei exemplarische Sozialingenieure untersucht. Die beiden zählten seit den frühen 1930er Jahren zur intellektuellen und politischen Elite erst Schwedens, dann der gesamten Welt (in Form der United Nations). Nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie beide derart weit aufgestiegen, dass sie sich die Chefposten bei der UN aussuchen konnten, wenn sie einmal mehr ihre Residenz wechseln wollten. Alva Myrdal bekam den Friedensnobelpreis, ihr Mann den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Sie haben einen irrwitzig umfangreichen Nachlass hinterlassen, weil Gunnar gesagt haben soll, dass dereinst junge Wissenschaftler sehen sollten, wie zwei große Menschen gedacht haben. Offenbar ist alles, was nicht verloren gegangen ist, im Archiv gelandet, darunter ein Konvolut mit etwa 8000 höchst privaten Briefen, die die beiden sich im Laufe ihres Lebens schrieben, weil es sie durch ihre professionelle Arbeit immer wieder an unterschiedliche Orte verschlug. Man kann wirklich nachvollziehen, wie zwei Giganten der Sozialpolitik dachten — nur anders als sie es sich vorgestellt haben. Das ist die Grundlage, um etwas noch Faszinierenderes zu beobachten: wie die beiden ihre Ehe zum Projekt gemacht haben, als Blaupause einer umfassenden Gesellschaftsreform. „Aus dem Leben der Sozialingenieure“ weiterlesen