Verschwunden, nicht gestorben. Warum sich die Raumsoziologie (trotzdem) wieder mit dem Dorf beschäftigen sollte

Mediale Evidenz: Verlorenes Land und sterbendes Dorf

Sie ist zurück, die tradierte kulturelle Dichotomie von Stadt und Land, genauer: von Land als Gegensatz zu Stadt – und vielleicht war sie nie verschwunden. In regelmäßiger Folge werden medial starke, meist negative Bilder von ländlichen Regionen gezeichnet, die sich vor allem auf deren prominenteste Siedlungsform beziehen: Vom „Siechtum deutscher Dörfer“ (Die Welt, 22.7.2014), dem Aussterben „ganzer Landstriche“ (SWR, 9.2.2016), so mancher Gemeinde, die „keine Zukunft“ habe (Die Zeit, 18.7.2013), einem „Tod auf Raten“ (Spiegel online, 23.4.2011) und dem „ersten deutschen Dorf“, das „dicht“ mache (Bild, 7.11.2007), ist da beispielsweise die Rede. Manche dieser Artikel scheinen erst in der jüngsten Vergangenheit – also nach über zwei Jahrzehnten Schrumpfung Ost – das Phänomen der (altersselektiven) Abwanderung zu entdecken, welche „die ländlichen Regionen stark verändern werde“, wie es ein Beitrag ganz zukunftssicher formuliert (Die Welt, 22.7.2014).

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Armut auf dem Lande. Ein Thema für Forschung und Politik auch in Deutschland?

Das Thema Armut in ländlichen Räumen ist in Deutschland weder in der sich seit den 1980er Jahren entwickelnden Armutsforschung sonderlich prominent, noch hat sich die Landsoziologie in der letzten Zeit näher mit dem Thema befasst. Auch im politischen Raum wird dem Thema hier wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Ich bin aber der Überzeugung, dass es gute Gründe dafür gibt, sich auch in Deutschland wieder intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Darlegen möchte ich das auf Grundlage einer Pilotstudie zu Auswirkungen von Armut in Rostock und in ländlichen Räumen Mecklenburg-Vorpommerns, in der ein Augenmerk auf der Bedeutung ehrenamtlichen Engagements für die Bewältigung der Folgen von Armut gelegt wurde. „Armut auf dem Lande. Ein Thema für Forschung und Politik auch in Deutschland?“ weiterlesen

Rurbanität am Beispiel des urbanen Gartenbaus in Bamberg

Zur Diskussion um Rurbanität

Vor 15 Jahren wies Jean-Didier Urbain darauf hin, dass dem Prozess der Urbanisierung im globalen Norden ein zweiter, entgegenlaufender Prozess zur Seite zu stellen sei (vgl. Urbain 2002). Dieser Prozess verweist auf die Ausbreitung ruraler Lebensweisen und Lebensstile in Städte und bringt dort neue Verhältnisse der Mischung aus Städtischem und Ländlichem hervor. Urbain spricht hier von der Ruralisierung des Urbanen und das Resultat dieses Prozesses mag man als Zustand der Rurbanität bezeichnen.

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Nische und Mainstream

Es gibt Menschen in unserer Gesellschaft, für die Ernährung und Landwirtschaft ein wichtiges Thema ist. Das geht nicht nur so weit, dass diese es bereits als eine politische Handlung auffassen, sich anders zu ernähren wie zum Beispiel vegan oder rohköstlich. Auch wird dem gesamten globalen Ernährungssystem (auch Agri-food-System genannt) diagnostiziert, sich in einer Krise zu befinden. Auf der anderen Seite gibt es ebenfalls Menschen in unserer Gesellschaft – unter ihnen auch Soziolog/innen -, die von dieser globalen Krise noch nie etwas gehört haben. Weder nehmen sie die Fast-Foodisierung als Krise wahr, noch die Demonstrationen unter dem Slogan „Wir haben es satt“, die jährlich im Januar aus Anlass der Grünen Woche in Berlin mit jeweils mehreren 10.000 Teilnehmer/innen stattfinden. Die Leute selbst, sind also unterschiedlicher Meinung darüber, was soziale Wirklichkeit ist und was nicht und wie sie zu bewerten sei.

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