Kriege, Kriegsgesellschaft, Zeitenwende

Kriege, Kriegsgesellschaft, Zeitenwende

Beitrag 12: Zivilgesellschaft im Krieg (II) – Theoretische Überlegungen

Theoretischer Ausgangspunkt unserer Überlegungen war Herbert Spencers Lehre vom „Industrial Type of Society“ und „Militant Type of Society“ aus dem späten 19. Jahrhundert.  Spencer, der Sozialdarwinist, hatte die Frage aufgeworfen, wie sich eine (Staats-)Gesellschaft aufstellen müsse, um für den „Kampf ums Dasein“ optimal gewappnet zu sein. Seine Antwort: Wir müssen zwischen Frieden und Krieg als äußeren Bedingungen gesellschaftlicher Entwicklungen unterscheiden. Unter (absolut) friedlichen Bedingungen ist die Gesellschaft am leistungsfähigsten, welche den Individuen weitreichende Freiheit lasse und den Staat darauf beschränke, Regeln für das Zusammenleben der Individuen zu setzen und ihre Durchführung zu garantieren. So sei z. B. Fürsorge für die Armen nicht Sache des Staates, sondern des karitativen Engagements freier Bürger. Ganz anders hingegen in (großen) Kriegen. Um das Überleben einer Gesellschaft unter Kriegsbedingungen zu gewährleisten, sei ihre Transformation in Richtung starker Staat, zentrale Steuerung insbesondere der Wirtschaft und eine diktatorische Herrschaft notwendig. Denn nur diese Bedingungen ermöglichten eine optimale Allokation der personellen und materiellen Ressourcen (insbesondere Soldaten, Waffen, Munition) für den Krieg (vgl. Beitrag 4).

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Beitrag 8: Der Erste Weltkrieg als paradigmatischer Fall kriegsgesellschaftlicher Transformation (II)

 Wie kann man die aktuelle Lage, die durch Kriege und Kriegsbedrohungen gekennzeichnet ist, soziologietheoretisch erfassen? Gängige soziologische Großtheorien konzipieren moderne Gesellschaft als zivile, also friedensbasierte Gesellschaft und blenden Kriege weitgehend aus.

Die hier vertretene Kriegsgesellschaftstheorie fokussiert hingegen, welche gesellschaftsstrukturellen Dynamiken moderne Kriege entfalten (können). Es geht also nicht um die Ursache, sondern um die Wirkung von Kriegen. Die Kriegsgesellschaftstheorie ist unterkomplex angelegt und versteht sich als heuristischer Rahmen für eine historisch-soziologische, gleichermaßen theoretische wie historische Analyse.

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Beitrag 6: Basistheoreme der Kriegsgesellschaftstheorie

Kriegsgesellschaftstheorie im hier verstandenen Sinn befasst sich mit durch Kriege ausgelöste Transformationen gesellschaftlicher Strukturen. Es geht also nicht um Ursachen, sondern um gesellschaftliche Wirkungen von Kriegen. Doch längst nicht jeder Krieg führt zu einer gesellschaftlichen Transformation. Ich habe im Beitrag 5 folgende Typen der gesellschaftstransformativen Kraft von Kriegen unterschieden: Kriegsgesellschaft (als Ergebnis kriegsbedingter gesellschaftlicher Transformation),  antizipative Kriegsgesellschaft (ohne manifesten Krieg in Erwartung eines großen, tendenziell totalen Krieges), Kriegführende Zivilgesellschaft (ohne gesellschaftliche Transformation), Zivilgesellschaft im Krieg (Kriegsbeteiligung ohne eigene Streitkräfte, gleichbleibende Basisstrukturen wie Markt und Demokratie bei verändertem institutionellem Arrangement), reine Zivilgesellschaft (ohne Kriegsbeteiligung und Kriegsbedrohung). Ich möchte in diesem Beitrag sieben Basistheoreme der Kriegsgesellschaftstheorie kurz skizzieren.

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