Kriege, Kriegsgesellschaft, Zeitenwende

Beitrag 13: Zivilgesellschaft im Krieg (III) – Zur Politik der BR Deutschland 2022-2025

von Volker Kruse

10.04./ 21.04.2025

Zeitenwende in einem gesellschaftstheoretischen, gesamtgesellschaftlich bezogenen Verständnis bedeutet hier den Übergang von einer reinen Zivilgesellschaft („von Freunden umzingelt“) zu einer Zivilgesellschaft im Krieg. Die Lage einer solchen ist gekennzeichnet durch äußere Bedrohung und  durch Verwicklung in einen „großen“ Krieg, ohne selbst in einen solchen mit eigenen Streitkräften einzutreten. Dem Typus einer Zivilgesellschaft im Krieg sind die USA 1940/41 zuzuordnen, als sie Großbritannien und die Sowjetunion gegen den deutschen Aggressionskrieg mit Waffen und Munition und anderen kriegswichtigen Materialien unterstützten, bevor sie durch den japanischen Angriff auf den Marinestützpunkt Pearl Harbour am 07. Dezember 1941 selbst zur Kriegsgesellschaft wurden (vgl. Beitrag 11). Aktuell ist es neben anderen europäischen Staaten die Bundesrepublik Deutschland, die den Bedingungen einer Zivilgesellschaft im Krieg unterliegt, indem sie die angegriffene Ukraine gegen Russland unterstützt und folgerichtig von Russland als Feind wahrgenommen wird.

Im vorangegangenen Blogbeitrag (12) wurde thematisiert, wie sich eine Zivilgesellschaft im Krieg theoretisch gesehen bedrohungsadäquat verhält. Die Politik muss vor allem für ein kriegstüchtiges Militär und für eine resiliente Gesellschaft sorgen, welche den mit äußerer Bedrohung verbunden Stress aushält. In diesem Beitrag wollen wir die Zivilgesellschaft im Krieg historisch-empirisch betrachten. Dafür bietet Deutschland unter der „Ampel“-Regierung und danach lehrreiches Anschauungsmaterial. Wir wollen analysieren, inwieweit ihre Politik bedrohungsadäquat, also bedrohungsvermindernd, bzw. nicht bedrohungsadäquat, also bedrohungsverstärkend agiert (hat). Die Prämissen dabei sind, dass (a) eine Bedrohung durch aggressive Imperien tatsächlich besteht und (b) dass eine Unterwerfung unter diese keine akzeptable Option darstellt. „Kriege, Kriegsgesellschaft, Zeitenwende“ weiterlesen

Soziologie und aktuelle Kriege

Beitrag 1: Die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland in der „Zeitenwende“

von Volker Kruse

Große, langdauernde, tendenziell totale Kriege nach Art der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts führen zu einer gesellschaftlichen Transformation, insbesondere zu einer Marginalisierung der Basisstrukturen Markt und Parlamentarische Demokratie zugunsten zentraler Steuerung und einer tendenziell diktatorischen Spitze. Das Ergebnis dieser Transformation nenne ich Kriegsgesellschaft. Als Gegenstück dazu kann die reine Zivilgesellschaft gelten, ohne Kriegsbeteiligung, ohne (wahrgenommene) äußere Bedrohung, „von Freunden umzingelt“ (Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe). Diesem Typus entsprach die deutsche Gesellschaft seit den 1990er Jahren bis zum 24. 02. 2022. Angesichts der nunmehr wahrgenommenen Bedrohung durch die neoimperialen Politik Russlands könnte sich die deutsche Gesellschaft in Richtung eines dritten Typus entwickeln, der Zivilgesellschaft im Krieg. Als sanktionierende Macht gegenüber dem Aggressor, als unterstützende Macht der angegriffenen Ukraine ist sie von den gesellschaftsverändernden Imperativen großer Kriege betroffen, aber eher in einem miniaturhaften Format. Das Ergebnis ist keine fundamentale gesellschaftliche Transformation, wohl aber ein erheblicher Wandel in Gesellschaft und Politik. „Zeitenwende“ bedeutet (kriegs)gesellschaftstheoretisch: Wandel von einer reinen Zivilgesellschaft zu einer Zivilgesellschaft im Krieg.

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