Wie könnte die Debatte um das Verhältnis von Recht und soziologischer Theoriebildung bzw. Forschung belebt werden? Zum Beispiel durch den Blick über den Tellerrand der eigenen Disziplin.
Interessante Literatur finden wir zu unserer Frage in einer Reihe von Nachbardisziplinen! Die Stiftung für die Weiterbildung schweizerischer Richterinnen und Richter publizierte etwa schon vor einigen Jahren die Studie „Der Richter und sein Bild/ Le juge et son image“. Welches Bild haben Richterinnen und Richter von sich selbst? Welches Bild finden wir in der Öffentlichkeit über das Recht und seine Richter? Damit verknüpft ist ein weiterer Band aus der schweizerischen Diskussion von Bernhard Ehrenzeller und Revital Ludewig-Kedmi zu den „Moraldilemmata“ von Richterinnen und Richtern sowie von Rechtsanwälten. Beide Bände zeigen das Recht als Praxis. Die Professionalität des Rechts wird sichtbar, vor allen Dingen ihre Handlungsbegrenzungen und ihre normativen Konflikte.
Wenn wir das Recht als soziologische Frage behandeln wollen, und wenn wir darauf abzielen, das Recht von der Gesellschaft her, und die Gesellschaft vom Recht her zu thematisieren, dann müssen wir das Recht auch von den Personen her betrachten, die es tragen und mit Leben füllen.
Hierzu gehören auch die Überlegungen zum „Ethos der Juristen“ von Ernst-Wolfgang Böckenförde, publiziert 2011. Wie geht gesellschaftlich „Rechtsfindung“ oder „Rechtsverwirklichung“? Das ist ja beileibe nicht nur eine institutionelle oder systemische, sondern vor allen Dingen eine stark personale Frage. Schließlich Cornelia Vismann, die Juristin, Historikerin und Kulturwissenschaftlerin, die „das Recht“ in den Bänden „Medien der Rechtsprechung“ oder „Das Recht und seine Mittel“ auf bemerkenswerte Weise ausleuchtet. Das Theater des Rechts wird hier zum Gegenstand. Sein Personal, sein Bühnenaufbau, seine Requisiten. Die Tische im Gerichtssaal und die unterschiedliche Polsterung der Stühle, der Aktenvermerk und das Verschwinden von Akten, das Reden und das Schweigen in der Inszenierung des Rechts, das Regieren und Verwalten in den Rechtsordnungen der Bürokratie. Nebenbei wird auf diese Weise auch noch die Geschichte des modernen (Rechts-)Staates erzählt. Sehr empfehlenswert!