Ökonomische Konventionen sind nicht nur lokal unterschiedlich, sie unterscheiden sich auch innerhalb eines Marktes für bestimmte Marktsegmente – und sind damit ein wesentliches Mittel, um das sog. Koordinationsproblem (Beckert 2007) zu lösen: Aufgrund der Differenzierung der Produktionskette in Zulieferer, Produzenten, Handel und Konsumenten stellt sich die Frage, wie diese Komplexität gehandhabt und die Marktteilnehmer so koordiniert werden können, dass eine Aufrechterhaltung der Wertschöpfungskette möglich ist. Wie etwa findet ein Verkäufer den richtigen Käufer? Wie wird die richtige Menge produziert?
Praktiken des Haareschneidens. Verankerung von Wissen in ökonomischen Konventionen auf dem Friseurmarkt
Auf allen modernen Märkten ist Wissen ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Die Schwierigkeit besteht nicht nur darin, das Wissen weiterzugeben (denn nicht Alles, was es über ein Produkt zu wissen gibt, steht in Büchern), sondern auch darin, die hochdifferenzierte Produktionskette aufrechtzuerhalten. So ist etwa die Herstellung eines eigentlich so simplen Produkts wie des Joghurts mittlerweile so komplex wie die eines Autos, und es stellt sich die zusätzliche Frage, wie man die Produktion über viele verschiedene Firmen und noch dazu große Distanzen hinweg organisiert, ohne den Überblick zu verlieren.[1]
Wissen und Markt
Wissen ist heute ein bedeutender Wettbewerbsfaktor. Wissen bedeutet nicht nur „Wissensvorsprung“ (und die damit verbundenen Innovationen), sondern auch das Wissen darum, wie man die Differenzierung moderner Märkte handhabt. Insgesamt lässt sich im Ernährungsbereich im Bereich des Wissens eine Verschiebung der erforderlichen Wissensbestände weg vom Verbraucher hin zu „Experten“ insbesondere im Bereich der Produktion beobachten.
Innovation und Wettbewerb
Eine Folge der Differenzierung auf modernen Massenmärkten ist die zunehmende Störanfälligkeit und Risikoproduktion. Eine zweite ist die ist die zunehmende Bedeutung von Wissen als Wettbewerbsfaktor. „Wissen“ kann dabei zunächst „Wissensvorsprung“ meinen, d.h. First-Mover, die als erste eine Produkt- oder Prozessinnovation umsetzen, haben gegenüber Nachzüglern einen Wettbewerbsvorteil. Wenn ein Hersteller Marktführer ist, weil sein Produkt bezüglich einer Produkteigenschaft besser ist als andere, ist er im Vorteil, solange er ebenso an der Verbesserung des Produktes arbeitet wie die Konkurrenz. Damit entsteht ein permanenter Innovationszwang.
Komplexitätssteigerung und Risikoproduktion auf dem Lebensmittelmarkt
Die moderne Lebensmittelproduktion ist hochdifferenziert: Produziert wird in sehr langen, globalisierten Produktionsketten, die in komplexen Produzenten-Zulieferer-Netzwerken organisiert sind und sehr vielen Arbeitsschritte pro Produktionsstufe umfassen. Eine der Folgen ist die größere Störanfälligkeit der Gesamtproduktion, die auf Lebensmittelmärkten durch die spezifischen Machtverhältnisse auf dem Markt noch verstärkt wird.
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Unternehmen, die es nicht geben dürfte (1): Müller-Milch
In den Blog-Beiträgen dieser Woche über das Verhältnis von Politik und Wirtschaft, Lobbyismus und Machtspiele auf Märkten habe ich argumentiert, dass auf Märkten auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen als den in der Neoklassik postulierten Preis- und Qualitätswettbewerb. So dürfte es etwa die Molkerei Alois Müller GmbH & Co. KG, den Hersteller von beliebten Produkten wie „Müllermilch“, „Joghurt mit der Ecke“ und „Froop“, laut Neoklassik nicht geben – oder zumindest dürfte er nicht so erfolgreich sein.[1]
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Neutrale Experten. Einfluss von Lobbyisten auf die Regulierung von Märkten
Märkte sind von Macht durchdrungen, und Marktakteure spielen untereinander Machtspiele um Marktmacht. Die Politik setzt die Spielregeln für den Markt und reguliert diesen (hoffentlich) – denn die anderen Marktakteure versuchen die Politik so zu beeinflussen, dass die Marktregeln zu ihren Gunsten verändert werden.
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Globale Unternehmen und lokale Lebensverhältnisse. Der Einfluss der räumlichen Organisation der Produktion auf die Gesellschaft
Wie ich gestern beschrieben habe, bestehen zwischen verschiedenen Unternehmen, die Teil eines Produzenten-Zulieferer-Netzwerkes sind, marktspezifische, aber strukturelle Machtungleichgewichte, und diese werden nicht nur strategisch genutzt, sondern beeinflussen auch das Wettbewerbsverhalten nachhaltig. Auch zwischen (globalen) Unternehmen und Regionen bzw. der Gesellschaft bestehen Machtbeziehung: Da Unternehmen immer an bestimmten Orten produzieren, sind sie auf lokale Ressourcen angewiesen, beeinflussen aber gleichzeitig die lokale Sozialstruktur, d.h. die Lebenschancen der dort lebenden Menschen. Dieses Wechselverhältnis versuchen Unternehmen gezielt zu ihren Gunsten zu beeinflussen – ein maßgeblicher Faktor ist hierbei die Art und Weise, wie die Produktionskette räumlich organisiert ist.
Markt und Macht. Ein Vergleich des Joghurt- und Automobilmarkts
Entgegen der Annahme neoklassischer Theorien spielt Macht auf modernen Massenmärkten eine große Rolle. Einerseits sind Arbeits-, Finanz-, Medien- und Konsumgütermärkte politisch reguliert und durch politische Regulierung miteinander und mit anderen Handlungsfeldern verwoben. Andererseits ist aber auch das Marktgeschehen selbst durch Machtspiele geprägt, und die relativen Machtverhältnisse der verschiedenen Produktionsstufen beeinflussen maßgeblich das Wettbewerbsgeschehen.
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Die Koppelung von Arbeitsmarkt und Sozialstaat über das Ernährer-Hausfrau-Modell
Einer der stärksten politisch regulierten Märkte ist der Arbeitsmarkt. Arbeitsmarkt und Sozialstaatsind in fast allen Industrieländern eng miteinander gekoppelt, d.h. gesetzliche Rahmenbedingungen fördern bestimmte Lebensformen (und erschweren damit gleichzeitig andere). In West-Deutschland weisen diese institutionellen Arrangements (die nach der Wende zumindest teilweise auf Ostdeutschland übertragen wurden) seit Mitte der 1960er zusätzlich eine Geschlechterkomponente auf (Baur 2007, Hofmeister et al. 2009). Wie sieht diese spezifische Koppelung aus?
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Die angebliche Ohnmacht der Politik. Über die Politische Regulierung von Märkten
Ob bei der Finanzkrise oder den aktuellen Lebensmittelskandalen – immer wieder gewinnt man den Eindruck, dass moderne Gesellschaften dem Wirtschaftsgeschehen hilflos ausgeliefert sind. Auch die Politik erscheint angesichts der Globalisierung ohnmächtiger Spielball der Märkte. Was lässt sich hierzu aus (wirtschafts-)soziologischer Perspektive sagen?
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Konsumgütermärkte als komplexe Interaktionsketten. Ein Zwischenfazit
Anfang März hatte ich mir das Ziel gesteckt, meine Zeit auf diesem Blog einerseits zu nutzen, um verschiedene Textformate auszuprobieren, andererseits in dieser Zeit (im Sinne der „Public Sociology“, die Soziologie als Krisenwissenschaft deutet, die Deutungsangebote bereitstellt) ein aktuelles Thema herauszugreifen und zu diskutieren. Da ich selbst mich sehr stark für Märkte interessiere, habe ich angesichts der Lebensmittelskandale der vergangenen Monate den Lebensmittelmarkt als konkretes Beispiel einen Konsumgütermarkt ausgewählt, mit der Absicht, einen Beitrag zu dem Versuch leisten, moderne (Lebensmittel-)Märkte und die Risikoproduktion auf diesen Märkten besser verstehen. Da ich jetzt ungefähr bei der Hälfte meiner Schreibzeit angekommen bin und am Montag (zumindest hier in Berlin) die Vorlesungszeit anfängt, ist dies ein guter Zeitpunkt, um ein Zwischenfazit zu ziehen: Was habe ich bisher gemacht? Wie ordnen sich die bisherigen Beiträge in das Gesamtgefüge ein? Und was plane ich noch, in den nächsten Wochen zu schreiben?
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Grenzen inmitten der Stadt einziehen. Die Konstruktion des Heiligen im öffentlichen Raum
Laut Georg Simmel gehört zu den Eigenheiten der modernen Gesellschaft ihre Ambivalenz – globale Trends gehen mit lokalen Besonderheiten einher. Ein Beispiel für solche lokalen Beharrlichkeiten ist der thailändische Buddhismus. Wie überall, verliert die Religion im Zuge der Modernisierung auch in Thailand auf den ersten Blick an Bedeutung. Sie verschwindet (scheinbar) aus dem Alltag und wird an den Rand der Gesellschaft gedrängt – räumlich symbolisiert dadurch, dass der moderne Mensch in Großstädten wie Bangkok lebt, während der Mönch klassischerweise in Klöster in Wäldern und Bergen abseits jeglicher Zivilisation pilgert und sich dort zurückzieht. Diese Pilgerschaften werden neuerdings zurück in den öffentlichen Raum inmitten der Stadt geholt – wodurch sich die Frage stellt, wie man in einer modernen Metropole die Grenzen zwischen Heiligem und Profanen zieht.
Auswirkungen der Geldwirtschaft auf Wirtschaft und Gesellschaft
Die Finanzkrisen der letzten Jahre können den Eindruck erwecken, dass die Finanzmärkte (und das Geld) die Ursachen allen Übels sind – sowohl für Krisen auf anderen Märkten, als auch für die Gesellschaft. Dabei vergisst man leicht, dass die Folgen durch und durch ambivalent sind – ungeachtet aller negativen Seiten wären moderne Gesellschaften ohne die Geldwirtschaft nicht möglich.
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Treiber der Geldentwicklung
Die moderne Geldwirtschaft hat sich nicht automatisch entwickelt. Vielmehr stabilisieren historisch eine Reihe endogener und exogener Faktoren die Geldentwicklung und treiben sie voran. Diese verschiedenen Ursachen der Geldentwicklung treiben sich nur wechselseitig voran, sondern die Geldentwicklung treibt – einmal in Gang gesetzt – auch ihre Ursachen voran, so dass ein komplexes dynamisches Wechselspiel entsteht.