Freude, Frust und Leiden(schaft): Fußball und die Soziologie der Emotionen

David gegen Goliath

Nach dem Einzug der marokkanischen Fußballer ins Halbfinale der WM gingen Bilder von feiernden Fans um die Welt – Fans in Marokko, anderen arabischen Ländern, aber auch in vielen europäischen Großstädten. Dass erstmals ein afrikanisches Team unter die besten vier Mannschaften kommt und sich gegen spielstarke Gegner durchsetzen konnte, ist unerwartet und zählt sicher zu der größten sportlichen Überraschung des Turniers. Wenn David gegen Goliath gewinnt, löst das besonders starke Emotionen aus. Überraschende Erfolge werden intensiver erlebt als Siege, mit denen man fest gerechnet hat. Autokorsos und spontane öffentliche Feiern, nicht nur in Rabat und Casablanca, sondern auch in Paris, Brüssel, New York und anderen Städten, dokumentieren einen Ausbruch von Freude und Stolz unter den marokkanischen Fans, während die Anhänger der französischen „Equipe Tricolore“ wohl erst bei der Titelverteidigung ähnlich enthusiastisch reagieren würden. Was los wäre, sollten die „Löwen vom Atlas“ auch Frankreich schlagen, kann man sich kaum vorstellen.

„Freude, Frust und Leiden(schaft): Fußball und die Soziologie der Emotionen“ weiterlesen

“Sport and politics don’t mix”, oder etwa doch?

Die Fußball-WM der politischen Symbolik

Eine bei der Hymne schweigende iranische Mannschaft; englische Fußballer, die sich zum Anpfiff gegen Rassismus niederknien; Dänen, die in schwarzen Shirts trainieren, der Farbe der Trauer; die DFB-Elf, die sich den Mund zuhält; zahlreiche arabische Zuschauer*innen mit „Free Palestine“-Zeichen – so viele politische Gesten wie bei dieser WM gab es selten irgendwo im Spitzensport. Und obwohl bereits die letzte WM in Russland in stärkerem Maße politisiert war, erleben wir aktuell nochmals eine Zuspitzung. Selten zuvor wurde medial so ausgiebig über politische Symbolik berichtet. Der Mythos vom „unpolitischen Sport“ bzw. der Satz „Sport and politics don’t mix“ – aktuell scheint beides nicht mehr zu gelten. Für uns ist das ein Anlass auch hier im Blog die Frage aufzugreifen: Dürfen oder sollen Fußballer die globale Bühne des World Cup für politische Äußerungen benutzen?

„“Sport and politics don’t mix”, oder etwa doch?“ weiterlesen

„Sportswashing“: Mit der Fußball-WM zur Imageverbesserung – ein kluger Scha[i]chzug?

Der Spitzensport als „Waschmittel“ für ein sauberes Image

Im Zusammenhang mit der Fußball-WM in Katar fällt immer häufiger der Begriff „Sportswashing“. Ursprünglich nutzten vor allem NGOs wie Amnesty International den Begriff. Inzwischen hat er sich aber auch in den Medien etabliert. In der Sportwissenschaft ist der Begriff ebenfalls angekommen, wird aber im Hinblick auf seine analytische Tragfähigkeit und seine Trennschärfe gegenüber ähnlichen Begriffen kritisch diskutiert.

„„Sportswashing“: Mit der Fußball-WM zur Imageverbesserung – ein kluger Scha[i]chzug?“ weiterlesen

Schauen oder nicht schauen, das ist hier die Frage: Die kontroverseste Fußball-WM aller Zeiten steht uns bevor

Ein globales „Mega-Event“?

Der FIFA World Cup gehört unbestritten zu den wenigen wirklich globalen Ereignissen. Rund 3,2 Milliarden Menschen auf diesem Planeten, so schätzt die FIFA, werden einschalten, wenn ab 20. November in Katar gegen den Ball getreten wird. Diese mediale Reichweite ist beeindruckend. Auch andere Dimensionen der WM sind gewaltig: Einschließlich der Stadionbauten hat Katar knapp 150 Milliarden Euro für die Ausrichtung des Turniers verplant – das ist mehr als die letzten fünf Endrundenturniere gemeinsam gekostet haben. Hinzu kommen dreistellige Milliardenbeträge für Infrastrukturprojekte, wie z.B. ein Autobahnring um Doha oder neue U-Bahnlinien. Bisherige Weltmeisterschaften haben bis zu 3 Millionen ausländische Tourist*innen angezogen. Schätzungen zufolge werden diesmal nur halb so viele Menschen in das kleine Golfemirat reisen. Trotzdem: Nimmt man einen Klassifikationsvorschlag für Großereignisse, den Michael Müller in seinem Beitrag „What makes an event a mega-event?“ macht, als Bezugspunkt, dann ist der FIFA World Cup in Katar gar kein Mega-Event, sondern noch mehr: ein „Giga-Event“. Größer geht es nicht.

„Schauen oder nicht schauen, das ist hier die Frage: Die kontroverseste Fußball-WM aller Zeiten steht uns bevor“ weiterlesen

…Elter sein dagegen sehr

Sind Väter die besseren Mütter? fragte das Wochenmagazin Der Spiegel in seiner Weihnachtsausgabe 2015. Woraufhin – erwartbar – eine kleine erboste Reaktionswelle durch unsere mediale Echokammer ging: Überwiegend kritisch, manchmal enttäuscht und bisweilen lakonisch-zynisch kommentierten online-dads die Texte im Spiegel. Die online-moms waren – nicht minder erwartbar – noch lakonischer und verärgerter.  „…Elter sein dagegen sehr“ weiterlesen