Kapital und Arbeit im akademischen Shareholder-Kapitalismus (Teil 2)

Fatale Allianzen auf dem deutschen Sonderweg zur wissenschaftlichen Exzellenz

Ein Gastbeitrag in zwei Teilen von Richard Münch, Bamberg

Dies ist die Fortsetzung von Teil 1 vom 27. Mai

 

Nachdem im ersten Teil dieses Beitrags drei zentrale Entwicklungstrends des akademischen Shareholder-Kapitalismus skizziert wurden, sollen in diesem abschließenden Teil zwei Faktoren beleuchtet werden, die erklären, warum diese Entwicklung trotz ihrer unübersehbaren negativen Konsequenzen unbeirrt vorangetrieben wird.

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Kapital und Arbeit im akademischen Shareholder-Kapitalismus (Teil 1)

Fatale Allianzen auf dem deutschen Sonderweg zur wissenschaftlichen Exzellenz

Ein Gastbeitrag in zwei Teilen von Richard Münch, Bamberg

 

Bund und Länder werden also die Exzellenzinitiative zur Förderung der Spitzenforschung an den deutschen Universitäten fortsetzen. Die meist gebrauchte Formel der Lobpreisung dieses Programms ist die Erhöhung der internationalen Sichtbarkeit der Forschung in Deutschland. Wer etwas von dem Geldfluss von jährlich 533 Millionen Euro abbekommt, kann sich freuen und in den Lobgesang der Forschungspolitik einstimmen. Es scheint ja auf der Hand zu liegen, dass 533 Millionen Euro mehr auch um genau diesen Betrag mehr neue Erkenntnisse pro Jahr hervorbringen werden.

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Studentische Hilfskräfte und Mitarbeiter*innen. Feldsozialisation und studentische Arbeitskraftunternehmer*innen

Ein Gastbeitrag von Alexander Lenger, Karlsruhe, und Christian Schneickert, Magdeburg

 

Fragt man nach den strukturierenden Faktoren einer akademischen Karriere kommt man nicht umher, die zentrale Bedeutung einer Anstellung als studentische Hilfskraft anzuerkennen (wir sprechen im Folgenden auch von studentischen Mitarbeiter*innen, abgekürzt StuMi, um der Heterogenität der Anstellungsverhältnisse und Tätigkeitsbereiche gerecht zu werden und den unglücklichen, aber gängigen Begriff des ‚Hiwi‘ zu umgehen). Empirisch ist hinreichend belegt, dass die Tätigkeit als StuMi besondere Chancen für eine akademische Karriere eröffnet (BMBF 2006; Lenger 2008; Jaksztat2014). Entsprechend wird in der Ratgeberliteratur für Studierende und Nachwuchswissenschaftler*innen auch explizit hervorgehoben, dass ein Einstieg in die Hochschulkarriere idealtypisch über eine Anstellung als studentische Mitarbeiter*innen gelingt (Rompa 2010; Kaiser 2015). Vor diesem Hintergrund werden die entformalisierten Beschäftigungsverhältnisse von StuMis – ähnlich denen des akademischen Mittelbaus – mit deren wissenschaftlichen Weiterbildungseffekt gerechtfertigt (Regelmann 2004, 4).

Die Rolle von studentischen Hilfskräften im deutschen Hochschulwesen ist aber noch wesentlich komplexer. „Studentische Hilfskräfte und Mitarbeiter*innen. Feldsozialisation und studentische Arbeitskraftunternehmer*innen“ weiterlesen

Prekäre Wissensarbeit im akademischen Kapitalismus (Teil 3)

Strukturen, Subjektivitäten und Organisierungsansätze in Mittelbau und Fachgesellschaften

Ein Beitrag in drei Teilen von Peter Ullrich, Berlin

Dies ist die Fortsetzung von Teil 2 vom 13. Mai

 

3.2       Die Initiative „Für Gute Arbeit in der Wissenschaft“ in der Soziologie

Der Ansatz der Initiative, die Soziolog*innen in unterschiedlichsten Positionen umfasst (Promovierende, Postdocs, Juniorprofs, freiberuflich Forschende, außerakademisch Tätige) lässt sich als Versuch der Politisierung und ‚Indienstnahme‘ der Fachgesellschaft beschreiben (Amelung, Edinger, Rogge, u. a. 2015; Amelung, Edinger, Keil, u. a. 2015). Sie ist eines der möglichen Foren für eine Politisierung der Auseinandersetzungen über Beschäftigung in der Wissenschaft, das bisher in dieser Sache nicht in Erscheinung getreten ist. Somit handelt es sich um einen Versuch, eine Arena zu finden, in der angesichts der Abschottung der struktursetzenden Bundes- und Landespolitik Zwischenschritte zur Verbesserung der Lage des Mittelbaus erreicht werden könnten. „Prekäre Wissensarbeit im akademischen Kapitalismus (Teil 3)“ weiterlesen

Prekäre Wissensarbeit im akademischen Kapitalismus (Teil 2)

Strukturen, Subjektivitäten und Organisierungsansätze in Mittelbau und Fachgesellschaften

Ein Beitrag in drei Teilen von Peter Ullrich, Berlin

Dies ist die Fortsetzung von Teil 1 vom 09. Mai.

 

3         Handlungshindernisse und Handlungsansätze im Mittelbau

3.1       Konfliktfähigkeit und Anspruchsniveaus – Herausforderungen in der Organisation des wissenschaftlichen Prekariats

Die beschriebene Situation ist also wissenschaftsfeindlich, da sie die akademische Freiheit und die wissenschaftliche Rationalität untergräbt (Münch 2011; Demirović 2015); sie ist beschäftigtenfeindlich, weil sie inakzeptablen Flexibilisierungsdruck und hochgradig prekäre Beschäftigungsperspektiven zur Grundlage des Funktionierens der deutschen Wissenschaft macht. Und sie ist ein Problem für die Handlungsfähigkeit der betroffenen Bildungs- und Wissensarbeiter*innen und damit für den akademischen Mittelbau, das beim Organisieren dieser Interessen Berücksichtigung finden muss. Das grundlegende Problem ist die äußerst geringe Konfliktfähigkeit[1] der Beschäftigten. Sowohl ihre strukturelle Situation als auch ihre Subjektivität erschweren einen Einsatz für eine Verbesserung ihrer Situation. „Prekäre Wissensarbeit im akademischen Kapitalismus (Teil 2)“ weiterlesen

Prekäre Wissensarbeit im akademischen Kapitalismus (Teil 1)

Strukturen, Subjektivitäten und Organisierungsansätze in Mittelbau und Fachgesellschaften

Ein Beitrag in drei Teilen von Peter Ullrich, Berlin

1         Vom Leiden des „Nachwuchses“

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine der großen Zeitungen oder andere Medien das Leid der akademischen Beschäftigten thematisieren. Herzzerreißende Geschichten erzählen von höchstqualifizierten Spezialist*innen im Alter zwischen 35 und 50, die sich mit Kettenverträgen und Teilzeitstellen kürzester Laufzeit herumschlagen oder in der Blüte ihres Berufslebens gezwungen sind, aus der Wissenschaft auszusteigen und – eigentlich viel zu spät – beruflich noch einmal von vorn zu beginnen. Sie erzählen vom ewig aufgeschobenen Kinderwunsch, der sich mit der völlig unsicheren Einkommenssituation und der geforderten Mobilität schlecht verträgt, von unbezahlter Arbeit, von Stress, kurz: von hochgradig prekären Beschäftigungsverhältnissen. Und doch erzählen sie zugleich von nicht enden wollendem Engagement und grenzenloser Begeisterung der ‚Betroffenen‘, die mit Leib und Seele Wissenschaft betreiben (wollen). „Prekäre Wissensarbeit im akademischen Kapitalismus (Teil 1)“ weiterlesen

Liebe Soziolog*innen,

wir sind die Initiative „Für Gute Arbeit in der Wissenschaft“ und setzen uns für folgende Ziele ein:

  • Die Schaffung dauerhaft guter Arbeitsbedingungen für Beschäftigte an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen
  • Die Mobilisierung und Aktivierung der eigenen Fachgesellschaft sowie die Koordination des Mittelbaus in der DGS
  • Eine dauerhafte und gesicherte Repräsentanz des wissenschaftlichen Mittelbaus in den Organen der DGS

Vielleicht habt Ihr / haben Sie von unserer Petition „Für Gute Arbeit in der Wissenschaft – Offener Brief an die Deutsche Gesellschaft für Soziologie“ gehört und sogar unterschrieben? Seit August 2014 wurde der Offene Brief von über 2.700 Unterzeichner*innen unterstützt. Die darin enthaltenen Forderungen wurden auf der Mitgliederversammlung auf dem letzten DGS-Kongress im Oktober 2014 in Trier vorgestellt und auf einer Sonderveranstaltung diskutiert. Nicht zuletzt wurde so die Einrichtung des DGS-Ausschusses „Mittelbau in der DGS /Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft“  angestoßen. Der Ausschuss, in dem die Initiative mit drei Vertreter*innen mitwirkt, ist seit Januar 2015 tätig. Eine erste öffentliche Stellungnahme der DGS zu Beschäftigungsverhältnissen in der Wissenschaft wurde am 3. Februar 2016 veröffentlicht.

Ebenfalls im Februar 2016 wurde die Fachtagung „Soziologie als Beruf. Wissenschaftliche Praxis in der soziologischen Reflexion“ von uns mit organisiert. Am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) wurde zu den Folgen prekärer Beschäftigung für die Lebenssituation, das wissenschaftliche Selbstverständnis und die soziologische Wissensproduktion diskutiert und ein Selbstverständigungsprozess über Beschäftigungsbedingungen im Mittelbau angestoßen.

Auf dem nächsten DGS-Kongress soll im Audimax der Universität Bamberg am 27. September 2016 nun zum ersten Mal eine Mittelbauversammlung stattfinden, auf der wir gemeinsam unsere Anliegen formulieren und Handlungsstrategien besprechen wollen. (Bis Ende Mai gilt für die Anmeldung zum Kongress ein Early-Bild-Tarif.)

Bis Ende Juni bloggen wir von der Initiative „Für gute Arbeit in der Wissenschaft“ als Kollektiv. Darüber hinaus haben wir sowohl aus unseren Reihen, als auch aus dem Kreis der Tagungsteilnehmenden in Berlin Autor*innen eingeladen.

Wir freuen uns sehr auf Eure / Ihre Kommentare!!!

Vorschläge für Hashtags zum Weiterdiskutieren auf Twitter und Facebook: #SozBlog #GuteArbeit #GAidW #PrekäreWissenschaft