Mediale Darstellung von Vätern in Elternzeit

…  am Beispiel der Dokumentation ,Hippe Papas‘

,Neue‘, ,aktive‘ oder auch ,engagierte Väter‘, so scheint es, gibt es immer mehr – zumindest sind sie in aller Munde. Anne von Friesen spricht gar von einer „stille[n] Revolution der jungen Väter“ (2015) und der CEO von Facebook, Mark Zuckerberg, veröffentlicht Fotos mit sich und seiner im Dezember geborenen Tochter Max beim Kuscheln auf dem Boden, beim Schwimmen oder beim Wickeln des Kindes (vgl. Zuckerberg 2015). Die Fotos wirken wie Werbefotos für aktive und engagierte Vaterschaft. Die Firma Facebook hat passend dazu im November 2015 verkündet, dass Eltern nach der Geburt ihres Kindes eine viermonatige und bezahlte Elternzeit (parental leave) bekommen (vgl. Wtop 2015). Im Kontext dieser medialen Darstellungen von Vaterschaft fanden meine Kollegin Kathrin Peltz und ich es spannend, im Rahmen unseres Projekts „Care‑Praxen von Vätern in Bayern – Fürsorgeverhalten und Paardynamiken bei der Nutzung des Elterngelds“, die mediale Darstellung von Vätern mal etwas genauer zu betrachten. Im Rahmen dieser Entscheidung sind wir auf die kurze Dokumentation [Hippe Papas – Vatersein in Berlin] gestoßen, die wir aus vielerlei Hinsicht interessant finden und welche ich im folgenden Text näher begutachten werde. In einem zweiten Teil lässt sich Kathrin Peltz von der visuellen (Selbst-)Darstellung Zuckerbergs in Elternzeit zum Nachdenken über Elternzeitväter und Karriere, Haushalt und Männlichkeit anregen und wird über ihre Überlegungen schreiben.

,Hippe Papas‘: Auch wenn man bedenken muss, dass hier vermutlich bewusst gewisse Fragen an die Interviewten gestellt und bestimmte Szenen zur Veröffentlichung ausgewählt wurden, bietet die Doku viele Anknüpfungspunkte für Diskussionen. Mich beschäftige, nachdem ich das Video angeschaut hatte, die Frage, welches Bild von Vater‑Sein vermittelt wird und inwiefern das Thema Vaterschaft normativ aufgeladen ist. Das Lexikon zur Soziologie beschreibt Normativität wie folgt: „[N]ormativ, Normativität, Bezeichnung für Aussagen, in denen eine Bewertung ausgedrückt wird (z.B. richtig, gut), verbunden mit der Forderung, sich dieser Bewertung anzuschließen“ (Fuchs‑Heinritz et al. 2011: 467). Betrachten wir also das Video kritisch, auch im Hinblick auf diese Definition, werden einige normative Setzungen erkennbar und ein interessantes Bild vom Vater‑Sein gezeichnet. Anhand der Szenen in der Dokumentation werde ich auf verschiedene Aspekte eingehen, die durch die Väter und die Darstellungen aufgeworfen werden und diese zudem mit weiteren Informationen im Hinblick auf u. a. Elterngeld unterfüttern, um die Dokumentation letztlich auch kritisch zu betrachten.

In der Doku ,Hippe Papas‘ werden uns verschiedene Väter vorgestellt, die gerade in Elternzeit sind. Da ist zum einen der Arzt Michael (37) mit einem Jahr Elternzeit, dessen Partnerin gerade an ihrer Schauspielkarriere „bastelt“ und Stefan, der zwei Monate Elternzeit in Anspruch nimmt und danach als Heilerzieher in Teilzeit arbeiten möchte. Die Dokumentation nimmt uns zu den Familien nach Hause und ins Berliner Väterzentrum (Papaladen) mit, das in Deutschland „einzigartig [ist] […], weil es dem Männergeschmack angepasst wurde“ (Hippe Papas 2009).

Michael, der Arzt, spricht in seinem Beitrag viele für mich relevante Punkte an. Er betont, dass er sich mehr für kindbezogene Aufgaben interessiert als für Aufgaben im Haushalt, die er aber scheinbar dennoch durchführt – zumindest das Abwaschen.

Karriere und Elternzeit von Vätern: Michael spricht außerdem von Karriereeinbußen, die er bewusst eingehe, weil er Elternzeit nehmen wolle. Er tue das für sich und für seine Familie, womit er sich nicht nur Care‑Tätigkeiten in der Familie widmet, sondern auch so etwas wie Selbstsorge betreibt, denn er kümmert sich um sein Bedürfnis, seinem Kind nah zu sein und Verantwortung zu übernehmen. Dennoch ist seine Feststellung, dass er durch seine verhältnismäßig lange Elternzeit Nachteile in seiner Karriere in Kauf nehmen muss, vermutlich nicht ganz falsch; dies lässt zumindest eine Studie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) vermuten: „51 Prozent der Beschäftigten erlebten nach Rückkehr aus der Elternzeit eine signifikante Änderung ihrer Arbeitsaufgaben, 17 Prozent der Führungskräfte verloren ihren Status, und 58 Prozent erwogen einen Arbeitgeberwechsel“ (Engelmann 2015). Auch in einer Studie zu ,nachhaltigen Effekten der Elternzeit durch Väter‘ zeigte sich, dass Sorgen nicht unbegründet sind, denn „[f]ast jeder vierte interviewte Vater und rund jeder zehnte Vater aus der Online‑Befragung musste negative Auswirkungen auf den weiteren Karriereverlauf in Kauf nehmen. Entscheidend dabei ist die Dauer der Inanspruchnahme. Während eine kürzere Nutzung mit ein bis zwei EGM [Elterngeldmonate] den Karriereverlauf in der Regel nicht beeinträchtigt, steigt die Gefahr mit einer längeren Elterngeldnutzung von mindestens drei Monaten deutlich an“ (Pfahl et al. 2014: 280; Herv. i. O.).

Bei solchen Ergebnissen verwundert es nicht, dass Väter auf Beanspruchung von Elternzeit verzichten, weil sie berufliche Nachteile befürchten: Auf die „Frage an Väter, die an einer Elternzeit interessiert gewesen wären: ,Und aus welchen Gründen haben Sie trotzdem keine Elternzeit genommen?‘“ (Institut für Demoskopie Allensbach 2014: 26) antworteten 38% der Befragten „[w]eil ich berufliche Nachteile befürchtet habe“ (ebd.). Diese Sorge führt auch dazu, dass nicht mehr als zwei Monate väterliches Elterngeld beansprucht wird, obwohl auch dafür Interesse bei Vätern besteht (vgl. ebd.). Kathrin Peltz wird sich in ihrem Artikel noch intensiver mit diesem Aspekt beschäftigen.

Dauer der Elterngeldphase: Mit 12 Elterngeldmonaten beansprucht Michael länger Elterngeld als viele andere Väter (deren Kind im Jahr 2013 geboren ist) in Deutschland und Berlin. Hier liegt die durchschnittliche Anzahl von Monaten bei 3,18 (Deutschland) und 3,9 Monaten (Berlin) (vgl. Statistisches Bundesamt 2015: 21/29).

Der zweite in der Dokumentation begleitete Vater (Stefan, der Heilerzieher) nimmt zwei Monate Elterngeld in Anspruch, so wie es die meisten Väter tun. Die Elterngeldstatistik des Statistischen Bundesamtes hat auch hierzu Zahlen vorgelegt und diese zeigen, dass 64% der Väter in Berlin und 78,3% der Väter in Deutschland genau zwei Monate Elterngeld beanspruchen (vgl. ebd.).

Familienarbeit: Im Alltag von Stefan und seiner Tochter Emma wird deutlich, dass die Ansprüche an Dinge, die erledigt werden sollen, heruntergeschraubt werden müssen – so der Vater. Damit weist er indirekt darauf hin, dass – im Sinne von zu erledigenden Aufgaben – die Zeit mit Kind ist nicht ,produktiv‘ ist bzw. nicht unter Leistungsstandards bemessen werden sollte. Stefan betont, dass er es sich nicht vorstellen könne ein Vollzeitvater zu sein, er brauche einen weiteren Horizont, dieser sei durch Kind und Haushalt eher klein, die Reize eingeschränkt und Themen „limitiert“. Diese Aussage könnte implizieren, dass es Frauen im Gegensatz zu Männern damit anders geht, denn schließlich leisten sie oftmals Vollzeit‑Familienarbeit. Dazu passt ein Bild (vgl. Pinkstinks.de 2015), das gerade im Internet kursiert. Von Frauen wird wie selbstverständlich angenommen, dass sie das Gefühl von Stefan nicht haben oder da sie ,von Natur aus‘ für die Kinder zuständig sind, sie aus dem Grund fürsorglicher und auch opferbereit sind bzw. sein müssen.12654702_833956060083294_5713277169688765634_n(Unter dem Begriff ,Mutterliebe‘ ist bei Duden‑Online mittlerweile nur noch die Bedeutung „Liebe einer Mutter zu ihrem Kind“ zu finden (vgl. Duden‑Online) – was bedeutet, dass etwas geändert wurde oder, dass das Bild Satire ist.)

Väter und Männlichkeiten: In der Dokumentation ,Hippe Papas‘ besucht der Vater Michael mit seinem Kind als nächstes das Väterzentrum, dessen Konzept in Deutschland noch einzigartig ist. Auf der Website heißt es: „Der Papaladen spricht mit seinen Angeboten das Kind‑im‑Manne an. Bei uns gibt es eine Carrerarennbahn, Kicker, Dartscheibe und andere klassische Männerspielsachen. Nach dem Motto: Was Vätern Spaß macht, macht auch Kindern Spaß. Im Papaladen können Väter mit ihren Kindern eine spannende und schöne Zeit verbringen“ (Väterzentrum Berlin; Herv. i. O.). Im Gegensatz zu klassischen Gruppen – wo es nach Aussagen der Besucher des Väterzentrums meist maximal einen Vater gibt – können die Väter hier an diesem Rückzugsort vermeintlich noch (ungestört?) Männer sein. Das Väterzentrum ist so ausgestattet, dass sich hier mit Dingen beschäftigt werden kann, die als stereotyp männlich gelten; außerdem können die Väter sich mit anderen Vätern über Fußball etc. unterhalten – die „Kompetenz“ z. B. in Sachen Fußball sei im Männerzentrum mehr gegeben, als in gewöhnlichen Kindergruppen. Des Weiteren haben die Väter hier die Möglichkeit Sachen zu machen, die – anders als viele andere Handlungen in ihrem Alltag mit einem Kind – nicht weiblich konnotiert sind. In diesem ,homosozialen Raum‘ (vgl. Meuser 2010: 430 zu homosozialen Räumen) können die Väter also ihre Männlichkeit sichern und inszenieren, sowie sich nebenbei mit anderen spielerisch messen:

Das Video suggeriert, dass Väter Männerbeschäftigungen brauchen, um ein Gegengewicht zum reizarmen und beschränkten Horizont der Familienarbeit zu bieten. Hier können die Männer ihren Interessen nachgehen und sich beweisen, dass sie trotz Kind auf dem Arm ein ,echter Mann‘ sein können. Hierdurch werden auch stereotype Bilder von Männern reproduziert. So wird verallgemeinernd dargestellt, dass scheinbar alle Männer Interesse am Kickern, an Fußball und Autorennen haben.

Der Soziologe Michael Meuser schreibt, dass für die Konstruktion von Männlichkeiten Freundschaften und homosoziale Räume, also soziale Räume, in denen Männer unter sich sein können, eine wichtige Bedeutung haben (vgl. Meuser 2010: 430). In diesen „homosozialen Kontexten“ (ebd.) findet laut Meuser die „Aneignung von Männlichkeit in hohem Maße […]“ (ebd.) statt, denn hier wird der männliche Habitus konstruiert und seine „Strukturlogik … spielerisch angeeignet […]“ (ebd). Das heißt Männlichkeit wirkt hier als etwas, das als „komplexe Handlungsroutine“ (Fuchs‑Heinritz et al. 2011: 148) bezeichnet werden kann. Die Soziologin Claudia Honegger betont, dass der Zwang zur Bildung eines vergeschlechtlichten Habitus maßgeblich für die „Ordnung der Geschlechter“ (1991; zit. n. Hoff 2005: 267) ist. Das bedeutet, dass alle Menschen herausgefordert sind einem gängigen Leitbild eines Geschlechts zu entsprechen. Das Geschlecht muss entsprechend inszeniert werden, um die Einordnung in das binäre System zu ermöglichen und die Gesellschaftsstruktur aufrechtzuerhalten. Und das bedeutet wiederum, dass die Väter das Zentrum und den Kontakt mit den anderen Vätern dazu nutzen, ein Gegengewicht zu ihrem Vater‑Sein, das mit vielen als nicht‑männlich, sondern weiblich konnotierten Tätigkeiten einhergeht, herzustellen.

Stereotype Angebote: Ich denke, dass es wichtig ist, dass Väter einen Raum haben, in dem sie sich austauschen können und nicht die Exoten sind, die von den anderen Teilnehmerinnen eines Angebots auch so behandelt und begutachtet werden. Doch finde ich es schade, wenn es nicht auch gemeinsame Angebote für Eltern gibt oder die Angebote rein stereotyp sind. Mütter können auch mit ihren Kindern Fußballspielen wollen und Väter Spaß daran haben für ihre Kinder Kleidung zu nähen. Warum sollen sie also von diesem stereotypen Denken so begrenzt werden? Warum sollen Kinder und Eltern in ihrer Entfaltung eingeschränkt sein? Mein Apell: Nutzen wir doch die ganze Breite von Möglichkeiten und lassen uns nicht von stereotypen Frauen‑ und Männerbildern begrenzen. Davon haben die Kinder etwas und die Eltern ebenso!

Eine weitere Schwierigkeit, die mit stereotypen Angeboten einhergeht, ist, dass vermittelt wird, dass Kinder Väter und Mütter brauchen, weil Väter nun mal das eine mögen und können und Mütter eben das andere. Was ist aber mit Kindern, die zwei Mütter oder zwei Väter haben? Die andere Seite fehlt da also vermeintlich ganz und gar? Dabei ist es doch auch möglich, dass alle Eltern ausprobieren, welche Aktivitäten ihnen gefallen und eventuell feststellen, dass sie da nicht dem Stereotyp ihres Geschlechts entsprechen. Das würde dazu führen weniger Abstriche machen zu müssen und nebenbei den Kindern zeigen, dass sie frei sind Dinge auszuprobieren, wenn sie Lust dazu haben – unabhängig von ihrem Geschlecht.

Es sollte, ganz nebenbei gesagt, immer daran gedacht werden, dass Familien vielfältig sind und nicht selbstverständlich aus Frau, Mann und Kind(ern) bestehen. So sollte die heteronormative Familie in Forschungsprojekten nicht den alleinigen Gegenstand bilden und alles andere bzw. alle anderen ausgeblendet werden, sondern andere Familienkonstellationen einbezogen werden; nur so kann die Forschung die große Vielfältigkeit von Familie widerspiegeln.

Ein guter Vater?: In der Dokumentation wird nach dem Besuch im Väterzentrum aufgezeigt, dass der Diskurs um Männer und Vater‑Sein hochaktuell ist und sich viele Ratgeber damit beschäftigen, was einen guten Papa ausmache und wie die Väterzeit und die damit einhergehende Rolle gut bewältigt werden könne. Fraglich und offen bleibt tatsächlich an dieser Stelle, was einen guten Vater auszeichnet bzw. auszeichnen könnte – vielleicht, dass er Elterngeld beansprucht? Nein, das reicht nicht aus. Außerdem können wir nicht behaupten, dass die Beanspruchung von Elterngeld für alle Väter und alle Kinder grundsätzlich gut ist – auch das wäre normativ gedacht. Es zeigt sich zudem, dass sich Effekte der Elternzeit u. a. dadurch bedingen, wie lange der Vater in Elternzeit geht, was er in der Zeit macht, wie intensiv er in dieser Zeit in den Familienalltag involviert ist, ob er die Hauptverantwortung trägt oder ob der andere Elternteil auch zu Hause ist. Das bedeutet, dass väterliche Elternzeit nicht grundsätzlich und quasi automatisch gut für die Kinder ist oder positive Effekte für die Familie haben muss. „Vor allem die Dauer der von den Vätern genutzten EGM [Elterngeldmonate] hat Einfluss darauf, wie intensiv sich die Väter auf die Übernahme von Kinderbetreuungsaufgaben einlassen und wie intensiv und befriedigend sie die Vater‑Kind‑Beziehung erleben“ (Pfahl et al. 2014: 277). Wobei hier bedacht werden muss, dass das subjektive Erleben kein Gradmesser für die ,Gesamtgüte‘ der Vaterzeit ist.

Positive Effekte von Elterngeld: Letztlich zeigen verschiedene Studien, dass aktive und engagierte Vaterschaft bzw. die Beanspruchung von Elterngeld positive und nachhaltige Effekte auf die Paarbeziehung sowie auf die Beziehung zu dem Kind bzw. zu den Kindern haben kann. So lautet ein Fazit des ,DJI‑Väterreport‘ (2015): „Die Beziehung zum Kind profitiert … von einem stärkeren Engagement der Väter. […] Gleichzeitig sind Mütter, die aktive Väter an ihrer Seite haben, (sic!) auch mit ihrer Beziehung zufriedener. Die aktiven Väter beteiligen sich nicht nur an (sic!) kindbezogenen Aufgaben, sie sind insgesamt stärker in die Haus- und Familienarbeit involviert. Auch die aktiven Väter selbst sind zufriedener, empfinden weniger Zeitdruck in Bezug auf familiäre Belange und berichten von weniger Work‑to‑Family und auch nur von wenigen Family‑to‑work‑Konflikten“ (Li et al. 2015: 144 f.). Und der bereits erwähnte Projektbericht ,Nachhaltige Effekte der Elterngeldnutzung durch Väter‘ (2014) zeigt positive Effekte der Elterngeldnutzung von Vätern auf: Beispielsweise, dass sich die Beanspruchung von Elterngeld durch Väter positiv auf den Berufsweg der Partnerin auswirkt. „Trotz … [einiger] Einschränkungen ist von nachhaltigen positiven Wechselwirkungen zwischen einer (langen) EGM‑Nutzung des Vaters und einem (frühen) beruflichen Wiedereinstieg der Partnerin auszugehen – ganz im Sinne der Zielrichtung der gesetzlichen Elterngeldregelung“ (Pfahl et al.: 2014: 181). Außerdem betonen sie, „[j]e länger die EGM‑Dauer des Vaters ausfällt, umso intensiver stärkt dies die Vater‑Kind‑Beziehung und umso deutlicher fällt der Zuwachs an Egalität in der Paarbeziehung aus“ (ebd.: 278).

Mann, Vater und Ernährer?: Abschließend betont der Protagonist der Dokumentation, die „neuen Papas“ seien auf Emanzipationskurs und wollen und können nun „Mann‑Sein, Vater‑Sein und Ernährer“ und eben auch in Teilzeit arbeiten, „so wie es jahrzehntelang die Mütter getan haben“ (Hippe Papas 2009.). Diese Aussage verwundert mich, denn zum einen frage ich mich, wovon sich die Väter gerade emanzipieren und zum anderen täuscht die Aussage darüber hinweg, dass die Aushandlungen im Paarkontext und die Entscheidung in Elternzeit zu gehen eben doch nicht so leicht sind. Wie eben beschrieben, kann die Beanspruchung von Elterngeld für Väter, aber auch für Mütter, Nachteile für die Karriere mit sich bringen. Außerdem ist die Entscheidung für Elterngeld auch eng mit der finanziellen Versorgung der Familie verknüpft. So geben 60% der befragten Väter einer Studie an, dass sie kein Elterngeld in Anspruch genommen haben, weil die Einkommensverluste zu hoch gewesen wären (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach 2014: 26). Außerdem hört es sich hier so an, als sei Teilzeit ein Privileg, das Mütter seit Jahren besetzen. Die Tatsache ist jedoch, dass viele Frauen in gewisser Weise dazu gezwungen sind in Teilzeit zu arbeiten, zum Beispiel wegen der Kinderbetreuung, weil stereotype Frauenberufe oft in Teilzeit angeboten werden, weil durch Lücken im Lebenslauf keine andere Stelle verfügbar ist o. ä. Die hohe Teilzeitquote von Frauen birgt Nachteile, so ist diese beispielsweise ein Grund für die hohe Armutsquote bzw. ein hohes Armutsrisiko bei älteren Frauen.

Die Aussage, Mann, Vater und (eventuell sogar gleichzeitig) Ernährer (in Teilzeit) sein zu können ist zu undifferenziert und auch normativ. Aber da ich nun am Ende meines Texts bin, erlaube ich mir das jetzt auch mal: Letztlich sollte kein Familienmitglied in der Situation sein, alleine die Verantwortung für die finanzielle Versorgung der Familie tragen zu müssen. Und alle Eltern sollten die Möglichkeit haben, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und in Paarbeziehungen und Familien sollte eine egalitäre Aufgabenverteilung im Sinne der Gleichberechtigung die Regel sein.

Alles in allem: Die Auseinandersetzung mit der Darstellung von Vätern in den Medien (und Elterngeld) hat zu interessanten Gedanken geführt, von denen ich hier einige mit Ihnen und euch teilen konnte. Es zeigt sich mal wieder, dass die Thematik und der Diskurs um Väter, Männlichkeiten und Elterngeld viel Potenzial bietet, spannende Diskussionen führen zu können und Erkenntnisse zu gewinnen. Wir hoffen mit unserem Projekt ,Care-Praxen von Vätern in Bayern‘ in den folgenden Jahren hierzu einen Beitrag leisten zu können. Die mediale Darstellung von Vätern und Vaterschaft, sowie auch Müttern und Mutterschaft, bildet davon nur einen kleinen Aspekt. Mein Artikel ist – und das muss an dieser Stelle betont werden – lediglich ein kleiner Einblick in das Thema und beansprucht keine Vollständigkeit. Kathrin Peltz wird sich im folgenden zweiten Teil mit dem Themenschwerpunkt mediale Darstellung von Vätern in Elternzeit weiter auseinandersetzen.

 

Über die Autorin:

Luisa Streckenbach hat an der Universität Vechta ihren B. A. in Erziehungs- und Sozialwissenschaften absolviert und studierte anschließend Soziologie (M. A.) mit dem Schwerpunkt Geschlechterforschung an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der Universität Basel. Für ihre Masterarbeit forschte sie zu Männlichkeitskonstruktionen in der Community der Pickup Artists. Sie promoviert zurzeit innerhalb des Forschungsverbunds ForGenderCare (LMU) am Deutschen Jugendinstitut e. V. zu „Care-Praxen von Vätern in Bayern“.

 

Quellen:

Arte Dokumentation (2009): Hippe Papas – Vatersein in Berlin. In: >https://www.youtube.com/watch?v=SJAUV1aHTiI< (Zugriff am 16.2.2016).

Duden-Online (o. D.): Mutterliebe. In >http://www.duden.de/rechtschreibung/Mutterliebe< (Zugriff am 16.2.2016).

Engelmann, Carsten (2015): Vater werden ist nicht schwer, …: Vater sein dagegen sehr. In: Deutsches Ärzteblatt/aerzteblatt.de; Jg. 112, Heft 17 am 24. April 2015. >http://www.aerzteblatt.de/archiv/169348< (Zugriff am 16.2.2016).

Fuchs-Heinritz, Werner / Klimke, Daniela / Lautmann, Rüdiger / Rammstedt, Otthein / Stäheli, Urs / Weischer, Christoph / Wienold, Hanns (Hrsg.) (2011): Lexikon zur Soziologie. 5. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.

Hoff, Walburga (2005): Claudia Honegger: Die Ordnung der Geschlechter. In: Löw, Martina / Mathes, Bettina (Hrsg.) (2005): Schlüsselwerke der Geschlechterforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. S. 267-282.

Honegger, Claudia (1991): Die Wissenschaften vom Menschen und das Weib, 1750-1850. Suhrkamp, Frankfurt/Main.

Institut für Demoskopie Allensbach (Hrsg.) (2015): Weichenstellungen für die Aufgabenteilung in Familie und Beruf. In: >http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung2/Pdf-Anlagen/praesentation-ifp-allensbach-studie,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf< (Zugriff am 16.2.2016).

Li, Xuan / Zerle-Elsäßer, Claudia / Entleitner-Phleps, Christine / Schier, Michaela (2015):

Väter 2015: Wie aktiv sind sie, wie geht es ihnen und was brauchen sie? Eine aktuelle Studie des Deutschen Jugendinstituts. In: >http://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs2015/Vaeterreport_Langfassung.pdf< (Zugriff am 16.2.2016).

Meuser, Michael (2010): Junge Männer: Aneignung und Reproduktion von Männlichkeit. In: Becker, Ruth / Kortendiek, Beate (2010): Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. 3., erweiterte und durchgesehene Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. S. 428-435.

Pfahl, Svenja / Reuyß, Stefan / Hobler, Dietmer / Weeber, Sonja (2014): Projektbericht: Nachhaltige Effekte der Elterngeldnutzung durch Väter. Gleichstellungspolitische Auswirkungen der Inanspruchnahme von Elterngeldmonaten durch erwerbstätige Väter auf betrieblicher und partnerschaftlicher Ebene. In: >http://www.boeckler.de/pdf_fof/S-2012-572-3-5.pdf< (Zugriff am 16.2.2016).

Pinkstinks.de (2015): Mutterliebe/Vaterliebe. In: > https://twitter.com/pinkstinksde/status/677046346197659648< (Zugriff am 16.2.2016).

Statistisches Bundesamt (Hrsg.): In: Elterngeld für Geburten 2013. Nach Kreisen. Wiesbaden. In: >https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Soziales/Elterngeld/ElterngeldGeburtenKreise5229204137004.pdf?__blob=publicationFile< (Zugriff am 16.2.2016).

Wtop (2015): Facebook CEO Mark Zuckerberg changes diapers, posts daddy pics. In: >http://wtop.com/watercooler/2015/12/facebook-ceo-mark-zuckerberg-changes-diapers-posts-daddy-pics/< (Zugriff am 16.2.2016).

Wtop (2016): What Facebook is doing for new parents. In: >http://wtop.com/tech/2015/11/what-facebook-is-doing-for-new-parents/< (Zugriff am 16.2.2016).

Väterzentrum Berlin (o. D.): Der Papaladen im Väterzentrum. In: >http://vaeterzentrum-berlin.de/pages/2-papaladen< (Zugriff am 16.2.2016).

Zuckerberg, Mark (2015b): Kuschelfoto. In: > https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10102515545528391&set=a.529237706231.2034669.4&type=3&theater< (Zugriff am 16.2.2016).

Autor: ForGenderCare

Der Forschungsverbund ForGenderCare untersucht den Zusammenhang von Gender (Geschlecht) und Care (Fürsorge) theoretisch wie empirisch vor einem interdisziplinären Horizont. Dem bayerischen Forschungsverbund ForGenderCare gehören 12 Projekte an unterschiedlichen Forschungsstandorten in ganz Bayern an. Die Sprecherinnen des Verbunds ForGenderCare sind Prof. Dr. Barbara Thiessen (HAW Landshut) und Prof. Dr. Paula-Irene Villa (LMU München). Die LMU München ist Sprecheruniversität des Verbundes, die Geschäftsstelle ist dem Lehrstuhl Prof. Villa an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der LMU zugeordnet. Der Verbund wird gefördert durch das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst und gehört dem der Bayerischen Forschungsallianz BayFor an.

5 Gedanken zu „Mediale Darstellung von Vätern in Elternzeit“

  1. Vielen Dank für diesen schönen Bericht, der mich zum Nachdenken anregt. Subjektiv stimme ich dir eigentlich den ganzen Bericht über zu. Aber dennoch bin ich gedanklich über eine Passage gestolpert, über den ich mich gern mal austauschen würde.

    Du schreibst: „Und der bereits erwähnte Projektbericht ,Nachhaltige Effekte der Elterngeldnutzung durch Väter‘ (2014) zeigt positive Effekte der Elterngeldnutzung von Vätern auf: Beispielsweise, dass sich die Beanspruchung von Elterngeld durch Väter positiv auf den Berufsweg der Partnerin auswirkt. „Trotz … [einiger] Einschränkungen ist von nachhaltigen positiven Wechselwirkungen zwischen einer (langen) EGM‑Nutzung des Vaters und einem (frühen) beruflichen Wiedereinstieg der Partnerin auszugehen – ganz im Sinne der Zielrichtung der gesetzlichen Elterngeldregelung“ (Pfahl et al.: 2014: 181).“

    Erst habe ich nur über die von dir übernommene positive Bewertung nachgedacht (die ich auch übernehmen würde). Aber ich frage mich, warum wir das als positiv bewerten. Gedanke 1: Es ist jetzt „in“, dass wir es gut finden, dass Mütter schnell wieder in den Job zurück können. Dabei fällt auf, dass das ja eine arbeitsorientierte Argumentation ist. Das möchte ich gern mal kritisch betrachten. Es ist gut, wenn die Mütter zeitig nach der Geburt wieder arbeiten können. Klar, aus egalitärer Sicht bedeutet das, dass Verluste durch Arbeitsplatzabwesenheit zwischen Vater und Mutter ausgeglichen(er) gestaltet werden können. Aber immer geht es dabei um Arbeit, genauer: Erwerbsarbeit. Gibt es alternative Argumente? Was könnten noch gute Gründe für die (egalitäre) Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung sein? Bestimmt können sich Mütter auch einfach „besser“, anerkannter fühlen, wenn sie mehr von dieser Arbeit abgeben können. Vielleicht ist es auch netter, wenn man mehr Abwechslung hat und Kinderbetreuung mit Erwerbsarbeit abwechseln kann. Vielleicht können wir auch das Argument des Vaters anders nutzen, der meinte, die Themen seien limitiert. Vielleicht können wir auch sagen: Dass Väter mehr Elternmonate nehmen ist gut, weil die Themen der Mütter dann nicht so limitiert sind, anstatt: Dass Väter mehr Elternmonate nehmen ist gut, weil die Mütter dann früher wieder in ihren Beruf können. Wäre das in der Empirie auffindbar?

  2. Liebe GenderCare-Experten,

    danke für die unterhaltsamen und informativen Beiträge!

    Ich habe mich redlich bemüht, zu erkennen, was diese Art von Beschreibungen mit Soziologie als Wissenschaft zu tun hat!?

    Ich bin zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen!

    Bitte klären Sie mich darüber auf, was Sie unter Wissenschaft verstehen, zum Beispiel im Bezug zu Ontologie/Erkenntnistheorie, dem Verhältnis von Konstruktivismus/Realismus und der Differenz zwischen emotional-ideologisch strukturierter Meinung und wissenschaftlicher Erkenntnis!

    HG Gerhard Schwartz

    1. Lieber Herr Schwartz,
      danke für Ihren Kommentar. Ein bisschen überrascht bin ich schon von Ihrer Frage, was Vatersein, sich umeinander kümmern, Fürsorge im Alter und Technik oder die Angst vor Abhängigkeit bei Schwerstpflege und Sterbeprozess wohl mit Soziologie zu tun haben könnte. Unstreibar geht es hier sowohl um individuelles Empfinden und Handeln als auch um sozialpolitische Rahmung und kulturelle Muster, insbesondere geschlechtsbezogene Traditionen und Vorlagen.
      Das Interessante daran, und daran knüpft der Forschungsschwerpunkt Gender und Care an, ist, dass unsere Gesellschaft sich derzeit in einem tiefgreifenden Wandel befindet, der auch die Organisation von Care (Fürsorge) betrifft: Care bzw. die Sorge um Andere macht sich nicht (mehr) ‚von allein’ und auch nicht mehr im Sinne einer ‚weiblichen Natur’. D.h., Care funktioniert nicht mehr als weiblicher „Liebes-Dienst“, der im unsichtbaren Privaten der Familie vorausgesetzt werden kann. Care wird damit zum Gegenstand politischer, juristischer, medialer und nicht zuletzt individueller und familialer Gestaltung. Hier braucht es fundierte Analysen und Reflektionen auch medialer Funde, wie Werbespots oder Spielfilme. Übrigens ist die soziologische Analyse von Praxen am Küchen-, Wickeltisch oder Krankenbett nichts Neues, die geschlechterkritische Care-Forschung gibt es mit dieser Begrifflichkeit seit mindestens 40 Jahren, von epistemologischen bis praxisnahen Analysen. Viel Freude und Anregung beim Entdecken…

      1. Liebe Barbara Theissen,

        dass Ihre Beitrage was mit Soziologie zu tun haben, bestreite ich nicht!

        Das trifft auch für Journalismus und Literatur zu!

        Aber was die heutigen Textproduktionen innerhalb der universitären Soziologie mit einer WISSENSCHAFTLICH möglichen und dringend notwendigen Soziologie zu tun haben, erschließt sich mir nicht.

        Zur Erinnerung:

        „Das (dass keine aktuellen Publikationen zum aktuellen Stand der Forschung soziologischer Wissenschaftstheorie zu finden sind, G.A.S.) ist kein Zufall, denn im Unterschied zu anderen Einzelwissenschaften findet man in diesem Fach noch nicht einmal annähernd eine facheinheitliche Konzeption von Gegenstand und Methode, die man referierend vorstellen könnte. Was man findet, sind viele widersprüchliche Positionen (Braun,2008), die überblicksartig vorzustellen müßig wäre. Man würde damit nur einen Missstand dokumentieren, der offenbar für den Missstand des ganzen Fachs verantwortlich ist. ‚Es gibt in diesem Fach derzeit keinen Stand der Erkenntnis‘, lautet die öffentlichkeitswirksame (Hervorhebung .G. A. S.) Kritik anlässlich des Jubiläumskongresses, den die Deutsche Gesellschaft für Soziologie zur Feier ihres 100-jährigen Bestehens 2010 in Frankfurt am Main ausgerichtet hatte ( Kaube 2010).
        Als wollten sie dieses vernichtende Urteil ( Hervorhebung G.A.S.) bestätigen, ließen kurz darauf Fachvertreter in einer Befragung durchblicken, dass es tatsächlich keinen ‚Konsens über das Grundwissen der Disziplin‘ gibt, was sich in erster Linie mit einer ‚fehlenden gemeinsamen wissenschaftstheoretischen Vororientierung im Fach‘ erklären lässt (Braun & Ganser 2011:171)
        Da die Soziologie offenbar wie ein Computer abgestürzt ist,…“ (Wagner 2012:1)

        Wie eine Umorientierung aussehen könnte, habe ich in meinem Artikel „Soziologie- ein fliegender Holländer?“ in der Oktoberausgabe 2015 von „soziologie-heute“ angedeutet.

        HG Gerhard Schwartz

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