Die Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im Herbst 2019 sind alles andere als repräsentativ für die politische Landschaft in Deutschland: Zusammengenommen leben in den drei Ländern nicht viel mehr Menschen als in Niedersachsen allein und die Wahlneigungen sind weit vom Bundesdurchschnitt entfernt. Gerade deshalb zeigt sich jedoch in diesen Landtagswahlen eine Problemlage besonders deutlich, die (nicht nur) die bundesdeutsche Politik in den nächsten Jahren prägen wird: Welche Mehrheiten lassen sich nach dem Aufstieg des Rechtspopulismus noch finden und welche Konsequenzen haben diese Mehrheitsfindungsprozesse für die Demokratie?
Im Groben sind zwei Szenarien zu unterscheiden: Im einen Szenario hält die antirechtspopulistische Brandmauer um die AfD zumindest auf der formalen parlamentarischen Ebene und es werden weiterhin Regierungsmehrheiten um die AfD herum gebaut. Im anderen Szenario kommt es irgendwann so, wie es in einigen anderen Ländern Europas bereits gekommen ist, und die konservativen Unionsparteien regieren in Koalition mit oder unterstützt durch die rechtspopulistische AfD. In diesem Beitrag diskutiere ich beide Szenarien nacheinander, argumentiere jeweils, dass sie in gewisser Hinsicht ein „Ende der Demokratie, wie wir sie kennen“ markieren würden, um dann jeweils darzulegen, dass die Demokratie doch nie ganz so war, wie „wir“ sie zu „kennen“ glaubten.
Das erste mögliche Ende der Demokratie, wie wir sie kennen: Die stetige Regierungsbildung um den Rechtspopulismus herum
Im ersten Szenario tun alle anderen Parteien in deutschen Parlamenten das, was sie aktuell verkünden: Sie verweigern jede Kooperation mit der als antidemokratisch abgelehnten AfD, was in der Konsequenz heißt, dass sie Regierungsmehrheiten immer um die AfD herum bilden müssten. Dann sieht es fürs erste so aus, als seien zumeist zwei Varianten der Mehrheitsbildung plausibel: Zum einen unionsgeführte Regierungen mit diversen Partnern (Schwarz-Grün bzw. in einigen Ländern Grün-Schwarz, Schwarz-Gelb, „große Koalition“, Jamaika, Afghanistan/Kenia etc); zum anderen Bündnisse der linkeren Hälfte des parlamentarischen Spektrums, die insbesondere als Rot-Rot-Grün auch bei der aktuellen Schwäche der SPD in einigen Ländern mehrheitsfähig sein könnten. Hinzu kämen unter Umständen noch Ampel-Koalitionen und einige weitere Varianten.
Ein „Ende der Demokratie“ wäre ein solcher Modus der Regierungsbildung insbesondere, wenn man Demokratie wie Chantal Mouffe durch einen klaren Gegensatz zwischen zwei demokratischen Lagern definiert sieht, die für erkennbar unterschiedliche Programme stehen – in Mouffes Verständnis war dies traditionell insbesondere der ökonomisch definierte Gegensatz zwischen sozialdemokratischen und konservativen Parteien. Wenn Regierungen immer nur um die AfD herum gebildet würden und diese stabil und oft zweistellig in die Parlamente einzieht, ist ein solcher zugespitzter Zwei-Lager-Wahlkampf der anderen Parteien nur noch bedingt möglich. Zwar könnte sich, je nachdem wie SPD und Union sich in den kommenden Monaten aufstellen, durchaus ein erkennbares Mitte-Links-Lager etablieren, das sich mit einem erkennbaren Mitte-Rechts-Lager beharkt. Jedoch hätten die meisten beteiligten Parteien immer damit zu rechnen, am Ende gemeinsam mit Parteien aus dem je anderen Lager regieren zu „müssen“. Man kann ja nicht einfach in die Opposition gehen, sondern muss „Verantwortung übernehmen“, um eine stabile Regierung ohne AfD zu ermöglichen. In einer solchen Konstellation müssen sich alle Parteien vor der Wahl allerlei mögliche Koalitionen offenhalten, wenn sie nicht hinterher dastehen wollen, wie die SPD nach der Bildung der aktuellen Bundesregierung.
Wer regiert, wird dann weniger dadurch entschieden, dass eines von zwei Lagern knapp mehr Stimmen erhält, sondern vielmehr durch vor der Wahl nur bedingt absehbare Prozesse der Verhandlung zwischen mehreren Parteien.
Die Wahl hat dann nicht die Funktion, einem von zwei Lagern einen klaren politischen Auftrag zu geben. Vielmehr bestimmt sie lediglich darüber, mit welcher Basis verschiedene Parteien in die Verhandlungen um eine Regierungsbildung gehen, um dann die genauen Köpfe zu bestimmen, die in einem irgendwie liberalen Programm den Erhalt von Arbeitsplätzen, das Erreichen des ein oder anderen Klimaziels und die schwarze Null anzustreben.
Besonders problematisch wird diese Entwicklung, wenn – wie es Sachsen und Thüringen kommen könnte – eine Regierungsbildung um die AfD herum nur durch eine Kooperation von Union und Linkspartei möglich würde. Dies wäre bis auf weiteres vermutlich nur als Tolerierung einer Minderheitsregierung wirklich denkbar, dennoch müssten Linke und Union regelmäßig gemeinsam abstimmen. Dann könnte die AfD mit einigem Recht von sich behaupten, dass alle anderen Parteien gemeinsame Sache machten, und sich selbst als die einzig wahre Alternative präsentieren. Der einzige verbleibende Gegensatz wäre dann der zwischen Rechtspopulismus und anderen Parteien.
War es je anders?
Ein kritischer Blick auf die Geschichte der Bundesrepublik lässt diese Transformation weitaus weniger radikal erscheinen. Ja, Union und SPD hatten einmal klarer unterscheidbare Profile als heute; ja sie beharkten sich bisweilen polemisch, sodass ein klarer politischer Gegensatz bestand, wie Mouffe ihn entwirft.
Einzig: Die Wähler_innen hatten auf Bundesebene nur sehr bedingt darüber zu entscheiden, ob Union oder Sozialdemokratie an die Regierung kam. In den ersten 49 Jahren der Bundesrepublik Deutschland kam es kein einziges Mal dazu, dass ein politisches Lager durch eine Wahl aus der Regierung und ein anderes hinein gewählt worden wäre. Vielmehr wurde die Regierungsfindung in der Bonner Republik (von einer kurzen Phase der absoluten Unionsmehrheit abgesehen) dadurch entschieden, welche Parteien eine Koalition bildeten – in den meisten Fällen hing die Mehrheit davon ab, auf welche Seite sich die FDP schlug. Die erste Wahl, bei der es wirklich anders war, brachte 1998 die Rot-Grüne Koalition unter Gerhard Schröder an die Regierung – und somit gerade diejenigen Akteur_innen, die die SPD auf den „dritten Weg“ der „neuen Mitte“ führten und ihr das klar unterscheidbare Profil nahmen.
Eben diese Regierung Schröder steht auch deutlich dafür, dass bestimmt grundsätzliche Richtungsentscheidungen – hier die Wende hin zu „neoliberaler“ Sozial- und Wirtschaftspolitik – weniger unmittelbar durch demokratische Wahlen gefällt werden als vielmehr dadurch, dass das entsprechende Denken hegemonial wird und alle Akteur_innen ergreift. Zugespitzt formuliert unterscheiden sich Union und SPD im 21. Jahrhundert stärker von ihrer jeweils 50 Jahre älteren Version, als sie sich jemals voneinander unterschieden haben
Dennoch: ein reales Problem für die Demokratie
Auch wenn die bundesrepublikanische Demokratie nie dem Mouffe’schen Idealbild entsprach, kann die stetige Regierungsbildung um die AfD herum doch ein reales Problem sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Profile aller anderen Parteien gegeneinander immer mehr verschwimmen und diese ihren Wahlkampf primär in Abgrenzung zur AfD führen. Dann würde eine solche „Cordon Sanitaire“-Politik den Rechtspopulismus stärken und die Demokratie schwächen. Daher ist es für die Demokratie besonders wichtig, dass die anderen Parteien auf möglichst vielen Themenfeldern klar unterscheidbare Positionen vertreten und diese Themen in der öffentlichen Debatte salient sind. Wenn dies Themen sind, zu denen die AfD keine klare Position vertritt oder bei denen sie zumindest keine Issue Ownership hat
Das zweite Ende der Demokratie wie wir sie kennen: Rechtspopulistische Regierungsbeteiligung
Das andere Szenario bestünde darin, dass die anderen Parteien – allen voran wohl CDU und CSU – die Abgrenzung gegen die AfD irgendwann aufgeben und es zu einer Regierungsbeteiligung der letzteren kommt. Dies wäre auf mehrere Arten möglich: Unter Unionsführung könnte es erstens zu einer richtiggehenden Koalition von AfD und Unionsparteien kommen; zweitens zu einer Minderheitsregierung der Unionsparteien, deren Parlamentsmehrheit auf einer expliziten Tolerierung durch die AfD fußt, sodass beide Fraktionen im Parlament regelmäßig gemeinsam stimmen; drittens zu einer Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten, bei der die CDU in einigen Fällen mit Stimmen der AfD, in anderen mit denen anderer Parteien regiert. All dies könnte ggf. unter direkter Einbindung der FDP geschehen. Analog wären ähnliche Modelle auch unter AfD-Führung oder unter Führung anderer Parteien denkbar – jedoch ist dies wohl vorerst noch unwahrscheinlicher.
Vorerst wird es wohl zu keiner solchen Regierungsbeteiligung auf Landes-, geschweige denn auf Bundesebene kommen. Dies gilt insbesondere, weil die AfD zunehmend unter Kontrolle des rechtsextremen „Flügels“ gerät: Einerseits dürfte eine Zusammenarbeit mit einer vom Flügel geführten AfD für die Union besonders abschreckend sein; andererseits dürfe gerade dieser Flügel vorerst kein ausgeprägtes Interesse daran haben, als Mehrheitsbeschaffer für die Union zu fungieren, ohne dafür Gegenleistungen zu erhalten, die die Union vorerst nicht zu geben bereit sein dürfte.
Wenn es aber irgendwann doch zu einer solchen Einbindung des Rechtspopulismus durch Konservative kommt, könnte dies einen Lager-Wettbewerb ermöglichen, bei dem sich Linke und Rechte als Alternativen präsentieren und beide Seiten in relativ knappen Wahlen abwechseln siegreich hervorgehen. Jedoch wäre fraglich, wie gut die Union das überstehen würde – schließlich basiert die relative Liberalisierung der Partei nicht auf diktatorischen Willkürentscheidungen Angela Merkels, sondern darauf, dass Teile der Basis verhältnismäßig mittlerweile liberale Positionen vertreten und nicht ohne weitere bereit sein dürften, eine Rechtswende hin zur AfD mitzutragen.
Zudem – und dies wäre wiederum ein„Ende der Demokratie wie wir sie kennen“ – würde eine solche Einbindung der AfD dazu führen, dass der Rechtspopulismus mit all seinem illiberalen, rassistischen, antiegalitären, geschichtsrevisionistischen, antisemitischen und völkischen Positionen als normaler Teil des demokratischen Wettbewerbs gilt. Mit der AfD käme eine Partei an die Regierung, deren Spitze einen von Nazis geprägten Aufmarsch durch Chemnitz geführt hat, die regemäßig gegen Minderheiten hetzt, die zahlreiche Verbindungen zu rechtsextremen Netzwerken hegt und deren Führungspersonal regelmäßig den Nationalsozialismus relativiert. Durch eine Regierungsbeteiligung würden diese Positionen und Handlungsweisen weiter normalisiert und könnten von der potenziellen Koalitionspartnerin CDU um des lieben Koalitionsfriedens willen nicht einmal all zu scharf kritisiert werden. Einige der beteiligten Personen könnten Ministerien führen.
All dies würde sowohl demokratischen Normen als auch dem in den letzten Jahrzehnten entstandene Selbstverständnis der Bundesrepublik zuwiderlaufen
Aber war es je anders?
Jedoch ist auch hier festzuhalten, dass all die genannten Übel der AfD in Regierungsparteien der Bundesrepublik keinesfalls ohne Präzendenz sind. In der Bonner Republik gab es zahlreiche Altnazis mit Mandaten und in politischen Ämtern: Diese fanden sich insbesondere in den an diversen Regierungen beteiligten Parteien CDU, CSU, FDP, DP sowie GB/BHE; ehemalige NSDAP-Mitglieder, die den Nationalsozialismus in unterschiedlichem Maße aktiv gestützt und Verantwortung getragen hatten, fungierten unter anderem als Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg, Bayern, dem Saarland und Schleswig Holstein – und als Bundeskanzler. Darüber hinaus gab es rechtsextreme und geschichtsrevisionistische Netzwerke mit besten Verbindungen in eben diese Regierungsparteien – insbesondere aus Burschenschaften und Vertriebenenverbänden.
Hinzu kommt, dass es in der Union mit der „Stahlhelm-Fraktion“ um Alfred Dregger auch nach dem Ausscheiden der meisten relevanten Altnazis noch eine Strömung gab, deren Positionen nicht weniger extrem waren als die der AfD heute und die insbesondere in den 1980er Jahren unter Helmut Kohl Schlüsselpositionen in der Partei hielt. Dregger war Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag und hielt als solcher Reden, die heute heute für handfeste Skandale sorgen würden, wenn sie von AfD-Politiker_innen kämen.
Gänzlich neu wäre die Regierungsbeteiligung von extrem rechten Kräften in der Bundesrepublik somit nicht.
Auch der oft beklagte „Verfall der politischen Diskussionskultur“, der wahlweise der AfD oder ihren Gegner_innen zur Last gelegt wird, lässt sich nur bedingt erkennen, wenn man sieht wie SPD und Union in der Bonner Republik miteinander umgingen. Kurt Schumachers Polemik gegen die Westbindung, die antikommunistischen Kampagnen gegen die SPD, die wüsten Beschimpfungen zwischen Herbert Wehner und Franz-Josef Strauß usw. können kaum als Musterbeispiele demokratischer Streitkultur gelten.
Dennoch: ein zweites reales Problem für die Demokratie
Auch wenn die demokratischen Normen und die Distanz zur extremen Rechten in der Bundesrepublik nie so ausgeprägt war, wie man es sich wünschen könnte, wäre eine Regierungsbeteiligung der AfD gleichwohl ein reales Problem für die Demokratie.
Das meiste, für das die AfD steht, hat in der Bonner Republik zur politischen Normalität gehört, aber die Bonner Republik war eben auch über lange Jahre durch autoritäre Staatsapparate, durch Verklärung der Wehrmacht, durch Revanchismus, durch konservative Gesellschaftspolitik, durch ausgeprägte patriarchalische Strukturen und durch massive rassistische Diskriminierung geprägt. In einigen dieser Bereiche gab es in den letzten Jahren Fortschritte, die eine Demokratisierung bedeuten. Die AfD arbeitet aktuell aus der Opposition an der Rückabwicklung dieser Fortschritte und erhielte durch eine Regierungsbeteiligung noch bessere Mittel, dies auch umzusetzen.
Die Entwicklungen in Ungarn und Polen, in Ansätzen auch in Österreich, Italien, den USA und dem Vereinigten Königreich zeigen, dass rechtspopulistische Kräfte an der Regierung willens und in der Lage sind, liberaldemokratische Institutionen ab- und autoritäre Strukturen aufzubauen.
Fazit: Fragmentierung und (Re-)Normalisierung
Zum Abschluss habe ich keine demokratiepolitische Beratung für die CDU in Petto – die hört ja sowieso nie auf mich.
Stattdessen möchte ich darauf verweisen, dass die genannten Probleme für zwei Tendenzen stehen, die in den politischen Systemen liberaler Demokratie weithin zu finden sind. Die erste ist die Tendenz zur politischen Fragmentierung, die dazu führt, dass immer mehr Parteien in die Parlamente einziehen und die größten Parteien immer kleiner werden. Das bedeutet zwar nicht notwendig, dass Regierungsbildung immer schwieriger wird, aber sie wird durch die Zahl möglicher Konstellationen und beteiligter Akteur_innen sicherlich komplexer. Das wäre auch ganz ohne rechtspopulistische Parteien der Fall, wird durch diese zusätzliche Variable mit eigenen demokratiepolitischen Implikationen jedoch weiter verkompliziert. Fragmentierung ist eine Herausforderung für den politischen Betrieb.
Die zweite Tendenz besteht in einer Normalisierung und in manchen Fällen Re-Normalisierung von Positionen, die sich über Jahre hinweg nur am rechten Rand des politischen Spektrum fanden und im liberaldemokratischen Mainstream als untragbar galten. Diese zweite Tendenz wird in der Tat vor allem durch den Rechtspopulismus vorangetrieben. Umgesetzt wird sie bis dato aber in erster Linie durch andere Parteien, die Positionen der Rechten auch dann übernehmen, wenn sie diese nicht an Regierungen beteiligen. Diese Re-Normalisierung ist eine Gefahr für grundlegende demokratische Normen, insbesondere für die der Gleichheit.
Fragmentierung!
„Die erste ist die Tendenz zur politischen Fragmentierung, die dazu führt, dass immer mehr Parteien in die Parlamente einziehen und die größten Parteien immer kleiner werden.“
Die politische Fragmentierung ist auch ein Resultat der Fragmentierung des Denkens!
In der Soziologie zeigt es sich in der bereits erwähnten fatalen, antiwissenschaftlichen Pluralismus- und Komplexitätsideologie. Diese Folge der konstruktivistischen Reduktion auf Subjektivität, Interaktionen und Lebenswelt ist wissenschaftlich ungefähr so erfolgversprechend als wenn Einstein Holzfäller befragt hätte, um zu seiner Reduktion der Komplexität des Universums E= Mcc zu kommen.
Sein Gesprächspartner in Princeton, der größte Logiker und Mathematiker seit Aristoteles, Kurt Gödel (Unvollständigkeitstheoreme), Realist wie Einstein, hat seine Kritik an den Konstruktivisten so formuliert:
„Ich habe den Eindruck, daß man nach ausreichender Klärung der fraglichen Vorstellungen und Begriffe dazu kommen wird, daß diese ganze Diskussion mit der erforderlichen mathematischen Strenge geführt werden kann und daß das Ergebnis dann sein wird, daß die platonische Anschauung die einzig zutreffende ist. Damit meine ich diejenige Anschauung, die davon ausgeht, daß die Mathematik eine nicht unmittelbar sinnlich erfahrbare Realität beschreibt, die unabhängig von Akten und Dispositionen des menschlichen Geistes existiert und von diesem Geist lediglich wahrgenommen wird; und zwar vermutlich gegenwärtig noch sehr unvollständig. Diese Ansicht ist unter Mathematikern ziemlich unbeliebt.“
(Enzensberger 2009:53)
Am Anfang JEDER Wissenschaft steht die implizite oder explizite Entscheidung für ein unbeweisbares, aber RATIONAL-intuitiv zu entdeckendes Axiom bezogen auf Ontologie/Epistemologie: Realismus oder Antirealismus (z.B Konstruktivismus).
http://bds-soz.de/wp-content/uploads/2016/06/SOZIOLOGIEHEUTE_FEBERausgabe2017_Schwartz.pdf
Normalität!?
„Diese Re-Normalisierung ist eine Gefahr für grundlegende demokratische Normen, insbesondere für die der Gleichheit.“
Dieser Satz, aufmerksam gelesen jenseits der emotional-ideologischen Selbstverständlichkeiten der Komfortzone, spricht für sich und beweist einmal mehr die Ideologisierung der Soziologie!
Die akademische Soziologie erklärt nicht, was ist, sondern beschreibt lediglich, was ihrer Ideologie entsprechend sein soll!
Damit z.B. die aktuellen Ergebnisse in Brandenburg und Sachsen mit den riesigen Zuwächsen der AfD ERKLÄREN zu wollen, ist absurd.
Mit diesem Ansatz sind die Ergebnisse nur moralisch zu beklagen.
Mit Wissenschaft hat das offensichtlich nichts zu tun.
David Deutsch beschreibt das Wesen der Wissenschaft, theorieabhängige ERKLÄRUNGEN zu entdecken, perfekt:
„For most of the history of our species, we had almost no success in creating such knowledge. Where does it come from? Empiricism said that we derive it from sensory experience. This is false. The real source of our theories is conjecture, and the real source of our knowledge is conjecture alternating with criticism. We create theories by rearranging, combining, altering and adding to existent ideas with the intention of improving upon them. The role of experiment and observation is to chose between existing theories, not to be source of new ones. We interpret experiences through explanatory theories, but true explanations are not obvious. Fallabilism entails not looking to authorities but instead acknowledging that we may always be mistaken, and trying to correct errors. We do so by seeking good explanations- explanations that are hard to vary in the sense that changing the details would ruin the explanation. This, not experimental testing, was the decisive factor in the scientific revolution, and also in the unique, rapid, sustained progress in other fields that have participated in the Enlightenment.“ (Deutsch 2011: 32)
Soziologie als sozialREALISTISCHE Wissenschaft könnte im Anschluss an den GEIST Durkheims in diese Richtung gehen: https://soziologiedesunbewussten.blogspot.be/2015/12/blog-post.html.