Nach dem Kongress ist vor dem Kongress – Teil 3

Nach all den kleineren und größeren Pannen des Vortages begannen wir den dritten Kongresstag ganz entspannt. Auch die etwas verspätete Backwarenlieferung konnte uns an diesem Tag nicht aus der Fassung bringen. Zumindest schienen sich die Teilnehmenden, die bereits früh am Veranstaltungsort eintrafen nicht an den nicht ganz frischen Brötchen zu stören. Durch Gespräche mit den Teilnehmenden erfuhren wir, dass die Party auch unseren Gästen gute gefallen hat. Die Ein oder der Andere wirkte vielleicht nicht ganz ausgeschlafen, aber dennoch sehr zufrieden.

Nach Aussage einiger Helfender und Teilnehmender wirkte das Orgateam von Tag zu Tag entspannter. Hatten wir im Schnellverfahren Gelassenheit gelernt oder waren wir einfach nur ein wenig müder als zuvor?

Beinahe routiniert moderierten wir an diesem Tag Vorträge und ließen uns auch nicht von weiteren Krankheitsausfällen beirren. Vielmehr waren wir gespannt darauf, wie die Kongressbesuchenden den nicht ganz so soziologisch ausgerichteten Vortrag von Kai Freund annehmen würden. Obgleich „Raumfahrt in Entenhausen“ kein genuin soziologisches Thema darstellte, kam der spontan organisierte Vortrag bei den Zuhörenden gut an. Einen Blick über den soziologischen Tellerrand gewährte er allemal. Nach der Darstellung dessen „Was die Ente gen Himmel streben lässt“ erklärte der Referent – den wir zuvor noch auf das soziologisch interessierte Publikum eingestimmt hatten – auf Nachfragen sowohl die Verwandtschaftsverhältnisse und andere soziale Gefüge in Entenhausen als auch, warum es sich lohnt, sich (als Donaldist) mit den Ducks zu befassen.

Hocherfreut nutzten am Nachmittag einige der Kongressteilnehmenden das Angebot über den Neckar gestochert zu werden – auch wenn einigen erst nach einer kurzen Erklärung klar war, was genau ein Stocherkahn ist – und sich dabei Tübingen im strahlenden Sonnenschein anzuschauen. Weniger wasseraffine Teilnehmende schlossen sich zu ebendiesem Zweck der privat angebotenen Stadtführung an und erkundeten Tübingen zu Fuß. Andere wiederum sammelten noch ein wenig Energie für die beiden Abendvorträge. Nicht nur in der Cafeteria wurden wir Zeugen der scheinbar nicht ganz so leichten Entscheidung, ob Teilnehmende zum Vortag von Stefan Selke oder zu Stefan Hirschauer gehen wollen. Als Orgateam interpretierten wir die Überlegungen zu unseren Gunsten und waren sogar ein wenig Stolz eine so gute Vortragswahl getroffen zu haben.

Zahlreiche Teilnehmende und soziologisch Interessierte hatten sich für Stefan Selkes Vortrag mit dem Titel „Ich beschäftige mich damit nur aus soziologischem Interesse“ – Plädoyer für eine entmonopolisierte Öffnung der Soziologie entschieden. Im anderen, ebenfalls vollen Hörsaal folgten nicht nur Kongressteilnehmende Stefan Hirschauers Vortrag zu Gender Indifferenz. Die Soziologie und die Erosion der ‚Geschlechter’“. Während Stefan Selke sich für eine zukünftige Öffnung der Soziologie für außerwissenschaftliche Relevantsetzungen aussprach, erklärte Stefan Hirschauer am Beispiel von Paarbeziehungen, wie geschlechtsversessen und geschlechtsvergessen die derzeitige Gesellschaft ist.

Mit der neu gewonnenen Gelassenheit, oder vielleicht auch, weil bereits alles ein mal schief gelaufen war, was potentiell hätte schief gehen können, klang der Samstag sehr gemütlich für uns aus.

 


 

Ebenso entspannt begann der Sonntag für uns. Die Teilnehmenden trafen überwiegend erst kurz vor Beginn der Panels ein. Anspannung oder Aufregung war kaum noch zu spüren – mit Ausnahme der Personen deren Vorträge noch bevor standen, sowie Christin Flischikowski, der die Aufgabe zufiel die Abschlussveranstaltung zu moderieren. Mittlerweile hatten alle sich an ihre Rollen für das Wochenende gewöhnt und waren mit der Umgebung und den Abläufen bekannt.

Einige aus dem Orgateam, die bislang einer Aufgabe nach der anderen nachgegangen sind, hatten das erste mal genügend Zeit, um selbst als Teilnehmende einem Panel beizuwohnen oder sich ganz in Ruhe die Verlagsausstellung anzusehen. Auch wenn sich im Verlauf des Wochenendes immer wieder Möglichkeiten für kurze Unterhaltungen ergeben haben, war es sehr angenehm, sich eine halbe Stunde in Ruhe mit den Vertreter*innen des DGS und des kommenden DGS-Kongresses in Bamberg oder einigen Teilnehmenden zu unterhalten, ganz ohne gleich wieder weiter zu müssen.

Die letzten drei Panels waren ebenso gut besucht wie die ersten drei. Und auch zur Abschlussveranstaltung blieben mehr Teilnehmende, als wir erwartet hatten. Bevor der letzte Vortrag im Rahmen des Kongresses startete, bedankte und verabschiedete sich Christin Flischikowski im Namen des Kongressorgateams bei allen Helfenden, Vortragenden und Teilnehmenden.

In der Abschlussvorlesung mit dem Titel Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist… Geschlechterkonflikte in Kriesenzeiten erörterte Sarah Speck den Zusammenhang von Erwerbsarbeit, Geschlechternormen und Milieus und zog daraus Konsequenzen für eine kritische Soziologie.

Während der Kongress für die Teilnehmenden mit dem Abschluss des Vortrages zu Ende war, begann für uns die dritte Phase des Kongresswochenendes: Das Aufräumen. Glücklicherweise waren noch einige Helfende vor Ort und gingen tatkräftig zur Sache. Die vielen Schilder wollten wieder abgehängt und die Räume in ihren ursprünglichen Zustand gebracht werden. Schon am frühen Abend waren die Hörsäle und Seminarräume so weit aufgeräumt, dass am nächsten Tag die Orientierungswoche für die Soziologie-Erstsemester ohne Probleme stattfinden konnte. Das gut gefüllte Materiallager und das mit Kisten vollstehende Fachschaftszimmer traten den Beweis an, wie viel Material bereits für einen ‚kleinen‘ Kongress benötigt wird. Müde, aber zufrieden gingen wir, nach einem gemeinsamen Glas Sekt schließlich ebenfalls nach Hause.

Am Montag konnten wir, nachdem wir ein wenig länger geschlafen hatten, auch das Materiallager räumen, so dass nur noch im Fachschaftsszimmer einige Kisten, sowie das Kongressplakat und der Geruch frisch gemahlenen Kaffees an den Kongress erinnerten.

Nach einer kurzen Erholungspause hatte uns der (Uni-)Alltag dann aber auch schon wieder eingeholt.