Fabrikproduktion von Lebensmitteln (Differenzierung 2)

Wie sprechen in der Soziologie immer wieder von „Differenzierung“, aber was heißt das ganz genau? Wie ich gestern geschrieben habe, bedeutet dies im Bereich der Wirtschaft u.a., dass sich die Zahl der Arbeitsschritte pro Produktionsstufe immer mehr zunimmt, so dass der Produktionsprozess selbst heute extrem komplex geworden ist. Der Wandel der Produktionstechnik auf dem Joghurtmarkt zwischen den 1950ern und den 2000ern illustriert exemplarisch, wie wenig die moderne Lebensmittelproduktion mit werbevermittelten Botschaften von „natürlichen Produkten” gemein hat.

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Konkurrenzvermeidung. Wettbewerbsstrategien von Unternehmen als Treiber der Marktentwicklung (Differenzierung 1)

Einmal etablierte kapitalistische Märkte haben eine immanente Tendenz zur Selbstzerstörung, bedingt durch eines ihrer Wesensmerkmale – den Wettbewerb (Baur 2001: 98-127). In Abgrenzung zum neoklassischen Modell betonen soziologische Markttheorien, dass Märkte dynamisch sind und diese Dynamiken räumlich variieren können. Gleichzeitig haben Märkte eine Tendenz zur Ausdehnung im Raum (Globalisierung bzw. Internationalisierung) und zur Differenzierung. Der Treiber dieser Prozesse ist das Wettbewerbsverhalten von Unternehmen.

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Was ist eigentlich ein Markt?

Ich habe in den letzten zwei Wochen über verschiedene Märkte (den Arbeitsmarkt, den Medienmarkt, den Lebensmittelmarkt) geschrieben. Andere Autoren haben hier die Entwicklungen auf dem Finanzmarkt kommentiert (Prisching 2012, Nassehi 2012, Reichertz 2013) oder über den europäischen Binnenmarkt geschrieben (Münch 2012). Dabei wird deutlich, dass nicht immer ganz klar ist, was mit dem Begriff „Markt“ eigentlich gemeint ist. Was also ist eigentlich ein Markt?

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Glückliche Kühe auf blühenden Weiden und Aflatoxin in der Milch. Der Beitrag der Medien zur Risikoproduktion auf anderen Märkten

Medien haben nicht nur eine wichtige Funktion für die Bildung der öffentlichen Meinung, sondern sie sind – wie der Arbeitsmarkt – immer auch ein besonderer Markt, weil sie ein wichtiger Marktakteur auf anderen Märkten sind, insbesondere auf Konsumgütermärkten. Dabei spielen sie eine ambivalente Doppelrolle, wodurch sie ganz wesentlich zur Risikoproduktion auf diesen Märkten beitragen.

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Die Insolvenz der Frankfurter Rundschau. Die gesellschaftlichen Folgen der Konzentration auf dem Medienmarkt

Weil das Online-Geschäft lukrativer ist, trennt sich Time Warner vom TIME Magazine, Rupert Murdoch vom Wall Street Journal. In Deutschland ist die Frankfurter Rundschau (FR) das jüngste Opfer der Konzentrationsprozesse auf dem Medienmarkt infolge des Preiswettbewerbs – wie der Presse zu entnehmen ist, wird sie demnächst von der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) übernommen. Na und – könnte man sagen. Das ist eben das Resultat normaler Konkurrenz in Marktwirtschaften. Das Problem ist aber, dass Medien eben nicht nur eigene Märkte sind, sondern auch wesentliche gesellschaftliche Funktionen übernehmen.

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Spiegel Online als Aldi des Zeitungswesens. Marktmechanismen und Preiswettbewerb auf dem Medienmarkt

Auch wenn wir sie im Alltag Medien hauptsächlich zur Unterhaltung und Informationsgewinnung nutzen, sind auch die Medien ein Markt. Seit Anfang der 1990er können wir hier eine zunehmende Konzentration und in Deutschland insbesondere ein massives Zeitungssterben beobachten. Jüngstes Opfer ist die FR, die nach ihrer Insolvenz zwar von der FAZ übernommen wurde – allerdings nicht ohne massive Personalkürzungen von 420 auf 28 Mitarbeiter (Bigalke/Riehl 2013). Eine der Hauptursachen für diese Entwicklung ist ein Preiswettbewerb, der ähnlich hart ist wie auf dem Lebensmittelmarkt – vorangetrieben wird er nicht von Aldi, sondern von Spiegel Online.

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Was ist Soziale Marktwirtschaft? Über die vergessenen Wurzeln des deutschen Neoliberalismus

Fast sämtliche politische Reformen seit Ende der 1990er wurden im Zeichen des Neoliberalismus durchgeführt. Auch wenn es im Zuge der Finanzkrise in letzter Zeit leise Zweifel gibt, so ist das neoliberale Denken im politischen Diskurs so dominant (Butterwegge 1998) und selbst in der Sozialdemokratie so fest verankert (Lahusen 2006), dass nicht anzunehmen, dass sie so leicht aus den Köpfen zu entfernen ist. Zumindest die FDP hat sich auf ihrem Bundesparteitag am 04.03. (wieder) als „Verfechter der sozialen Marktwirtschaft“ positioniert, und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) wirbt seit einigen Jahren für die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft. Kernideen der jüngeren Reformen sind Deregulierung und ein möglichst geringes Eingreifens des Staates in die Wirtschaft, welche gemäß dem Postulat den gesamtgesellschaftlichen (gesamteuropäischen) Wohlstand fördern. Entsprechend passt es auch gut, dass die FDP den Armutsbericht schönen wollte, weil er so gar nicht zu diesem Postulat passt. Ungeachtet dessen geben diese „Erneuerer“ das Gedankengut der Klassiker der sozialen Marktwirtschaft nur bruchstückhaft und unvollständig wieder. Die genaue Lektüre dieser Texte fördert zum Teil Erstaunliches zutage, das zum Teil in konträrem Widerspruch zu den politischen Reformen des letzten Jahrzehnts steht. Was also ist soziale Marktwirtschaft? [1]

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Managergehälter und Armutsbericht. Der Arbeitsmarkt als Mittler zwischen Wirtschaft und Gesellschaft

Während derzeit einerseits die öffentliche Empörung über zu hohe Managergehälter so weit geht, dass diskutiert wird, diese zu beschränken, berichtet der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, dass trotz relativ geringer Arbeitslosenquoten etwa jeder siebte Bundesbürger von Armut bedroht ist. Dies verweist auf die besondere Rolle, die der Arbeitsmarkt in modernen Gesellschaften – und die Soziologie – hat.

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Gesundheitstage. Kantinenessen, Lebensmittelpreise und gesunde Ernährung

Unsere Universität macht regelmäßig Gesundheitstage, durch die wir lernen sollen, wie wir Stress reduzieren und eine bessere Work-Life-Balance herstellen. Insbesondere soll unser Bewusstsein für mehr Bewegung und gesünderes Essen gestärkt werden, um z.B. Adipositas, Diabetes und anderen ernährungsbedingten Krankheiten vorzubeugen.

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Die Preissenkungsspirale. Der Einfluss der Discounter auf die sinkenden Lebensmittelpreise in Deutschland

Ich habe Verwandtschaft aus Frankreich, die jedes Mal, wenn sie für ein paar Tage nach Deutschland kommt, ihre eigenen Nahrungsmittel mitbringt, weil sie sagt, dass an den deutschen Lebensmitteln einfach etwas faul sein müsse – Essen könne einfach nicht so billig sein. Umgekehrt geht es mir im Ausland oft so, dass ich viele Lebensmittel recht teuer finde. Wie ein Kommentator meines gestrigen Beitrags geschrieben hat: Vielleicht nicht das einzige, aber auf jeden Fall ein Problem sind Discounter wie Aldi und Lidl. Die Macht der Discounter ist so groß, dass der deutsche Lebensmittelmarkt als der härteste der Welt gilt. Selbst ein Unternehmen wie Walmart, das ein ähnliches Geschäftskonzept verfolgen wie Aldi, zog sich 2006 aus dem deutschen Markt zurück, weil es (preislich gesehen) nicht einmal mit „normalen“ deutschen Supermärkten wie Edeka miithalten konnte. Wie kommt es, dass die Discounter in Deutschland – obwohl ihre Macht immer wieder beklagt wird – so einen Einfluss auf den Lebensmittelmarkt haben? Und warum ist das im Ausland anders?

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Billiges Essen. Der Handel und der Preiswettbewerb auf dem Lebensmittelmarkt

Bei jedem Lebensmittelskandal wird wieder der böse Verbraucher beschworen, der nicht bereit sei, vernünftige Preise für Essen zu zahlen. Nun ist es richtig, dass ein Hauptproblem des (deutschen) Lebensmittelmarkts ist, dass die Preise so niedrig sind, dass viele Produkte de facto unter den Herstellungskosten verkauft werden und dass dadurch gewisse Anreize entstehen, den Verbraucher zu täuschen (etwa Meerrettich als Wasabi, konventionell hergestellte Eier als Bio-Eier oder Pferde- als Rinder- oder Schweinefleisch zu deklarieren) und auch verdorbene oder minderwertige Ware zu verkaufen (Gammelfleisch im Döner, mit Aflatoxin verseuchte Milch). Was aber nicht unbedingt richtig ist, ist, dass „der Konsument“ nicht bereit sei zu zahlen.

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Pferdefleisch in der Lasagne. Über Lebensmittelskandale, Ernährungsrisiken und moderne Massenmärkte

Frostschutzmittel im Wein (1985), Fadenwürmer im Fisch (1987, 1997), Gammelfleisch (1993, 2004, 2006), BSE (1997), Nitrofen, Dioxin, Östrogene und Antibiotika und EHEC im Essen (2001, 2002, 2003, 2010), Mäusekot und Würmer im Mozzarella (2008), EHEC in Sprossen (2011), falsche Etikettierung von Bio-Eiern (2013), Pferdefleisch in der Lasagne (2013), Aflaxotin in der Milch (2013) – seit Mitte der 1980er werden wir, momentan in zunehmender Frequenz, immer wieder von Lebensmittelskandalen überrascht… nein: nicht überrascht, sondern eher heimgesucht. Was vielleicht überrascht, ist die Ohnmacht, mit der wir auf diese Skandale reagieren, und dass trotz dieser Skandalfrequenz nach einer kurzen Phase der Aufregung immer Alles beim Alten zu bleiben scheint. Lebensmittelskandale selbst sind ja nichts Neues, im Gegenteil – sie haben eine Jahrhunderte alte Tradition:

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