All this talk of getting old – Ein Kommentar zu Technik und Care

Wie wird das bloß alles werden, wenn wir mal alt sind? Nicht erst seit gestern denken Forscher_innen darüber nach, wie in Zukunft das immer stärker technisierte und digitalisierte Leben hier in unseren post-industriellen, westlichen Gesellschaften aussehen könnte. Einerseits sind Entwicklungen, die unter das Buzzword Industrie 4.0 fallen, die die Arbeits- und Produktionsbedingungen deutlich zu verändern vermag und das Internet der Dinge in die Industrie trägt, ein wichtiger Faktor. Nicht nur sind industrielle Geräte mit einem Netzwerk verbunden, um überwacht und gesteuert zu werden, sie können auch weitgehend autonom handeln. Sie erkennen das Werkstück und dessen Verarbeitungszustand ebenso oder bekommen von diesem die relevanten Informationen drahtlos kommuniziert, wie den Zustand und die Position des nächsten Geräts in der Kette und der menschlichen Akteur_innen in der Produktionshalle. Ein Laplacescher Dämon lässt sich erahnen. Auch auf Baustellen sind vielleicht bald entsprechend vernetzte, selbstständig arbeitende Gerätschaften zu beobachten. „All this talk of getting old – Ein Kommentar zu Technik und Care“ weiterlesen

Pflegepolitik und die Frage nach gesellschaftlicher Fürsorgeverantwortung

Angesichts vielfältiger gesellschaftlicher und politischer Transformationsprozesse werden die Fragen nach den Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und Grenzen von bezahlter und unbezahlter Pflegearbeit immer wichtiger. Im Gegensatz zu dem breit diskutierten (vermeintlichen) Wandel im Leitbild der Familienpolitik wird die Debatte um die Zuständigkeit für die Versorgung pflegebedürftiger Menschen und die damit verbundenen Strukturen sozialer Ungleichheit allenfalls in Fachkreisen und unter „Betroffenen“ geführt. So baut das deutsche Pflegesystem auf häusliche Versorgungsarrangements, die in erster Linie durch familiäre oder ehrenamtliche Netzwerke, sowie prekär beschäftigte Pflegekräfte getragen werden. Unser Beitrag wirft einen Blick auf die wohlfahrtsstaatliche und politökonomische Organisation der Pflege und die daraus resultierenden Strukturen der Ungleichheit und fragt, wer eigentlich für die Versorgung pflegebedürftiger Menschen verantwortlich ist und sein sollte.  „Pflegepolitik und die Frage nach gesellschaftlicher Fürsorgeverantwortung“ weiterlesen

Entscheidungen für das Lebensende: Ein Zusammenspiel von Autonomie und Angewiesenheit. Und Geschlecht?

Stellen Sie sich vor, Sie stoßen mit Ihrem Fahrrad beim Abbiegen auf einer Kreuzung mit einem Auto zusammen, erleiden ein Schädel-Hirn-Trauma, Halswirbel sind verletzt, Sie sind am Unfallort nicht ansprechbar. Sie werden noch an Ort und Stelle von Rettungssanitätern erfolgreich stabilisiert, in ein Krankenhaus gebracht und einer stundenlangen lebensrettenden Operation unterzogen. Schließlich versetzt man Sie in einen künstlichen Tiefschlaf, um Ihren Genesungsprozess zu unterstützen. Später wachen Sie wieder auf, angeschlossen an monoton fiependen Geräten, umgeben vom charmanten Weiß städtischer Kliniken. Sie können sich nicht rühren, sind nur sehr eingeschränkt kommunikationsfähig – und das wird auch so bleiben. Diagnose: Querschnittlähmung. Ab sofort gelten Sie als intensiver Pflegefall, angewiesen und abhängig vom Verantwortungsempfinden und Fürsorgehandeln (Care) Anderer: von Ärzten, Pflegekräften, Physiotherapeuten, Nachbarn, Freunden, Familie…

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„Family Business“ – Ein Kommentar zum Dokumentarfilm von Christiane Büchner

Family als business? Family durch business? Family neben business? Ja, irgendwie alles. In dem ab 28. Januar in den Kinos laufenden Dokumentarfilm von Regisseurin Christiane Büchner geht es um eine polnische Pflegekraft, die zu Beginn zwei Monate, später einen Monat am Stück bei einer deutschen Rentnerin lebt um sie rund um die Uhr zu pflegen. „„Family Business“ – Ein Kommentar zum Dokumentarfilm von Christiane Büchner“ weiterlesen

Care, Gender, und am Leben bleiben. Am Beispiel des Seepferdchens.

pregnant-seahorsesAlle mögen Seepferdchen. Zumindest Alle, die fürsorgliche Väter schätzen, die romantische Balztänze (Damenwahl oder nicht?) im Repertoire haben und ihre Farbe je nach Stimmung wechseln können (diese Auffassung ist hier z.B. nachzulesen). Was Seepferdchen in der Schwangerschaft erleben und tun, steht im Widerspruch zu zeitgenössischen  Zeugungstheorien: die Männchen erledigen das, was allgemein als Weiblichkeitsmarker par excellence gilt: sie tragen die bis zu 200 heranwachsenden Jungseepferdchen im eigenen Leib und gebären sie, so liest man gerne, unter krampfartigen Schmerzen, gerne als Wehen bezeichnet. „Care, Gender, und am Leben bleiben. Am Beispiel des Seepferdchens.“ weiterlesen

Care – das ewig gleiche Lied?

Die einen sagen, es war früher vieles besser in Familien – Beziehungen waren verlässlicher, Ehen wurden seltener geschieden, es gab mehr gemeinsame Zeiten, Eltern und Kinder standen nicht so unter Leistungsdruck, der Alltag war weniger kompliziert. Und das stimmt auch irgendwie. Aber nur irgendwie, denn ebenso stimmt das Gegenteil. Wer will schon bestreiten, dass früher vieles auch schlechter war, von der medizinischen Versorgung der Säuglinge bis zur extremen ökonomischen Abhängigkeit der Frauen (die in der Folge in längst gescheiterten Ehen ausharren mussten)? Gemeinsame Anwesenheit in einem Haushalt bedeutete noch lange keine Zuwendung, und Gewalt gegen Kinder und Frauen waren nicht nur verbreitet, sondern rechtens. Zudem galt noch vor kurzem: Wer nicht traditionellen Mustern des privaten Lebens entsprach, wurde gesellschaftlich geächtet. Die Wortwahl sagt schon vieles – noch vor wenigen Jahrzehnten sah man herab auf ‚gefallene Mädchen‘ mit ihren ‚Bankerts‘ ebenso wie auf die ‚Scheidungswaisen‘ in den ‚unvollständigen Familien‘ bis hin zu den ‚Schlüsselkindern‘ der berufstätigen ‚Rabenmütter‘ . Von homosexuellen Verbindungen ganz zu schweigen – § 175 StGB wurde erst 1994 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. „Care – das ewig gleiche Lied?“ weiterlesen

…Elter sein dagegen sehr

Sind Väter die besseren Mütter? fragte das Wochenmagazin Der Spiegel in seiner Weihnachtsausgabe 2015. Woraufhin – erwartbar – eine kleine erboste Reaktionswelle durch unsere mediale Echokammer ging: Überwiegend kritisch, manchmal enttäuscht und bisweilen lakonisch-zynisch kommentierten online-dads die Texte im Spiegel. Die online-moms waren – nicht minder erwartbar – noch lakonischer und verärgerter.  „…Elter sein dagegen sehr“ weiterlesen

Niemand kümmert sich

Na? Wie ging es Ihnen in dieser Feiertags-Saison? Haben Sie die Gans gut verdaut? Oder doch darüber gestritten, was auf die festliche Tafel kommt? Ob Essen, Timing und Ausmaß der Bescherung, Kirchgang, Fernsehprogramm … Wenn die Familie – was auch immer das sein mag (und davon wird in den kommenden Wochen noch vielfach die Rede sein) – zusammen kommt, kommen muss, gibt es leicht, nun ja, Spannungen. Kein Wunder: Höchste Erwartungen haben eine entsprechend riskante Fallhöhe. Passend hat dies der inzwischen kultige EDEKA-Spot inszeniert. An diesem lässt sich trefflich über Familienrituale bzw. über Care, Gender und weiteres Gedöns nachdenken.  „Niemand kümmert sich“ weiterlesen

Geschlossene Gesellschaften – ohne Fragezeichen? Das Thema des nächsten Soziologiekongresses

Sozblog 2

Geschlossene Gesellschaften – ohne Fragezeichen?

Was kommuniziert die Soziologie mit diesem Thema des nächsten Soziologiekongresses?

O weh! Wir sehen uns in einer „geschlossenen Gesellschaft“ leben, schlimmer noch, überall in „geschlossenen Gesellschaften“. Ohne Frage: Das suggeriert die Überschrift des Themenpapiers der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Wurde die Gesellschaft noch um die Jahrtausendwende als „grenzenlose Gesellschaft“ (1998), „gute Gesellschaft?“ (2000), später dann als „unsichere…in Transformation“ (2008), als „transnationale“ (2010) und „vielfältige“ (2010) diagnostiziert, scheinen wir jetzt zu sagen oder gar vorauszusagen (?): Schluss mit Vielfalt, schlimme Gesellschaft, überall „closed shops“ und Wach- und Schließgesellschaften, Grenzzäune und gläserne Decken für „Angehörige minorisierter Gruppen“… Sicherlich war das so schlicht einseitig nicht gemeint, und im ausführlichen Themenpapier gibt es genügend fein differenzierende und die Notwendigkeit und die Ambivalenz von Öffnungs- und Schließungsprozessen abwägende Ausführungen. Aber welche Signale sendet die Soziologie mit diesem Titel in die Gesellschaft? Welche Wirkung haben die Wörter, Satzzeichen und ersten Sätze in den Medien und der interessierten Öffentlichkeit? „Geschlossene Gesellschaften – ohne Fragezeichen? Das Thema des nächsten Soziologiekongresses“ weiterlesen

„Drei Stile des Bloggens: Professional – Personal – Public Sociology“

Sozblog 1: „Drei Stile des Bloggens“

Intro:
Bloggen ist für mich eine ganz neue Praxis. Am besten fängt man einfach damit an; nur so kann man Erfahrungen sammeln – frei nach Kleist: Über die Verfertigung der Gedanken beim Schreiben! Trotzdem vorweg ein Ergebnis meiner Recherche in alten Sozblogs und anderen benachbarten Blogs: drei Stile und Gattungsverwandtschaften soziologischen Schreibens: „professional“, „personal“ und „public sociology“. „„Drei Stile des Bloggens: Professional – Personal – Public Sociology““ weiterlesen

Nach dem Kongress ist vor dem Kongress Teil 4 – Zur Relevanz flexibler Abgabefristen

Bei der Verabredung zu einem ersten Nachtreffen fiel uns auf, dass wir bisher einen Teil der Kongresorganisation nicht ausreichend mitbedacht hatten – Die Annahme „Nach dem konkreten Wochenende sind nur noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen“ stellte sich eher als Wunsch, denn als Realität heraus. Schließlich ist eine Kongressorganisation mit dem Veranstaltungswochenende selbst nicht beendet, auch danach gibt es noch einiges zu tun: Aufarbeitung des Wochenendes mit dem, was gut und was schlecht gelaufen ist, Erstellung einer Evaluation, Ausschreibung des nächsten Kongresses usw. Sprich: Bei der Organisation eines Kongresses handelt es sich um eine längerfristige Verpflichtung, die zwar mit der Veranstaltung ihren Höhepunkt hat, aber auch danach noch weiter geht. Darauf muss mensch sich überhaupt erst einlassen.

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Nach dem Kongress ist vor dem Kongress – Teil 3

Nach all den kleineren und größeren Pannen des Vortages begannen wir den dritten Kongresstag ganz entspannt. Auch die etwas verspätete Backwarenlieferung konnte uns an diesem Tag nicht aus der Fassung bringen. Zumindest schienen sich die Teilnehmenden, die bereits früh am Veranstaltungsort eintrafen nicht an den nicht ganz frischen Brötchen zu stören. Durch Gespräche mit den Teilnehmenden erfuhren wir, dass die Party auch unseren Gästen gute gefallen hat. Die Ein oder der Andere wirkte vielleicht nicht ganz ausgeschlafen, aber dennoch sehr zufrieden.

Nach Aussage einiger Helfender und Teilnehmender wirkte das Orgateam von Tag zu Tag entspannter. Hatten wir im Schnellverfahren Gelassenheit gelernt oder waren wir einfach nur ein wenig müder als zuvor?

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Nach dem Kongress ist vor dem Kongress – Teil 2

Nachdem die Aufregung über den Auftakt verflossen war, begann der Freitag – der zweite Kongresstag, aber der erste mit ‚regulärem‘ Programm – mit neuen Aufgaben. Das Aufschließen der Gebäude und die Vorbereitung des Kaffees für die noch nicht ganz so wachen Teilnehmenden, war dabei die leichtere Übung. Bei all dem Trubel um die Eröffnungsveranstaltung hatten wir doch ganz vergessen, die Seminarräume mit den vorbereiteten Computern zu bestücken. Auch die diversen Materialien für Moderierende und Workshops lagen noch fein säuberlich gestapelt im Materiallager. Zunächst schien aber noch alles ganz glatt zu verlaufen: Vortragende, Moderierende, Materialien und Zuhörende fanden sich in den entsprechenden Räumen ein. Leider machte uns die zuvor noch getestete Technik einen Strich durch die Rechnung – Improvisieren war nun angesagt. Zum Glück ging es aber allen Anwesenden mehr um den Inhalt als um die Form, so dass ein größeres Drama ausblieb.

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Nach dem Kongress ist vor dem Kongress – Teil 1

6. Oktober 2015 – das Orgateam atmet auf: Der Kongress ist gut gelaufen, es gab keine größeren Pannen, Ausgeliehenes ist zurück gegeben und aufgeräumt haben wir auch schon.

Wir können es kaum fassen: viel Lob, wenig Kritik und nach mehreren Wochen wieder einen gemütlichen Tag zu Hause verbringen.

Aber vielleicht lieber erst mal zum Anfang. Am Donnerstag ging es für das Orgateam bereits früh los. Die Räume wurden bereits am Mittwoch weitestgehend vorbereitet, es mussten jedoch noch Bücher verteilt, Taschen nach unten getragen, Namenslisten ausgelegt sowie Plakate und Schilder aufgehängt werden. Da der Hegelgarten bei dem sonnigen Herbstwetter zum draußen verweilen eingeladen hat, wollten wir auch auf ihn noch mit einem Hinweisschild aufmerksam machen. Parallel wurde der Empfang aufgebaut, Getränke, Gläser und Snacks bereitgestellt. Dabei stellten wir uns immer wieder die Frage, wie viele Menschen eigentlich zu Eröffnungsveranstaltungen kommen?! Während man die Teilnehmenden insgesamt durch die Anmeldungen recht gut schätzen konnte, galt dies für den Empfang weniger. Einige, so wussten wir, kommen erst Freitag, andere waren, so vermuteten wir, noch auf dem Weg nach Tübingen. Mittags gab es ein kurzes Briefing für die Helfenden, denen wir auch an dieser Stelle noch einmal herzlich danken möchten.

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„Oh stimmt, da war ja was…“

Dieser Beitrag beleuchtet die Organisation eines Kongresses aus studentischer Sicht. Inzwischen rückt der 5. Studentische Soziologiekongress in greifbare Nähe und als Organisierende können wir nun auf eine fast zweijährige Planungsphase zurückblicken.

Bereits beim 4. Studentischen Soziologiekongress 2013 in Bamberg haben wir uns die ersten Gedanken darüber gemacht, wie wir uns als potenzielles Organisationsteam und den Standort Tübingen in unserer Bewerbung hervorheben können, um die Chance zu erhalten, uns auf das Projekt ‚SSK15‘ zu stürzen. Mit der erfreulichen Zusage Anfang 2014 war es dann auch schon soweit, dass wir anfangen konnten weitere Ideen zu sammeln. Allerdings mussten wir – wie fast schon zu erwarten war – feststellen, dass wir nicht alle Ideen, die in die Bewerbung eingeflossen sind, realisieren konnten. Umso mehr freuen wir uns darüber, die Gelegenheit bekommen zu haben, ein Angebot zu schaffen, das sich zwar geändert hat, unsere anfänglichen Vorstellungen aber übertrifft.

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