„Drei Stile des Bloggens: Professional – Personal – Public Sociology“

Sozblog 1: „Drei Stile des Bloggens“

Intro:
Bloggen ist für mich eine ganz neue Praxis. Am besten fängt man einfach damit an; nur so kann man Erfahrungen sammeln – frei nach Kleist: Über die Verfertigung der Gedanken beim Schreiben! Trotzdem vorweg ein Ergebnis meiner Recherche in alten Sozblogs und anderen benachbarten Blogs: drei Stile und Gattungsverwandtschaften soziologischen Schreibens: „professional“, „personal“ und „public sociology“.
Es gibt da (1.) Aufsätze und Abschnitte aus Papern, die meiner Auffassung nach eher in die Fachzeitschriften und Spezialforen gehören. Natürlich kann man in Blogs darauf hinweisen und sie auch kurz referieren – möglichst nicht immer nur die eigenen tollen Sachen. Sie sind jedoch Bestandteil der „Professional Sociology“ und gehören woanders hin. „Preprint“- und „Working Paper“-Reihen verkürzen da die lange Wartezeit bis zur offiziellen Publikation. Eine wunderbar gut gemachte Website „Soziopolis“ mit Spitzenbeiträgen und fundierten Tagungsberichten kann übrigens beim Hamburger Institut für Sozialforschung gefunden werden. Den Tip erhielt ich – allerdings mündlich und per Mail – von der Bloggerin Eva Barlösius.
Es überwiegen wohl (2.) persönliche Reflexionen, Mitteilungen und Bekenntnisse im nüchternen Tagebuch- oder im angeregten After-Kongress-Stil. Das macht Blogs so lebendig und die Mitlesenden so neugierig. Es entsteht eine Art „Personal Sociology“, welche die Person hinter dem professionellen Habitus erkennbar werden lässt und auch bis zum „Klatsch“ über Personen zur emotionalen Bindung der Gemeinschaft beiträgt – bekanntlich auch das Geschäftsmodell von Facebook und anderen „Social Media“. Früher als Mark Zuckerberg hatte das übrigens schon ein deutscher Soziologe, Jörg Bergmann – 1987 in seiner Qualifikationsschrift über den Klatsch – erkannt; kaum auszudenken, wenn es damals in Konstanz eine kalifornische Gründer- und Innovationskultur gegeben hätte! Zurück zum persönlichen Bekennen und Bekanntgeben: „Professores“ sind dem Namen nach und von Berufs wegen „Bekenner“; natürlich nicht von Glaubenswahrheiten und Schuldogmen (obwohl das auch immer noch vorkommt!), auch nicht von Ismen und modischen „Turns“ (obwohl wir das fast alle zur Standortbestimmung immer häufiger wieder tun!), sondern vielmehr Bekenner von unbequemen, aufklärenden, überraschenden, theoretisch und empirisch gefestigten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die es mutig gegen moralische Mehrheiten in der Gesellschaft und müden Mainstream im Fach zu verteidigen gilt. Bei einem meiner Vorgänger-Blogger, Thomas Kron, habe ich das verfolgen können, wie er sich mit Biss, Beispielen und argumentativer Wendigkeit zu den Erkenntnisleistungen soziologischer Forschung bekannte. Auf die dunkle Seite einer „persönlichen“ Soziologie bin ich meistens gestoßen, wenn ich die „Links“ zu den Blogs auf der rechten Seite außerhalb des Sozblogs durchstöbert habe: Massen unverfrorener Selbst-Vermarktung. Darin gleicht der Blog dem guten alten Briefkasten: Beide können den Werbemüll nicht ausschließen.
Viele Beiträge im Sozblog erfüllen (3.) die Kriterien einer „Public Sociology“. Sie verhandeln Themen, Theorien, Lehre, Forschung, Nachwuchs, professionelle Organisation und gesellschaftliche Wirksamkeit als öffentliche Sache, sowohl der soziologischen Community untereinander als auch im Verhältnis von Soziologie und gesellschaftlicher Öffentlichkeit. In den Editorials mancher Zeitschriften, aber vor allem in der „Soziologie“, dem „Mitteilungsblatt der Deutschen Gesellschaft für Soziologie“ finden wir diesen engagierten „public style“. Damit wir nicht immer ein Vierteljahr auf das nächste Heft und heftige Diskussion fach- und gesellschaftsöffentlicher Fragen warten müssen – und auch nicht auf die im besten Sinne spitz bekennenden Editorials von Georg Vobruba, sollten wir den Sozblog als zwischenzeitliches offenes Forum für alle am Projekt der Soziologie Interessierten fortlaufend nutzen.

Als Blogger-Newcomer hatte ich mir für diese erste Woche einen altmodischen Notizblock (wohl ein Vorläufer des Blogs!) angelegt. Darauf stand zu lesen:

1. Verschläft die Soziologie die „Digitalisierung“ und überlässt sie Mathematikern und Informatikern, Medien- und Kulturwissenschaftlerinnen?
2. Wer hat Angst vorm soziologischen Umgang mit leiblichen Körpern und technischen Sachen?
Zurückstellen, Ärger über Kongressthema der DGS! Themenpapier herunterladen! Jetzt:
1. Thema: „Geschlossene Gesellschaft“. Was kommuniziert da die Soziologie mit diesem Kongressthema?
Ich muss bekennen, dass ich dieses Thema nicht mehr diese Nacht schaffen werde! Bloggen hört sich so leicht und schnell an, ist jedoch nach meiner ersten Erfahrung noch ein langwieriges und zeitraubendes Geschäft! Zu meiner Rechtfertigung kann ich nur vorbringen, dass ich das irgendwie mit der „Verfertigung der Gedanken beim Blogschreiben“ vorausgeahnt habe – eben ein neues Medium, das man sich erst schrittweise aneignen kann… Daher auch mein Vorsatz für Sozblog 2: Ich werde nur die ersten drei Sätze des Themenpapiers interpretieren – frei nach Ulrich Oevermann und wohl auch kürzer.

Fortsetzung folgt!

 

Ein Gedanke zu „„Drei Stile des Bloggens: Professional – Personal – Public Sociology““

  1. Eine Kleine Beobachtung, die interessanterweise Notiz 1 und Notiz 3 zusammenbringt:

    Der Chaos Computer Club veranstaltet dieses Jahr seine Tagung zum Thema „Gated Communities“.
    https://events.ccc.de/2015/11/04/32c3-gated-communities/

    Hier ist der Begriff natürlich doppelt gemeint (Gate: Im Sinne von Skandal, wie bei Watergate, Gamergate usw.). Hier wird dann auch ein mit dem Klatscht verwandtes Thema wieder aufgenommen. (Hängt vermutlich damit zusammen, dass es bei Fefe, Frank Rieger, Linus Neumann und co., die ja mit Organisatoren sind auch ausführlich in Podcasts usw. verhandelt wurde).

    Die „Themenähnlichkeit“ ist prägnant.

    Das bringt mich zurück zum Ausgang, denn schon länger ist ja zu beobachten, dass die „Ingenieure“ bzw. deren kritische Variante, die „Hacker“ von sich schon lange zunehmend reflexiv werden und selber kleine Sozialwissenschaftler sind. Das überrascht uns nicht, dennoch stellt es uns vor interessante aufgaben.

    -> Für diejenigen die eine wirkende, engagierte (und politische) Soziologie forden: Wie ist hier eine Kooperation möglich? Müssen wir nicht mehr nur mit anderen Disziplinen und/oder Unternehmen im Sinne einer fragmentarischen Differenzierung / Mode 2 zusammenarbeiten, sondern sind vielleicht nicht vielmehr die „Hacker“ die Kooperationspartner erster Wahl?

    -> Wenn man diese Perspektive ablehnt, und eine unbeteiligte, beobachtende Soziologie bevorzugt, dann stellt sich dennoch die Aufgabe die „first order“ concepts sinnhaft zu verstehen um die Veränderungen durch Mediatisierung und co. verstehen zu können.

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